URI: 
       # taz.de -- R2G in Bremen wendet Koalitionskrise ab: Mäurer hat bloß rumgepoltert
       
       > Grüne und Linke setzen sich gegen den SPD-Innensenator in Bremen durch:
       > Der Algerier Seif Benmoussa wird vorerst nicht abgeschoben.
       
   IMG Bild: Vor einer Hochzeit macht man Scherben. Aber gleich eine Koalition zerschmeißen?
       
       Bremen taz | Die Koalitionskrise ist abgesagt: Der Algerier Seif Benmoussa
       wird vorerst doch nicht abgeschoben ([1][taz berichtete]). Die
       „Überstellung nach Slowenien wurde ausgesetzt, damit die
       Härtefallkommission die Eingabe prüfen kann“, erklärte die Ausländerbehörde
       am Dienstag Gabriel Goritzka, dem Anwalt des Geflüchteten.
       
       Das SPD-geführte Innenressort revidierte – auf Druck der Linken und der
       Grünen – am späten Montagabend seine Rechtsauffassung; in der Nacht hätte
       Benmoussa abgeschoben werden sollen. Wenige Stunden zuvor, kurz vor
       Redaktionsschluss, hatte das Innenressort die Härtefallkommission noch für
       unzuständig erklärt.
       
       Benmoussa kam Ende 2018 über Slowenien nach Deutschland. Für sein
       Asylverfahren ist Deutschland nicht unmittelbar zuständig, er ist ein
       sogenannter Dublin-Fall. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
       verlangte nun seine Abschiebung und die Ausländerbehörde wollte sie „im
       Auftrag“ des Bamf durchsetzen.
       
       Inzwischen lebt Benmoussa in Bremen und will heiraten – seine Eheschließung
       mit einer Bremerin ist beim Standesamt schon angemeldet, die
       „Ehevoraussetzungen“ werden derzeit aber noch gerichtlich geprüft. Nach der
       Hochzeit hätte er einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.
       
       ## Eine Hochzeit verhindert keine Abschiebung
       
       Derzeit liegt das Verfahren bei der Härtefallkommission. Deren Arbeit hat
       rechtlich keine aufschiebende Wirkung, doch wenn sie am Ende im Einzelfall
       beim Innensenator um eine Aufenthaltserlaubnis ersucht, werde dem in der
       Regel stattgegeben, so Goritzka.
       
       Und bis die Härtefallkommission entscheidet, ordnet die Behörde in aller
       Regel an, dass „aufenthaltsbeendende Maßnahmen zurückzustellen sind“,
       [2][wie sie selbst verkündet]. Bei Benmoussa sollten vorher Fakten
       geschaffen werden. Dabei steht im rot-grün-roten Koalitionsvertrag, dass
       die Härtefallkommission ausdrücklich auch für Dublin-Fälle zuständig sein
       soll.
       
       Das Innenressort indes hatte sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts
       bezogen, in dem es heißt: Die Eingabe bei der Härtefallkommission habe
       keine rechtlichen Auswirkungen, einer Abschiebung stehe nichts im Wege,
       auch nicht die geplante Hochzeit.
       
       Es lägen keine neuen Gründe vor, die im Asylverfahren noch nicht
       vorgetragen worden seien, so die Sprecherin des Innenressorts Rose
       Gerdts-Schiffler am Montag: „Darüber kann sich die Härtefallkommission
       nicht hinwegsetzen.“ Dies gelte auch für Dublin-Verfahren. Am späten
       Montagabend erklärte sie, es müssten noch „einige Rechtsfragen geklärt
       werden, die im Laufe des Abends noch aufkamen“.
       
       Tags darauf hieß es dann, das Ressort wolle „gemeinsam mit der
       Härtefallkommission die Frage der Zuständigkeit bei Dublin-Verfahren
       abschließend klären“.
       
       ## Politik der harten Hand
       
       „Wir teilen die Rechtsaufassung der Behörde nicht“, erklärte Fraktionschef
       Björn Fecker für die Grünen – „und wir hatten die stichhaltigeren Argumente
       auf unserer Seite“. Und die werden vom [3][Wissenschaftlichen Dienst des
       Bundestages] gestützt. Der hatte 2017 in einem Gutachten landesrechtliche
       Komptenzen bei Härtefallverfahren in Dublin-Fällen jedenfalls nicht
       ausgeschlossen.
       
       Die Härtefallkommission habe eine Entscheidungskompetenz, darauf beharrt
       Fecker, der nach eigenen Worten am Montag bis in die späten Abendstunden
       mit der Ressortspitze konferierte.
       
       Die Fraktionschefin der Linkspartei, Sofia Leonidakis, argumentiert ähnlich
       wie Fecker. Sie hatte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) für seine „Politik
       der harten Hand“ kritisiert, auf die Einhaltung des Koalitionsvertrages
       gepocht und verlangt, „keine Fakten zu schaffen“, bis die
       Härtefallkommission entschieden habe. Es habe „einen Dissens“ gegeben, sagt
       sie, und der sei nun ausgeräumt, im Sinne des Betroffenen. „Wir wären da
       aber auch nicht von unserer Position abgerückt.“
       
       3 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Archiv-Suche/!5619714&s=jan+zier&SuchRahmen=Print/
   DIR [2] https://www.inneres.bremen.de/detail.php?gsid=bremen52.c.2462.de
   DIR [3] https://www.bundestag.de/resource/blob/535002/b41f6f4b29521efad185b33353ada426/WD-3-188-17-pdf-data.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
       ## TAGS
       
   DIR R2G Bremen
   DIR Abschiebung
   DIR Härtefall
   DIR Dublin-System
   DIR Algerien
   DIR Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
   DIR Abschiebung
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
   DIR Abschiebung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anklage im Bamf-Skandal: Bremer Bamf-Chefin soll vor Gericht
       
       Die Staatsanwaltschaft erhebt nun Anklage. Strafbares Verhalten sieht sie
       bei weniger als ein Prozent der 13.000 positiven Verfahren.
       
   DIR Drohender Streit unter R2G in Bremen: Der Koalitionsvertrag gilt doch
       
       Bremens Innensenator hätte Abschiebehäftlinge gerne zusammen mit
       Straftätern eingesperrt, obwohl das EU-Recht widerspricht. Jetzt rudert er
       zurück.
       
   DIR R2G in Bremen kann kommen: Die Linke sucht ihre neue Rolle
       
       Auf ihrem Parteitag votiert Die Linke mit großer Mehrheit für rot-grün-rot.
       Den Geist der Opposition will sie ins Zeitalter des Regierens retten.
       
   DIR Willkür bei Abschiebung: Wird schon stimmen
       
       Bremerhaven beurteilt die Reisefähigkeit von psychisch Erkrankten nach
       Aktenlage. Nach dem Suizidversuch einer Albanerin hakt die Linksfraktion
       nach.