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       # taz.de -- Brennende Amazonas-Wälder: Die Vernunft der Brandstifter
       
       > Alle schimpfen über den Feuerteufel Bolsonaro. Aber solange wir unser
       > Agrarsystem nicht ändern, ist es logisch, den Amazonas niederzubrennen.
       
   IMG Bild: In Brasiliens Regenwald wüten mehr als 80.000 Brände
       
       [1][Das Plakat der Satirezeitschrift Titanic] aus den achtziger Jahren
       schmückte lange meine Wand: Darauf kranke deutsche Bäume und die
       Schlagzeile: „Unglaublich! Bonn rettet den Wald!“ Denn an der Buche im
       Vordergrund hing ein gelbes Schild: „Waldsterben verboten! Die
       Bundesregierung.“
       
       Offenbar hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ebenfalls mit Gewinn die
       Titanic gelesen. Zumindest hat er diesen Witz übernommen. Und jetzt für die
       nächsten zwei Monate [2][verboten, den Regenwald anzuzünden]. Dabei hat er
       wahrscheinlich laut gelacht.
       
       Denn die weltweite Empörung über das flammende Inferno am Amazonas ist so
       absurd wie heuchlerisch. Selbstverständlich ist das eine brutale
       Öko-Schweinerei und ein Verbrechen gegen die Mensch-, Tier- und
       Pflanzenheit.
       
       Aber die Einzigen, die dabei einigermaßen rational handeln, sind die
       Brandstifter in Brasilien: Für die Sojamafia und das Fleischkartell sowie
       für viele Kleinbauern sind die Brandrodungen ihr Geschäftsmodell. Klar, sie
       brennen eine Schatzkammer der Natur nieder. Und ihre und unsere Zukunft
       gleich mit. Aber das ist aus ihrer Sicht nur konsequent.
       
       ## 20 Millionen Euro gegen das Feuer
       
       Wir Industrieländer haben schließlich in den letzten Jahrhunderten peu a
       peu unsere Urwälder komplett gegen Äcker, Felder und Autobahnen
       eingetauscht. Jetzt sorgen wir uns mit Vorliebe um jene Natur, die
       möglichst weit weg ist. Wir haben eine weltweite Arbeitsteilung
       durchgesetzt, wo unser Fleisch, das Futter für unsere Tiermast und das
       Palmöl für unsere Margarine von diesen Äckern am Äquator kommen.
       
       Jedes Jahr pumpen wir Europäer (ähnlich wie die USA und China) Milliarden
       von Euro in Agrarsubventionen, damit das so bleibt. Dann bieten wir 20
       Millionen an, um die Brände zu löschen, die daraus entstehen. Wir schließen
       einen Freihandelsvertrag, der dieses System zementiert und verweisen auf
       niedliche Regeln zur Nachhaltigkeit, die nicht mal Sanktionen vorsehen. Ich
       höre Bolsonaro schon wieder lachen.
       
       Wer mal am Amazonas war, der begreift: Der Wald wird abgefackelt, weil er
       so unfassbar groß ist, dass er als unerschöpflich gilt. Weil er kein Geld
       bringt, solange er da nur rumsteht, anders als ein Sojafeld. Und weil oft
       nicht einmal klar ist, wem welches Land gehört – den Indigenen, dem Staat
       oder den Pistoleros der Agrarunternehmer? Wer daran etwas ändern will, und
       das ist dringend nötig, sollte keine Löschflugzeuge finanzieren, sondern
       die Zivilgesellschaft in Brasilien. Es geht um Aufklärung, Bildung, zivilen
       Widerstand, die Schaffung und Durchsetzung des Rechts.
       
       Das ist leicht gesagt, schon klar. Immerhin geht das gegen einen
       Präsidenten, der das Recht verachtet, offen für die Vernichtung des Walds
       wirbt und Umweltschützer für die Feuer verantwortlich macht. Und dessen
       zweiter Vorname „Messias“ ist. Dass er sich von Gott berufen fühlt, dessen
       Schöpfung zu rasieren, hat er mit dem anderen „Auserwählten“ gemein, der
       auch noch die Yankee-Regenwälder abholzen will. Der Gottgesandte Donald
       Trump will die Wälder in Alaska lieber abholzen, ehe sie durch [3][den
       Klimawandel], („eine Erfindung der Chinesen“), in Flammen aufgehen. Auch
       eine Art von Logik.
       
       30 Aug 2019
       
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