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       # taz.de -- Journalistin über rechtsextreme Listen: „Konsequent durchgreifen“
       
       > Rechtsextreme sammeln Informationen über ihre Gegner. Sheila Mysorekar
       > erklärt, warum Organisationen von Innenminister Seehofer Aufklärung
       > verlangen.
       
   IMG Bild: Nicht ärgern, handeln! Horst Seehofer hat einen klaren Auftrag
       
       taz: Frau Mysorekar, [1][in einem offenen Brief] fordern mehrere
       Organisationen, unter anderem die Neuen Deutschen Medienmacher und der
       Deutsche Journalisten-Verband, von Bundesinnenminister Horst Seehofer
       Aufklärung über die [2][sogenannten Todeslisten Rechtsradikaler] in
       Deutschland. Was veranlasst Sie zu diesem gemeinsamen Schritt?
       
       Sheila Mysorekar: Diese Listen gehen uns alle an. Es kann nicht jedem
       einzelnen Menschen überlassen werden herumzuraten, ob er oder sie auf einer
       dieser Listen steht. Gerade Journalistinnen und Journalisten werden von
       Rechtradikalen als besondere Gegner betrachtet. Viele Medienschaffende sind
       seit geraumer Zeit unter großem Druck: Sie werden verbal bedroht, vor allem
       diejenigen, die sich in ihrer Arbeit für Vielfalt, Antirassismus oder
       Feminismus einsetzen.
       
       Aber Medienschaffende müssen sich sicher fühlen – und sicher sein! –, um
       ihrer Arbeit nachgehen zu können. Zu wissen, dass es solche Listen gibt,
       ohne dass die Politik und die Sicherheitsorgane angemessen reagieren,
       beunruhigt viele Kolleg*innen. Eine Reihe Medienorganisationen vermissen
       ein konsequentes Durchgreifen des Staates gegenüber rechtsradikalen
       Gruppierungen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Das möchten wir an
       diesem Beispiel zeigen.
       
       Haben bei NDM organisierte Journalist*innen Ihrer Kenntnis nach bereits
       Auskunft erhalten?
       
       Nicht, dass ich wüsste. Als Organisation haben wir jedenfalls keine
       Informationen bekommen, ob einzelne Mitglieder oder unser Verein auf einer
       dieser Listen stehen – obwohl wir davon ausgehen, dass dies der Fall ist.
       Viele unserer Mitglieder bekommen regelmäßig Hassmails und Drohungen,
       gerade diejenigen, die an exponierter Stelle arbeiten, über Rechtsradikale
       recherchieren oder politische Bücher veröffentlicht haben.
       
       Welche Schritte [3][erwarten Sie von staatlicher Seite] zum Schutz der
       Menschen auf den Listen? 
       
       Als erstes sollten Medienhäuser und -organisationen informiert werden, ob
       sie auf diesen Listen zu finden sind. Sollte das der Fall sein, erwarte ich
       konkrete Maßnahmen – was immer notwendig ist, um uns zu schützen. Es gibt
       ausreichend Beispiele für die Gewaltbereitschaft der Rechtsextremen, bis
       hin zum Mord.
       
       Der Staat kann also nicht davon ausgehen, dass diese Listen nur aus
       Langeweile zusammengestellt wurden. Und er kann es nicht den
       Journalist*innen überlassen, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. Das
       Innenministerium soll die zuständigen Behörden mobilisieren, damit die
       Betroffenen in Frieden leben können. Damit meine ich nicht Personenschutz,
       sondern ein hartes Durchgreifen gegenüber denjenigen, die solche Listen
       zusammenstellen und verschicken, und gegenüber denjenigen, die Hass
       verbreiten und Menschen angreifen.
       
       Beobachten Sie einen Einschüchterungseffekt bei Kolleg*innen oder eher ein
       Jetzt-erst-recht-Gefühl?
       
       Beides. Es gibt Leute, denen das Risiko für sich und ihre Familien zu groß
       ist, und die sich auf unpolitische Themen zurückziehen. Ich habe absolut
       Verständnis dafür, auch wenn mein Weg ein anderer ist. Und es gibt
       Journalist*innen, die sagen: „Unsere Meinungsfreiheit und unsere Demokratie
       stehen auf dem Spiel; wir lassen uns doch von den Rechtsradikalen nicht
       einschüchtern. Jetzt geht's um die Wurst!“ Deswegen ist es um so wichtiger,
       dass sich Medienhäuser und Medienorganisationen hinter sie stellen und –
       wie in diesem Fall – Sicherheit einfordern.
       
       28 Aug 2019
       
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