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       # taz.de -- Zur Räumung im Hambacher Forst 2018: Gutachten zum Großeinsatz
       
       > Vor der Räumungsaktion im Hambacher Forst gaben NRW-Ministerien zwei
       > Untersuchungen in Auftrag. Am Ende bleiben viele Unstimmigkeiten.
       
   IMG Bild: Zwei Polizisten vor einem Baumhaus im Hambacher Forst im September 2018
       
       Köln taz | Die Opposition forderte es seit Langem, das [1][Aktionsbündnis
       Ende Gelände hat sogar geklagt]. Am Montag haben das nordrhein-westfälische
       Innen- sowie das Bauministerium zwei bislang geheime [2][Gutachten ins Netz
       gestellt]. Die Ressorts hatten die Expertisen im August 2018 in Auftrag
       gegeben. Untersuchungsgegenstand: Die Kanzlei Baumeister in Münster sollte
       mögliche Rechtsgrundlagen für eine Räumung der Baumhäuser im Hambacher
       Forst liefern. Die Gutachten kamen noch im August, der Großeinsatz um den
       vom Braunkohletagebau bedrohten Wald begann Mitte September.
       
       Das erste Gutachten gab das Innenministerium in Auftrag: Es sollte klären,
       ob die Polizei eine Räumung veranlassen dürfe oder ob das den zuständigen
       Bauämtern der Stadt Kerpen und der Gemeinde Merzenich vorbehalten sei.
       Letzteres hätte bedeutet, dass die Polizei ausschließlich auf Antrag der
       Kommunen agieren darf. Dies ist das Fazit des Gutachtens.
       
       Die Zuständigkeit war entscheidend, da sowohl Kerpen als auch Merzenich
       einen Antrag des Tagebaubetreibers RWE auf Räumung der Baumhausdörfer am 1.
       August abgelehnt hatten. Um Kerpen und Merzenich zur Räumung und damit zum
       Hilfeersuchen an die Polizei zu zwingen, erdachte die Landesregierung nun
       eine andere Lösung.
       
       Am 29. August gab das Bauministerium das zweite Gutachten in Auftrag, um
       eine rechtliche Grundlage für eine Weisung haben. Hierbei ging es um die
       Frage, ob mangelnder Brandschutz der Baumhäuser den „sofortigen Vollzug“,
       also den Abriss rechtfertigen könne. Dabei ging es vor allem um die Frage,
       ob Baumhäuser „bauliche Anlagen“ sind. Nur dann wären die Bestimmungen des
       Brandschutzes anwendbar, die Baumhäuser also abzureißen, wenn sie die
       Regeln nicht erfüllen.
       
       ## Knapp 60.000 Euro haben die Gutachten gekostet
       
       Nach vorherrschender Rechtsansicht galt das, wenn sie eine gebaute
       Verbindung zum Boden wie eine Treppe oder einen Stützpfeiler haben. Doch in
       Bezug auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München von 2004 heißt es im
       Gutachten, „dass die Verbindung mit dem Erdboden auch einzig über einen
       Baum erfolgen kann“.
       
       Knapp 60.000 Euro haben die Gutachten gekostet. Dass sie bislang auch der
       Opposition nicht zugänglich gemacht wurden, war bereits in einer
       Fragestunde im Landtag im Juli kritisiert worden. Auch ging es um die Art
       der Auftragsvergabe. Denn beide Ministerien beauftragten ohne Ausschreibung
       dieselbe ausgesuchte Kanzlei. Und das erste Gutachten, beauftragt am 10.
       August, ist datiert auf den 9. August.
       
       Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, im Falle
       „besonderer Dringlichkeit“ sei dieses Vorgehen rechtmäßig. Und die habe
       vorgelegen „wegen des Beginns der Rodungsperiode“ am 1. Oktober: Bis zu
       diesem Zeitpunkt wollte das Innenministerium die Räumung folglich
       abgeschlossen sehen. Am 12. September schickte das Bauministerium seine
       Weisung an die Bauämter, am 13. September begann die Räumung. Die Polizei
       Aachen warnte, der Einsatz brächte alle Beteiligten in Lebensgefahr. Am 19.
       September [3][stürzte der Journalist Steffen Meyn während eines
       Polizeieinsatzes ab] und verstarb im Wald. Am 1. Oktober 2018 wurde das
       letzte Baumhaus abgerissen.
       
       27 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://fragdenstaat.de/blog/2019/08/26/erfolgreiche-untatigkeitsklage-nrw-innenministerium-veroffentlicht-gutachten-zum-hambacher-forst/
   DIR [2] https://www.mhkbg.nrw/sites/default/files/media/document/file/Hambacher%20Forst%20-%20Gutachterliche%20Stellungnahmen.pdf
   DIR [3] /Todesfall-im-Hambacher-Forst/!5534587
       
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   DIR Anett Selle
       
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