URI: 
       # taz.de -- Handelsabkommen mit Mercosur-Staaten: Keine Strafen für Regenwaldrodung
       
       > Der Vertrag mit dem Mercosur sieht keine Sanktionen vor, wenn ein Land
       > wie Brasilien illegal Wald rodet. Das räumte die Europäische Kommission
       > nun ein.
       
   IMG Bild: Wenn Flächen in Brasilien illegal entwaldet werden, hilft auch der EU-Vertrag mit dem Mercosur nicht
       
       Berlin taz | Das EU-Freihandelsabkommen mit Brasilien und den anderen
       Mitgliedern der Mercosur-Gruppe sieht bei Verstößen gegen
       Umweltschutzverpflichtungen keine Sanktionen vor. Der
       Streitschlichtungsmechanismus des Vertrags führe „nicht in letzter
       Konsequenz zu Wirtschaftssanktionen“, sagte Sabine Weyand,
       Generaldirektorin für Handelspolitik der Europäischen Kommission, am
       Mittwoch in Berlin. Stattdessen würde nach erfolglosen Konsultationen ein
       Ausschuss („Panel“) aus Experten eingesetzt, der die Vorwürfe untersucht.
       „Und die Berichte dieses Panels sind öffentlich“, erklärte Weyand. Die
       Empfehlungen dieser Fachleute sind laut dem [1][Nachhaltigkeitskapitel] des
       Abkommens aber unverbindlich.
       
       Das Ende Juni vereinbarte Abkommen mit der Mercosur-Gruppe aus Argentinien,
       Brasilien, Paraguay und Uruguay soll der EU Zugang zu einem bisher stark
       abgeschotteten Markt mit 260 Millionen Bürgern verschaffen. Die meisten
       Zölle auf EU-Importe wie Autos sollen abgeschafft werden, wodurch die
       Wirtschaft jährlich 4 Milliarden Euro einsparen würde. Im Gegenzug will die
       EU ihre Einfuhrsteuern auf Industrieprodukte aus den Mercosur-Staaten
       senken und ihren Markt für Agrarprodukte weiter öffnen. In dem Vertrag
       verpflichten sich beide Seiten auch, das Pariser Übereinkommen zum
       Klimaschutz umzusetzen, gegen illegale Rodungen vorzugehen und
       Arbeitnehmerrechte zu wahren.
       
       Angesichts der aktuellen Waldbrände in Brasilien mehren sich Rufe, den
       Mercosur-Vertrag nicht zu ratifizieren. Präsident Jair Bolsonaro befürworte
       Rodungen sogar, so Kritiker. Wegen des Abkommens werde noch mehr Fleisch
       aus Brasilien in die EU kommen, sodass noch mehr Wälder in dem
       südamerikanischen Land für die Landwirtschaft gerodet würden.
       
       Die Bundesregierung will den Vertrag aber nicht stoppen, da er „ein
       ambitioniertes Nachhaltigkeitskapitel mit verbindlichen Regelungen zum
       Klimaschutz“ habe. Am Mittwoch formulierte Regierungssprecher Steffen
       Seibert das nicht mehr so eindeutig, aber kündigte auch nicht an, das
       Abkommen platzen zu lassen. Offenbar wollen Deutschland und die EU nun mit
       Nadelstichen Bolsonaro dazu bringen, die aktuellen Waldbrände konsequenter
       zu bekämpfen.
       
       ## „Nur nette Appelle“
       
       „In dem Text stehen nur nette Appelle“, sagte Martin Häusling,
       agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, der taz. Der
       Vertrag habe dem „Tropen-Trump“ Bolsonaro, der den Klimawandel als
       Erfindung bezeichne, schon jetzt einen großen Reputationsgewinn verschafft.
       
       Das Freihandelsabkommen sei ein Treiber der Brände in dem südamerikanischen
       Land. „Brasilien schafft Platz für Weideflächen und Sojaplantagen – denn
       Europa soll beliefert werden mit dem Fleisch von 600.000 Rindern sowie
       unzähligen Hühnern.“ Hinzu kämen 300.000 Tonnen Agrartreibstoffe, die in
       die EU zusätzlich fließen sollten und klimaschädlich seien, so Häusling.
       Das Abkommen sieht vor, dass die Mercosur-Staaten künftig auf 99.000 Tonnen
       Rindfleisch pro Jahr nur 7,5 Prozent Zoll statt der bisherigen 40 bis 45
       Prozent zahlen. 180.000 Tonnen Geflügelfleisch sollen zollfrei importiert
       werden dürfen.
       
       Das Eingeständnis der EU-Kommission, dass das Nachhaltigkeitskapitel keine
       Sanktionen vorsieht, wird die Gegner des Vertrags mit dem Mercosur stärken.
       Entscheiden werden aber am Ende das Europäische Parlament sowie die
       Parlamente und Regierungen der Mitgliedsländer.
       
       29 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2019/july/tradoc_158166.%20Trade%20and%20Sustainable%20Development.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Mercosur
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Brasilien
   DIR Freihandel
   DIR Europäische Union
   DIR Mercosur
   DIR Mercosur
   DIR Brasilien
   DIR Regenwald
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Waldbrände
   DIR Forstwirtschaft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR EU-Mercosur-Freihandelsabkommen: Pakt soll Sanktionen vorsehen
       
       Die Bundesregierung räumt ein, dass der Mercosur-Vertrag keine Maßnahmen
       etwa gegen Brandrodungen vorsieht. Die EU soll mögliche Strafen prüfen.
       
   DIR EU-Mercosur-Pakt: Der Widerstand erreicht Brüssel
       
       Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wackelt kräftig.
       Freihandel ohne Sanktionsmöglichkeiten findet nun auch die Kommission
       schwierig.
       
   DIR Waldbrände in Brasilien: Bolsonaro verbietet Brandrodungen
       
       Brasiliens Präsident untersagt das Abbrennen von Wald – für die nächsten 60
       Tage. Viele Menschen leiden bereits an Atemwegserkrankungen.
       
   DIR Waldbrände in Brasilien: Gouverneure geben Bolsonaro Kontra
       
       Die regionalen Regierungschefs der Amazonasregion sorgen sich um das Image
       des Landes. Selbst die Landwirte mahnen zur Mäßigung.
       
   DIR Waldbrände in Brasilien: Endlich Feuer unterm Arsch
       
       Brasiliens Präsident Bolsonaro gerät mit seiner umstrittenen Umweltpolitik
       immer mehr unter Druck. Sogar die Agrarlobby rückt von ihm ab.
       
   DIR Waldbrände in Brasilien: Was tun!
       
       Die EU ringt um den richtigen Umgang mit Brasilien. Sollte sie Druck auf
       die Wirtschaft des Landes ausüben? Ein Pro und Contra.
       
   DIR Forstwissenschaftler über Waldbau: „Man muss das Risiko streuen“
       
       Der Forstwissenschaftler Jürgen Bauhus erklärt, warum guter Waldbau auch
       Armut bekämpft. Außerdem sei Eukalyptus besser als sein Ruf.