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       # taz.de -- 100 Jahre Bauhaus: Neues Leben am Ernst-Reuter-Platz
       
       > Mit Blick in die Zukunft: Mit einer Festivalwoche feiert Berlin auf dem
       > verkehrsumtosten Ernst-Reuter-Platz das Bauhaus-Jubiläum.
       
   IMG Bild: Recyclingprojekt: der Bauhauswochen-Pavillon auf dem Ernst-Reuter-Platz
       
       Weimar hat sein neues Bauhausmuseum, Dessau das Bauhausgebäude von Walter
       Gropius, und Berlin hat ein Problem. „Wir haben im Bauhausjahr das Pech,
       nicht über unser Gebäude zu verfügen“, sagt die Direktorin des
       Bauhausarchivs, Annemarie Jaeggi.
       
       Doch Berlin, eine von drei Bauhausstätten in Deutschland, versucht seinen
       Nachteil wettzumachen, indem es frech und kühn einen neuen Ort in den
       Mittelpunkt der am Freitag beginnenden Bauhauswoche stellt: das „Bauhaus
       reuse“ auf der Mittelinsel des Ernst-Reuter-Platzes.
       
       Das Festivalzentrum mit 160 Quadratmeter Nutzfläche, erzählt sein Architekt
       Robert K. Huber, „besteht aus Originalfenstern der Nordfassade des Dessauer
       Bauhauses“. Sie sind nach der Sanierung 1976 nicht weggeworfen, sondern
       aufbewahrt worden. Nach einem Intermezzo auf dem Gelände des
       Bauhausarchivs, [1][das derzeit saniert wird,] hat das Bauhaus reuse
       (sprich re use wie recycling) seinen Standort an jenem Ort der
       autogerechten Stadt der fünfziger Jahre, dessen Planer und Architekten sich
       gerne auf das Bauhaus beriefen. Ein Experiment, wie der Baustadtrat von
       Charlottenburg-Wilmersdorf, Oliver Schruoffenegger (Grüne), betont. „Wir
       wollen uns hier die Frage stellen, wie die Stadt im Jahr 2050 aussieht.“
       
       Ein experimentelles, transparentes Gebäude als Recyclingprojekt, und ein
       Ort, der durchaus ein Upcycling gebrauchen könnte – damit hat die
       Bauhauswoche schon ohne ihr Festivalprogramm einen Coup gelandet. Aber auch
       das Programm ist ganz auf Debatte und Experiment zugeschnitten. So bietet
       das Format „Bauhaus-Praxis-Gegenwart“ Einblicke in die Arbeit derer, die
       sich alltäglich mit dem Bauhaus und der Moderne auseinandersetzen.
       Eintauchen kann man dabei in sogenannten studio visits, unter anderem bei
       Modemacherinnen, Designerinnen und Architekten.
       
       ## Auch Yoga im Programm
       
       Einen ganz besonderen Blick auf die Architektur der Moderne liefert das
       Format „Yoga auf Dachterrassen“, das unter anderem im Mies van der Rohe
       Haus am Orankesee stattfindet, an der Niederländischen Botschaft oder an
       der ehemaligen Müllverladestation an der Spree in der Helmholtzstraße. Im
       Anschluss an die Übungen führt die Yogalehrerin und Kulturjournalistin
       Sarah Elsing durch die jeweiligen Bauwerke.
       
       Aber natürlich steht auch das Bauhaus selbst im Mittelpunkt der nach ihm
       benannten Woche. Wissenswertes zu Bauhausorten, zur Architektur, den
       Direktoren oder der Bauhausbühne können die Berlinerinnen und Berliner in
       der „Schaufensterausstellung – Das Bauhaus in 16 Bildern“ entdecken. An
       sechzehn verschiedenen Orten werden sechzehn Themen ausgestellt. Mit dabei
       sind das Stilwerk, der Bücherbogen am Savignyplatz oder die Times Bar im
       Savoy-Hotel.
       
       Höhepunkt der Woche ist dann die Jubiläumsausstellung des Bauhausarchivs
       unter dem Titel „original bauhaus“. Sie beginnt am 6. September in der
       Berlinischen Galerie und dauert bis Ende Januar. „Mit der Ausstellung
       wollen wir Bekanntes und Unbekanntes zum Thema Bauhaus vorstellen“, verrät
       Direktorin Annemarie Jaeggi. Gezeigt werden etwa tausend Bauhausoriginale
       und die „Geschichte hinter den Objekten.“
       
       ## Anstoß für eine Debatte um die Zukunft
       
       „Eine Woche kompakt und zum Mitmachen“, nennt Moritz van Dülmen, der
       Geschäftsführer der landeseigenen Kulturprojekte das Programm. Eingebettet
       ist es auch in die Lange Nacht der Museen, die am 31. August stattfindet.
       Darüber hinaus findet im Garten des Podewil, dem Sitz der Kulturprojekte,
       eine Filmreihe zum Bauhaus statt. Anwesend werden dabei unter anderem der
       Regisseur Dominik Graf, die Schauspielerin Anna Marie Mühe und der Autor
       Hanns Zischler sein.
       
       Für Baustadtrat Oliver Schruoffenegger ist die Bauhauswoche aber auch
       Anstoß für eine Debatte um die Zukunft. „Wir haben im Bezirk drei
       Zukunftsthemen“, sagt er, „das sind Mobilität, Klimaneutralität und
       Städtebau.“ Während der Städtebau künftig am Bauhaus reuse verhandelt
       werden soll, soll die Mobilität in den Kant-Garagen einen Ort finden und
       die Klimaneutralität auf der Mierendorff-Insel. In diesem von der Spree und
       zwei Kanälen begrenzten Quartier, so Schruoffenegger, „wollen wir in
       dreißig Jahren klimaneutral sein“.
       
       Ob das Bauhaus reuse dann auch noch auf dem Ernst-Reuter-Platz steht? Die
       nächsten Jahre, verspricht jedenfalls Architekt Huber, wird es dort seinen
       Platz haben. „Wir werden auch nach der Bauhauswoche von 10 bis 18 Uhr offen
       haben.“
       
       Doch ein bisschen Labor- und Expermimentcharakter ist auch da dabei. „Erst
       mussten wir den Denkmalschutz überzeugen, dann das Grünflächenamt“,
       plaudert Stadtrat Schruoffenegger aus dem Nähkästchen, und es ist seinem
       angestrengten Lächeln anzusehen, dass eine Bezirksverwaltung nicht immer so
       tickt wie ihr Stadtrat. Eine Ausschankgenehmigung für das Café jedenfalls
       gebe es noch nicht. „Wer dort Kaffee trinkt, tut dies vorerst illegal.“
       
       30 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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