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       # taz.de -- Kolumne Eier: Nie mehr binär. Oder doch?
       
       > Dass man Männer mit „Eiern“ und Frauen mit anderen Körperteilen
       > assoziiert, ist hart daneben. Warum tut diese Kolumne das trotzdem?
       
   IMG Bild: Geschlechter gibt es viele, Körper gibt es viele. Wann lohnt sich dennoch binäres Denken?
       
       Man gibt derlei Sachen ja alles andere als gerne zu, dennoch: Diese Kolumne
       hatte natürlich von Anfang an ein Problem. Ein Problem, das schon in ihrer
       Grundprogrammierung besteht und das immer wieder Glitches und Bugs erzeugt
       hat, entgegen den besseren Absichten des Autors.
       
       [1][Denn die Kolumne heißt „Eier“] und handelt von Männern. Merken Sie was?
       Natürlich merken Sie was, denn Sie haben mich all die Jahre ja immer darauf
       hingewiesen, wenn ich etwas wieder zu binär gedacht, formuliert,
       argumentiert hatte. Zu sehr verharrt war im Muster „hier Frauen, da
       Männer“. Und obendrein vergessen hatte, dass Körper so divers sind wie
       Geschlecht. Kurzum: dass nicht alle Männer „Eier“ haben und nicht alle
       Menschen mit „Eiern“ Männer sind. Das gilt nur für cis-Personen. Und selbst
       da nicht immer.
       
       Danke hiermit fürs Aufpassen. Das Problem ist aber natürlich auch, dass ich
       „Eier“ eben symbolisch meine. So wie „Eier haben“ eben anerkennend gemeint
       und gleichzeitig mit Männlichkeit assoziiert ist. Während die Eier selbst,
       sowohl die echten als auch die gemeinten Hoden, ziemlich fragil sind und
       nur für äußerst wenige Dinge nützlich. Eben diesen patriarchalen Knacks
       wollte ich bearbeiten: dass immer wieder offenkundig Nebensächliches,
       Unwichtiges oder Unnützes in Hauptsachen, Wichtigkeiten und
       Unentbehrlichkeiten umgedeutet wird, sofern es dabei um das Konstrukt
       „Mann“ geht. Sowie eben andersrum. Folgen Sie mir noch?
       
       Die absolute Unsinnigkeit der fast bedingungslosen Ehrerbietung für alles
       (symbolisch) Männliche wollte ich karikieren, und das funktioniert meistens
       am besten, indem man sich mitten in die Logik des Binären reinwirft – so
       lange (und es dauert meistens nicht lange), bis sich herausstellt, wie
       fragil das alles ist.
       
       ## Die binäre symbolische Ordnung
       
       Von daher ja: [2][Binarität is over, let’s smash it.] Trans Menschen leiden
       darunter, nichtbinäre, bi, pan und genderqueere Menschen, sie alle müssen
       viel zu viel erklären, sich viel zu viel wehren, weil die übergroße
       Mehrheit davon ausgeht, dass es nur zweierlei Geschlecht gibt. Und das ist
       einfach nicht wahr. Es wird auch immer schwerer, das aufrechtzuerhalten.
       
       Eine Ausnahme würde ich machen, wenn es um die binäre symbolische Ordnung
       geht, die sich durch unser ganzes Erleben zieht. Die unser Tun und Reden
       einordnet in gut und schlecht, in normal und deviant, je nachdem als wer
       wir wahrgenommen werden. Die dafür sorgt, dass dieser oder jener
       Lebensentwurf uns das Leben schwer macht oder nicht, einfach abhängig
       davon, ob wir, nun ja, „Eier“ haben. Und um all das zu verstehen, muss man
       ab und zu ein bisschen binär denken. Aber nicht mehr als nötig, ja?
       
       Und weil Sie das mittlerweile ja auch hervorragend ohne mich beherrschen,
       ist dies die letzte Folge „Eier“. Nächste Woche gibt’s an gleicher Stelle
       etwas Neues von mir. Ich freu mich, wenn Sie wieder dabei sind.
       
       30 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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