# taz.de -- Kritik an MDR-Umgang mit der AfD: Die Unschärfe
> Eine MDR-Moderatorin nennt die AfD „bürgerlich“. Der Sender spricht von
> einem Versehen und entschuldigt sich. Darf das passieren?
IMG Bild: MDR-Moderatorin Binder Sonntagabend mit dem sächsischen AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban
Darf sich eine MDR-Moderatorin am Wahlabend einen Ausrutscher erlauben? Und
warum blicken eigentlich alle so unglückahnend auf die Performance des
Mitteldeutschen Rundfunks am Wahlabend? Dazu muss man nur ein paar Wochen
zurückschauen. Aber zunächst, was passiert ist.
Beim Wahlabend im Ersten interviewte die MDR-Journalistin den CDU-Politiker
Marco Wanderwitz und sprach von einer „stabilen bürgerlichen Koalition“,
die rechnerisch mit CDU und AfD möglich sei. Wanderwitz widersprach, eine
bürgerliche Koalition mit der AfD sei nicht möglich. Zuschauer*innen und
Journalist*innen kritisierten im Netz, dass Binder mit dem Wort
„bürgerlich“ die Selbstdarstellung der AfD übernommen hatte. Üblicherweise
werden für die Partei die Attribute „rechtspopulistisch“, „völkisch“ oder
„rechtskonservativ“ verwendet, teilweise auch als „rechtsextrem“.
„Bürgerlich“ hingegen suggeriert eine liberale, gemäßigt konservative
Ausrichtung und eine Position in der politischen Mitte.
Ein Ausrutscher? Eine provokante Frage, um eine klare Reaktion des
CDU-Interviewpartners zu erwirken? Oder versagt der MDR bei der Abgrenzung
nach rechts außen, wie der ARD-Journalist Arnd Henze vom Westdeutschen
Rundfunk andeutet?
Der MDR sieht die Äußerung als Versehen, wie ein Sprecher auf taz-Anfrage
sagt. Keine Absicht, keine Provokation des Gegenüber, sondern ein
„Versprecher“. „Wir entschuldigen uns für das Versehen“, es werde im
Nachhinein ausgewertet. Übermäßige Kritik an der Moderatorin sei jedoch
nicht angebracht. „Wiebke Binder ist unser Nachrichtengesicht.“ Binder
moderiert deshalb auch den Brennpunkt am Abend.
## Der entscheidende Nachrichtenabend
Das Problem ist: Der Sender hätte es an diesem Abend dringend nötig gehabt,
zu zeigen, dass er bei der kritischen Abgrenzung zur AfD die nötige
Kompetenz hat.
Erst kürzlich war dem [1][MDR eine Diskussionsveranstaltung um die Ohren
geflogen]. Zum Ausstrahlungstermin der Doku „Chemnitz – Ein Jahr danach“
hatte der Sender den Rechtsextremisten Arthur Österle eingeladen –
woraufhin mehrere Diskussionsgäste absagten.
Ein Versprecher in einer anstrengenden Livesituation wäre natürlich zu
verzeihen – würde nicht das Land seit mindestens 2015 darüber diskutieren,
wie man sensibel mit Begriffen rund um die AfD umgeht. Und es ist eben
nicht irgendein Nachrichtenabend, sondern der, wo das Land auf der Suche
nach Einordnungen aktueller Wahlergebnisse den Fernseher anmacht.
Einfacher wird es dadurch jedenfalls nicht für den MDR, den Verdacht zu
entkräften, dass er als Sender an der schreitenden Normalisierung des
Rechtspopulismus aktiv mitmacht.
2 Sep 2019
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## AUTOREN
DIR Peter Weissenburger
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