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       # taz.de -- Selbstversuch: Plastik raus aus meinem Leben
       
       > Bei der „Zero Waste Challenge“ der Hamburger Naturschutzjugend geht es
       > darum, vier Wochen lang so wenig Plastikmüll wie möglich zu produzieren.
       
   IMG Bild: Was an Plastik übrig bleibt: die Müllhalde von Woche vier.
       
       Hamburg taz | [1][Plastik ist schlecht]. Für die Umwelt, für die Tiere, für
       uns Menschen. Es ist aber leider verdammt praktisch und manchmal
       unvermeidbar. Ich wollte mich dennoch der Herausforderung stellen, vier
       Wochen lang so wenig Plastikmüll wie möglich zu produzieren. Bei der
       [2][„Zero Waste Challenge“] der Naturschutzjugend (Naju) Hamburg habe ich
       jede Woche mein Plastik gewogen und die einzelnen Stücke gezählt, um Bilanz
       zu ziehen. Bei der Challenge machten insgesamt 76 Teilnehmende als
       Einzelkämpfer oder in einer Gruppe mit, die Ergebnisse wurden wöchentlich
       von der Naju als Diagramm nach Gewicht und Stückzahl veröffentlicht.
       
       Innerhalb der Challenge habe ich nur Platz 26 (Gewicht) und 27 (Stückzahl)
       von 29, ich konsumiere aber seit dem Ende der Challenge bewusster als
       zuvor. Über den Zeitraum habe ich ein Tagebuch geführt, das festhält, was
       mir schwer gefallen ist und was total einfach umzusetzen war.
       
       ## Erste Woche: 230 Gramm Plastik
       
       Zu Beginn will ich Neues ausprobieren. Die Auftaktveranstaltung gibt mir
       viel Input, den es umzusetzen galt. Ich besuchte den Unverpackt-Laden
       Bio-lose in Hamburg. Hier gibt es all das zu kaufen, was im Supermarkt
       meist unnötig in Plastik verpackt ist: von Pasta, Reis, Mehl,
       Molkereiprodukten und Wein über Tee und Kaffee, Gewürzen und Süßigkeiten
       bis hin zu Non-Food-Artikeln wie Edelstahl-Trinkhalme, Bio-Seifen,
       Zahnseide im Glasflakon und Menstruationstassen. Obst, Gemüse und Brot gibt
       es natürlich auch. Ich habe noch wenig Erfahrung mit den Non-Food-Artikeln,
       ich fülle mir das Waschmittel ab und nehme die unverpackte Seife mit.
       
       In meinem alltäglichen Konsum bemerke ich schnell banale Angewohnheiten,
       die leider nicht plastikfrei sind – wie etwa, Brötchen an der
       Selbstbedienungstheke im Supermarkt zu kaufen: Hier klebt an der Papiertüte
       Plastik, was besonders problematisch ist. Denn Mischstoffe werden in den
       meisten Haushalten nicht getrennt sondern zusammen entweder in den
       Plastikmüll oder in den Restmüll geworfen.
       
       Eine weitere Problematik tut sich auf: Ich lebe vegan. Und ich liebe vegane
       Nuggets. Vegane Alternativen gibt es bis dato nur in viel Plastik
       eingeschweißt, und auch Pflanzenmilch finde ich nur in Tetra Pak. Darauf
       will ich über die Wochen nicht verzichten, habe meinen Konsum aber
       eingeschränkt.
       
       ## Zweite Woche: 370 Gramm Plastik
       
       In der zweiten Woche mache ich ziemlich viel selbst. Meine Küche füllt sich
       mit unverpackten Nahrungsmitteln, und auch in meinem Bad war schon mal mehr
       Plastik zu finden.
       
       Die einzelnen Shampoo- und Duschgelflaschen müssen der einen Seife weichen,
       was praktisch auch besser klappt als gedacht. Plastikfrei zu konsumieren
       vereinfacht auch. Wozu ich etwa unzählige kleine und große Plastikflaschen
       gebraucht habe, kann ich mir nach den vier Wochen nicht mehr erklären.
       
       Da ich kein Freund von sogenannten Denttabs bin und mit einer hohen
       Wahrscheinlichkeit nicht mehr werde, besitze ich nun eine Bambuszahnbürste
       mit recyclebaren Borsten, meine Zahnpasta mache ich mir aus Natron selbst.
       Daraus lässt sich zudem super einfach Spülmittel herstellen, und auch mein
       festes Deo ist ein Eigenprodukt.
       
       Für die Küche habe ich mir ein altes Bettlaken genommen und daraus einen
       wiederverwendbaren Kaffeefilter gebastelt, aber wer eine French Press
       besitzt, der kann bereits plastikfrei Kaffee trinken. Statt Pflanzenmilch
       im Tetra Pak kaufen zu müssen, entscheide ich mich, meine Hafermilch
       künftig selbst zu machen. Zudem backe ich mein Brot selbst. Nichts ist
       einfacher als das.
       
