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       # taz.de -- Neue Regierung in der Ukraine: Selenski regiert durch
       
       > Die ersten 100 Tage laufen für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
       > Selenski gut. Nun hat er seine Wunschkandidaten in der Regierung
       > untergebracht.
       
   IMG Bild: Alexej Gontscharuk ist der neue Premierminister der Ukraine
       
       Kiew dpa | [1][Anderthalb Monate nach der Parlamentswahl] in der Ukraine
       hat Präsident Wolodymyr Selenski nun mit Unterstützung des Parlaments seine
       Wunschregierung zusammengestellt. Bei der ersten Parlamentssitzung nach der
       Wahl im Juli wurde der politisch relativ unerfahrene Alexej Gontscharuk am
       Donnerstag mit deutlicher Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt. Der
       35-jährige Jurist ist somit der jüngste Regierungschef in der neueren
       Geschichte der Ukraine.
       
       Gontscharuk unterstützte noch im April Vorgängerpräsident Petro
       Poroschenko, wurde jedoch kurz darauf unter Selenski zum stellvertretenden
       Leiter des Präsidentenbüros ernannt. Dennoch stimmten 290 bei 226
       notwendigen Abgeordneten in Kiew für ihn. In seiner Kandidatenrede sprach
       er davon, ein Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben Prozent für das
       verarmte Land anzustreben. Die Ukraine ist eine der wenigen ehemaligen
       Sowjetrepubliken, die bis heute das Wirtschaftsniveau von 1990 nicht wieder
       erreicht hat.
       
       Zudem wurde der Unternehmer Andrej Sagorodnjuk auf direkten Vorschlag des
       Staatschefs zum Verteidigungsminister gewählt. Bei seiner Wahl zum
       Außenminister erhielt der ebenso von Selenski vorgeschlagene
       Karrierediplomat Wadim Pristaiko 310 Stimmen. Iwan Bakanow, ein
       Jugendfreund Selenskis, wurde zum neuen Chef des Geheimdienstes SBU
       ernannt. Der Chef der Präsidentenpartei Sluha Narodu (Diener des Volkes),
       Dmitri Rasumkow, wurde neuer Parlamentsvorsitzender.
       
       Selenski, ein ehemaligen Schauspieler und Komiker, ist erst im April zum
       Staatschef gewählt worden. Der 41-Jährige hatte Poroschenko, der nach fünf
       Jahren Krieg im Osten des Landes sehr unbeliebt war, im Amt abgelöst. Bei
       der Parlamentswahl im Sommer sicherte sich Selenski mit seiner Partei die
       absolute Mehrheit. Die Partei stellt mit 254 Abgeordneten die stärkste
       Fraktion und braucht keinen Koalitionspartner. Insgesamt wurden 424
       Abgeordnete feierlich vereidigt – darunter auch Poroschenko.
       
       Selenski sagte, dass er mit den Ergebnissen des ersten Sitzungstags im
       Parlament sehr zufrieden sei. „Ich bin überzeugt, dass das Land jetzt
       endlich den fünften Gang einlegen und sich sicher auf dem Weg der
       Veränderungen bewegen kann“, sagte er in seiner Rede. Er hoffe darauf, dass
       die Abgeordneten ohne Schlägereien auskämen und den Sitzungen nicht
       fernblieben. Das Staatsoberhaupt gab den Abgeordneten ein Jahr als
       Probezeit.
       
       ## Treffen im Normandie-Format im September
       
       Viele Ukrainer hoffen auch, dass mit der neuen Regierung wieder Bewegung in
       den festgefahrenen Friedensprozess kommt. In dem [2][Konflikt zwischen
       Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten] sind nach UN-Schätzungen
       rund 13.000 Menschen getötet worden. Bei einem möglichen Treffen im
       September wollen unter anderem Deutschland und Frankreich im sogenannten
       Normandie-Format erneut zwischen den Konfliktparteien vermitteln.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte dazu am Donnerstag mit
       Kremlchef Wladimir Putin. Die Vereinbarungen des Minsker Friedensabkommens
       sollten vorangetrieben werden, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert
       mit. Auch der Kreml betonte, es sei wichtig, einen möglichen Gipfel
       ernsthaft vorzubereiten, „um konkrete positive Ergebnisse erzielen zu
       können“.
       
       29 Aug 2019
       
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