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       # taz.de -- Merkels anstehender Peking-Besuch: Im Zweifel dann eben weniger China
       
       > Bundeskanzlerin Angela Merkel reist wieder einmal nach Peking. Sie sollte
       > dabei demokratische Überzeugungen nicht zugunsten der Wirtschaft opfern.
       
   IMG Bild: Eine Demonstrantin steht vor der Chinas Botschaft in Berlin (Archivbild v. 23. August)
       
       In Hongkong werden [1][DemonstrantInnen verprügelt], Bürgerrechtler
       inhaftiert und die Versammlungsfreiheit wird eingeschränkt. Die
       kommunistische Führung in Peking, die bei der Übergabe der ehemaligen
       britischen Kronkolonie 1997 an die Volksrepublik völkerrechtlich
       zugesichert hatte, sich für 50 Jahre nicht in die innenpolitischen Belange
       der Sonderverwaltungszone einzumischen, postiert an der Grenze zu Hongkong
       Militärfahrzeuge – zur Einschüchterung. Hongkongs Regierungschefin Carrie
       Lam soll bereit gewesen sein, Zugeständnisse an die Demonstranten zu
       machen. Doch Peking lehnte ab, lässt nicht mal ihren angebotenen Rücktritt
       zu.
       
       Inmitten dieser politischen Turbulenzen besucht Bundeskanzlerin Merkel am
       Donnerstag Peking. Und wie immer bei ihren inzwischen zwölf China-Reisen
       hat sie eine große Wirtschaftsdelegation im Schlepptau. Sollte sie in
       Peking nicht die Einhaltung des völkerrechtlichen Vertrags anmahnen? Wird
       sie die Ereignisse in Hongkong überhaupt ansprechen? Oder ist der
       Bundesregierung Hongkongs Demokratie dann doch nicht wichtig genug, die
       wirtschaftlichen Beziehungen aufs Spiel zu setzen? Schließlich ist China
       inzwischen Deutschlands wichtigster Handelspartner.
       
       Die Frage ist durchaus berechtigt, ob sich die kommunistische Führung von
       Merkel überhaupt noch etwas sagen lässt. Wahrscheinlich gar nichts. Die
       Zeiten, als China zum Westen aufschaute und insbesondere auch in
       Deutschland einen unverzichtbaren Partner sah, sind vorbei. Peking sieht
       sich als Weltmacht, die sich von keinem Land etwas sagen lässt.
       
       Trotzdem ist es Zeit, dass nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die
       deutsche Wirtschaft umdenkt. China ist eben nicht mehr nur ein
       kauffreudiger, ansonsten aber harmloser Handelspartner, sondern verfolgt
       unter der Führung von Xi Jinping knallharte Machtinteressen. Und er hat
       sich unverhohlen ein Ziel gesetzt: China First – unter der Herrschaft der
       Kommunistischen Partei.
       
       ## Weniger Abhängigkeit schadet nicht
       
       In Hongkong hat Peking bereits die Entlassung von Mitarbeitern der
       Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific veranlasst, weil diese mit den
       Demokratieprotesten sympathisierten. Die kommunistische Führung zeigt damit
       einmal mehr, dass sie jederzeit bereit ist, auch [2][Unternehmen politisch
       unter Druck zu setzen]. Warum sollte das nicht auch schon bald deutsche
       Unternehmen treffen?
       
       Es ist höchste Zeit, dass Merkel der chinesischen Führung klare Kante
       zeigt. Damit riskiert sie zwar, die Interessen der deutschen Geschäftswelt
       aufs Spiel zu setzen. Dann ist das aber eben so. Ein bisschen weniger
       Abhängigkeit von China könnte in heutigen Zeiten wirklich nicht schaden.
       
       4 Sep 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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