       Eine Herausforderung in der zweiten Woche ist meine Fahrt nach Hannover für
       einige Tage. Ich versuche, so viel es geht mitzunehmen, weiß aber schon bei
       meiner Abfahrt, dass ich mir vor Ort einige Dinge werde kaufen müssen. Kein
       Problem: Auch in Hannover gibt es Unverpackt-Läden.
       
       Ich besuche Lo-La – Der Lose Laden. Dort nehme ich mir ein
       Bambus-Besteck-Set inklusive Strohhalm und Stäbchen, klimaneutrale
       Passata-Tomaten im Pflandglas sowie zwei Stoffbeutel. Darin verstaue ich
       Nüsse und Nudeln, ein Highlight des Geschäfts ist die Nussmusmaschine.
       Zudem gibt es vegane Schokolade und eine Eistheke, am Eingang können sich
       Kunden gebrauchte Gefäße von anderen Kunden nehmen, falls der Einkauf
       spontan ist
       
       Mitgenommene Boxen wiege ich vorher ab, an der Kasse wird das Gewicht
       wieder abgezogen. Meinen Milchbeutel habe ich auch mit und kaufe mir noch
       Haferflocken für die Hafermilch, alles weitere habe ich aus Hamburg
       mitgenommen.
       
       Die hohe Grammzahl an Plastikmüll in der zweiten Woche ist mit der
       Transformation zu einem plastikfreien Leben zu erklären. Ich wollte keine
       Zeit verlieren und habe ich in dieser Woche viele leere Verpackungen
       weggeschmissen, die sich so im Laufe der Zeit angesammelt hatten. Wer sich
       dazu entscheidet, weniger Plastik zu verbrauchen, der kann das auch
       langsamer angehen.
       
       ## Dritte Woche: 100 Gramm Plastik
       
       In der dritten Woche merke ich, wie sich das plastikfreie Leben in meinem
       Alltag einpendelt. Bei unvermeidlichem Plastik überlege ich lieber fünfmal,
       bevor ich es kaufe. Ich muss zugeben, auf der Arbeit bin ich noch faul, für
       einen veganen Fischstäbchen-Test muss ich die veganen Fischstäbchen von
       Aldi kaufen, von denen fünf Stück in 15 Gramm Plastik verpackt sind. Und
       manchmal hole ich mir mittags einen Kilo-Sack Karotten mit an den
       Schreibtisch, der leider auch aus Plastik ist.
       
       Praktische Tipps gibt es aus der Naju-Community. Die Teilnehmenden der
       Challenge können jederzeit Erfahrungen weitergeben, die Naju teilt
       nützliche Tricks auf ihren Social-Media-Kanälen. In dieser Woche ist wenig
       Neues oder Spannendes über ein plastikreduzierendes Leben zu berichten,
       alles pendelt sich so langsam ein.
       
       ## Vierte Woche: 60 Gramm Plastik
       
       Die letzte Woche knüpft an den Lerneffekten der dritten Woche an: Ich habe
       meine Sachen gefunden, die für mich neu sind, und die werde ich künftig
       durchziehen. Zu viel Veränderung suche ich dann wohl doch nicht.
       
       Besonders in den letzten Tagen wird mir erneut bewusst, [3][wie vegane
       Menschen gezwungen sind, Plastik zu konsumieren]. Hier gibt es definitiv
       Nachbesserungsbedarf! Denn umweltfreundlicher ist eine vegane Ernährung
       definitiv, was nicht die Folge haben sollte, dass wir bald alle aus
       Mikroplastik bestehen, weil ich nicht auf meine Nuggets verzichten will.
       
       Mein Fazit: Besonders die Umstellung der ersten und zweiten Wochen sind für
       jeden machbar. Kleine Umstellungen in Richtung plastikfrei können mehr
       bewirken, als man denkt. Durchschnittlich wurden über die vier Wochen laut
       Naturjugend 340 Gramm Plastikmüll pro Person produziert. Im selben Zeitraum
       fällt bei einer durchschnittlichen Person in Deutschland fast das
       zehnfache, nämlich 2850g an. Die Siegerin schaffte es, nur 15g Plastikmüll
       in einem Monat zu produzieren!
       
       Laut Naturjugend bekam die Challenge sehr viel positive Resonanz, sodass
       überlegt wird, ob eine neue Runde gestartet werden soll. Dann aber über
       einen längeren Zeitraum.
       
       Mehr zum Thema Plastikmüll lesen Sie in der taz am Wochenende oder
       [4][hier].
       
       13 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Plastik/!t5014740/
   DIR [2] https://hamburg.nabu.de/wir-ueber-uns/naju/aktionen/26703.html
   DIR [3] https://www.deutschlandistvegan.de/10-tipps-vegane-ernaehrung-und-zero-waste-gegensatz/
   DIR [4] /Unser-eKiosk/!114771/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Gebauer
       
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