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       # taz.de -- Urteil in Melbourne: Pell scheitert mit Berufung
       
       > Das Urteil gegen den australischen Kurienkardinal George Pell wegen
       > sexueller Gewalt hat Bestand. Er könnte sich an die nächste
       > Berufungsinstanz wenden.
       
   IMG Bild: George Pell vor dem Gericht in Melbourne
       
       Canberra taz | „Pell ist in seinem Stuhl versunken, mit gebeugtem Kopf,
       während Richterin Anne Ferguson eine Zusammenfassung des Falles gegen ihn
       liest. Der 78-jährige Gefangene sieht gebrechlich und niedergeschlagen aus.
       Zum ersten Mal seit dem Urteil ist sein Pokergesicht weg. Pell sieht
       zerstört aus.“ So berichtete es die Journalistin Eliza Rugg am Mittwoch aus
       dem Gerichtssaal des Obersten Gerichtshof des Bundesstaates Victoria in
       Melbourne.
       
       Das Gericht lehnte eine Berufung des Kurienkardinals George Pell ab, der
       einst als dritthöchster Geistlicher im Vatikan galt. Allerdings bestätigten
       nur zwei der drei Richter [1][das Urteil vom März], als Pell wegen
       sexuellen Missbrauchs von zwei Chorjungen zu sechs Jahren verurteilt worden
       war. Der Kardinal könnte nach dem Entscheid ans höchste australische
       Gericht, den High Court, weiterziehen.
       
       Pell war schuldig gesprochen worden, als Erzbischof im Jahr 1996 in der
       Kathedrale von Melbourne zwei Chorjungen oral vergewaltigt und unsittlich
       berührt zu haben. Gemäß dem Urteil muss er mindestens drei Jahre und acht
       Monate im Gefängnis bleiben, bevor er einen Antrag auf Bewährung stellen
       kann.
       
       Der Vater des einen Opfers war am Mittwoch in Melbourne anwesend gewesen.
       Er hat eine Zivilklage gegen Pell und die Katholische Kirche eingeleitet.
       Sein Sohn war 2014 an einer Drogenüberdosis gestorben. Sein Vater meint,
       der Drogenkonsum sei eine Folge des Missbrauchs gewesen.
       
       ## „Finanzminister“ des Vatikan
       
       Die beiden Richter, die Pells Berufungsantrag ablehnten, bezeichneten die
       Aussagen des überlebenden Opfers als glaubwürdig. Sie seien der Meinung,
       „dass der Kläger ein sehr stringenter Zeuge war, eindeutig kein Lügner,
       kein Fantast und ein Zeuge der Wahrheit“. Er habe die Vorfälle nicht in
       übertriebenem Ausmaß beschrieben.
       
       Der dritte Richter gab vor der Bekanntgabe eine Erklärung ab, er sei mit
       dem Entscheid nicht einverstanden, da er nicht ausschließen könne, dass
       einige Aussagen des Klägers „zusammengebraut“ gewesen seien.
       
       Schon vor seiner Verurteilung war George Pell in Australien eine
       umstrittene Persönlichkeit gewesen. Die Opfer anderer Priester, die vom
       damals ranghöchsten Katholiken des Landes Hilfe erwartet hatten, werfen ihm
       vor, er habe sie abweisend und emotionslos behandelt. Pell soll pädophile
       Kirchenoffizielle von einer Diözese in die andere geschickt haben, statt
       sie den Behörden zu melden. Diese Vorwürfe waren aber nicht Teil der
       Beweisführung im Prozess gegen Pell.
       
       Vor seiner Verhaftung galt Pell als enger Vertrauter von Papst Franziskus.
       Er hielt im Vatikan die Position des „Präfekten des Wirtschaftssekretariats
       der Römischen Kurie“, was dem Titel eines Finanzministers gleichkommt. Der
       Vatikan hatte im März verlauten lassen, mit möglichen Konsequenzen gegen
       Pell zu warten, bis alle Berufungsmöglichkeiten erschöpft seien.
       
       21 Aug 2019
       
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