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       # taz.de -- Regierungskrise in Italien: Neue Regierung unter altem Premier
       
       > Die 5-Sterne-Bewegung und der Partito Democratico wollen in Italien eine
       > neue Regierung bilden. Ministerpräsident Giuseppe Conte soll im Amt
       > bleiben.
       
   IMG Bild: Soll in der neuen Regierungskoalition Ministerpräsident bleiben: Giuseppe Conte
       
       Rom taz | Italiens alter Ministerpräsident [1][Giuseppe Conte] ist wohl
       auch der neue. Am Mittwochnachmittag teilten sowohl die seit 2018 mit der
       rechtspopulistischen Lega regierenden Fünf Sterne als auch der bisher
       oppositionelle Partito Democratico (PD) dem Staatspräsidenten Sergio
       Mattarella mit, dass sie eine Regierungskoalition unter Conte bilden
       wollen.
       
       Damit nimmt die Regierungskrise, die [2][Lega-Chef Matteo Salvini] mitten
       im August – in dem sich ganz Italien eigentlich am Meer befindet – ein
       überraschendes und für Salvini deprimierendes Ende. Er hatte vor drei
       Wochen die Koalition mit dem Moviemento 5 Stelle (M5S, 5-Sterne-Bewegung)
       im sicheren Glauben aufgelöst, danach könne es nur Neuwahlen samt einem
       sicheren Sieg der Lega geben, der Italien einen Regierungschef Salvini
       bescheren werde. Stattdessen darf er sich nun auf Monate, wenn nicht sogar
       Jahre in der Opposition einrichten.
       
       Sowohl der [3][PD-Vorsitzende Nicola Zingaretti] als auch der M5S-Chef
       Luigi Di Maio waren jedenfalls nach den Gesprächen mit Mattarella
       eindeutig. Es gebe eine „politische Vereinbarung“ mit dem PD für eine
       Regierung unter Conte, ließ Di Maio wissen, und Zingaretti tat kund, seine
       Partei habe das Angebot der Fünf Sterne akzeptiert.
       
       Staatspräsident Mattarella erteilte am Donnerstagmorgen Giuseppe Conte den
       [4][Auftrag zur Bildung einer Regierung], die in Italien noch vor drei
       Wochen wohl alle zu einem Ding der Unmöglichkeit erklärt hätten und die
       noch auf der Zielgerade zu scheitern drohte.
       
       Der Stolperstein war Conte selbst. Seit Juni 2018 amtierte er als
       Ministerpräsident der M5S-Lega-Koalition. Aus genau diesem Grund wollte
       Zingaretti ihn keinesfalls als seinen Nachfolger akzeptieren: Der PD könne
       nur in die Regierung eintreten, wenn diese eine klare Wende markiere und
       auch personell ein deutliches Zeichen der „Diskontinuität“ setze.
       
       ## Conte hat Zustimmungswerte von über 50 Prozent
       
       Ähnlich entschlossen hielt jedoch die 5-Sterne-Bewegung an Conte fest. In
       den eigenen Reihen ist die Koalition mit dem bei den Fünf Sternen
       verhassten PD äußerst umstritten und nur deshalb überhaupt erwägenswert,
       weil das M5S bei schnellen Neuwahlen einen tiefen Einbruch befürchtet. Dazu
       auch noch Conte zu opfern – das wäre ein zu hoher Preis gewesen. Denn Conte
       ist zwar parteilos, aber er gilt als M5S-nah, sogar als möglicher
       Spitzenkandidat in der Zukunft, da er sich in den 15 Monaten als
       Ministerpräsident zum populärsten Politiker Italiens hochgearbeitet hat,
       der Zustimmungswerte von über 50 Prozent genießt.
       
       Am Ende gab der PD in der Personalfrage nach. Damit war der Weg zu einer
       Regierungsbildung zwischen den beiden politischen Kräften frei. Zwischen
       zwei politischen Kräften, die sich seit je auf das Heftigste angefeindet
       und bekämpft hatten, die jetzt aber dank Salvini zusammenfinden. „Mut“
       brauche es für dieses Experiment, erklärte Zingaretti am Mittwoch, doch es
       gehe darum, endlich die Wende hinzubekommen weg von einem Italien „des
       Hasses, des Grolls und der Angst“.
       
       Damit meinte er nicht die Fünf Sterne, sondern deren bisherigen Partner,
       die Lega. Schließlich hatte Salvini im letzten Jahr vor allem deshalb enorm
       an Popularität gewonnen, weil er konsequent seine Dauerkampagne gegen die
       Migranten, für „geschlossene Häfen“, für die angeblich bedrohte Sicherheit
       der Italiener gefahren hatte. Dies hatte seiner Lega den Aufschwung von 17
       Prozent bei den nationalen Wahlen 2018 auf 34 Prozent bei den Europawahlen
       2019 beschert.
       
       Wenigstens aus der Position als Innenminister heraus wird Salvini diese
       Kampagne nicht mehr fortsetzen können. Der PD und die Fünf Sterne dagegen
       werden in den nächsten Tagen ihre Verhandlungen über das Regierungsprogramm
       und die Ministerliste führen.
       
       29 Aug 2019
       
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