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       # taz.de -- Indonesien verlegt seine Hauptstadt: Umzug nach Borneo
       
       > Indonesiens Regierung und Parlament sollen im Jahr 2024 Jakarta
       > verlassen. Doch die neue Hauptstadt auf der Insel Borneo muss noch gebaut
       > werden.
       
   IMG Bild: Jakarta leidet unter zahlreichen Umweltproblemen – und es versinkt
       
       Beschlossen und verkündet: Indonesiens Hauptstadt zieht um. Präsident Joko
       Widodo hat am Montag die Entscheidung offiziell bekannt gegeben. Als
       Standort der neuen Regierungsstadt, in die der Staat rund 33 Milliarden
       Dollar investieren will, hat Widodo die Provinz Ostkalimantan auf der Insel
       Borneo auserkoren. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der idealste
       Standort für die neue Hauptstadt in den Bezirken Penajam Paser Utara und
       Kutai Kertanegara liegt“, sagte er am Montag auf einer Pressekonferenz in
       seinem Präsidentenpalast in der Nochhauptstadt Jakarta.
       
       Am künftigen Regierungssitz besitze der Staat in der Nähe der beiden
       Küstenstädte Balikpapan und Samarinda samt ihren Flughäfen bereits die für
       einen Hauptstadtneubau benötigten 180.000 Hektar Land. Der Umzug dient laut
       Widodo dem „Zweck der Schaffung einer fairen und gerechten Wirtschaft“.
       
       Jakarta zählt knapp elf Millionen Einwohner, der Großraum der Metropole gar
       bis zu 30 Millionen. Die Stadt, mit einer Bevölkerungdichte von 15.000
       Personen pro Quadratkilometer, liegt auf der überbevölkerten Insel Java und
       hat urbane Probleme ohne Ende. [1][Die Stadt versinkt um bis zu 20
       Zentimeter pro Jahr in ihrem sumpfigen Untergrund]: wegen der Last der
       eigenen Bebauung, wegen des Abpumpens von Grundwasser und wegen des
       steigenden Meeresspiegels. Jakartas Luftqualität gehört zu den
       schlechtesten der Welt. 10,7 Millionen Fahrzeuge, darunter acht Millionen
       Mopeds, quälen sich täglich durch den urbanen Moloch.
       
       Der neue Standort sei sicher vor Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen
       und liege in der Mitte des Landes, so Widodo. Dabei gibt es auch dort schon
       viele Ökoprobleme. In atemberaubender Geschwindigkeit sind sowohl im
       indonesischen als im malaysischen Teil Borneos in den letzten Jahrzehnten
       Tausende Jahre alte Urwälder für Ölpalmplantagen großflächig abgeholzt
       worden.
       
       Tiger, Nashörner, Orang-Utans wie auch die indigene Bevölkerung der Wälder
       verloren ihren Lebensraum und die Welt einen CO2-Speicher [2][von ähnlicher
       Bedeutung wie die brennenden Amazonaswälder]. Umweltschützer fürchten, dass
       für den Hauptstadtneubau deshalb noch mehr Waldflächen gerodet werden
       müssen.
       
       Der Umzugsbeginn ist für 2024 avisiert. Umziehen sollen bei Fertigstellung
       zunächst allerdings nur rund 220.000 Politiker. Denn die Hafenstadt Jakarta
       soll bleiben, was sie schon als Batavia während der holländischen
       Kolonialzeit war: das Wirtschaftszentrum des Landes. Da Wirtschaft und
       Politik nicht ohne einander existieren können, müssen in Zukunft
       Wirtschaftsbosse und Investoren 1.400 Kilometer in die zur Zeit noch
       namenlose neue Hauptstadt pilgern.
       
       Indonesiens CO2-Bilanz könnte sich durch den Flugverkehr zwischen Jakarta
       und der neuen Hauptstadt dramatisch verschlechtern. Aber noch ist nicht
       aller Tage Abend. In Indonesien ist schon so manches
       Megainfrastrukturprojekt im Sumpf von Korruption, Inkompetenz und
       Bürokratie still und leise dahingeschieden.
       
       26 Aug 2019
       
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