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       # taz.de -- Drama in Großbritanniens Unterhaus: Lasst wählen!
       
       > Boris Johnson hat keine Mehrheit mehr im Unterhaus. Es wäre absurd, wenn
       > jetzt Teile der Opposition versuchen würden, Neuwahlen zu verhindern.
       
   IMG Bild: Ohne Mehrheit: Boris Johnson verlässt Dienstagnacht das britische Unterhaus
       
       Von wegen geknebeltes Parlament: Das britische Unterhaus hat Boris Johnson
       [1][am späten Dienstagabend eine spektakuläre Niederlage zugefügt] und sich
       die Hoheit über eine mögliche Verhinderung eines No-Deal-Brexit gesichert.
       Die regierenden Konservativen haben sich gespalten, die Regierung hat keine
       Mehrheit mehr. Die [2][Stop-the-Coup-Demonstranten], die seit Tagen gegen
       Boris Johnsons „Putsch“ auf die Straße gehen, müssen sich etwas Neues
       ausdenken. Wenn jetzt jemand Macht eingebüßt hat, ist es Boris Johnson
       selbst.
       
       So schnell kann es gehen. [3][Boris Johnsons „Prorogation“] – also die vor
       einer Woche verfügte Beendigung der aktuellen Sitzungsperiode des
       Unterhauses – und die Eröffnung einer neuen Sitzungsperiode samt Thronrede
       am 14. Oktober: Schnee von gestern. Stattdessen wird das Parlament wohl
       vollends aufgelöst; es ist nur eine Frage von Tagen. Dieses Unterhaus wird
       dann nie wieder in der derzeitigen Zusammensetzung zusammenkommen, was die
       meisten Briten sehr begrüßen dürften.
       
       In Großbritannien läuft alles auf Neuwahlen hinaus, vermutlich am 15.
       Oktober, kurz vor dem für den Brexit entscheidenden EU-Gipfel. Der Weg zu
       Neuwahlen ist klar: Entweder das von Johnsons Gegnern eingebrachte Gesetz
       gegen einen No-Deal-Brexit am 31. Oktober geht durch – dann wird die
       Opposition den entsprechenden Antrag des Premierministers unterstützen.
       Oder es scheitert, was immer noch möglich ist – aber mangels Mehrheit
       könnte dann Johnson trotzdem nicht weiter regieren. Über kurz oder lang
       stürzt er per Misstrauensvotum, oder er tritt einfach als Premierminister
       zurück und sucht das Mandat des Volkes.
       
       Klar ist jedenfalls: Selbst wenn das Parlament jetzt einen No-Deal-Brexit
       per Gesetz verhindert, ist dieses Gesetz praktisch bedeutungslos. Ein
       Premierminister Boris Johnson wird es nicht umsetzen. Entweder er gewinnt
       vor dem 31. Oktober eine neue Parlamentsmehrheit und kippt es wieder – oder
       jemand anders wird vor dem 31. Oktober Premierminister. In jedem Fall
       werden die Karten in der britischen Politik neu gemischt, bevor das jetzt
       beratene Gesetz relevant wird.
       
       Es wäre jetzt völlig bizarr, aber in der aufgeladenen politischen Stimmung
       nicht ausgeschlossen, wenn Teile der Opposition versuchen sollten,
       Neuwahlen zu verhindern, nach dem Motto: Lieber ein Boris Johnson ohne
       Mehrheit als ein Boris Johnson – oder auch ein Jeremy Corbyn – mit
       Mehrheit. Aber lange ginge das nicht gut. Der Brexit-Streit hat
       Großbritanniens Politik lange genug gelähmt. Zeit für eine Entscheidung an
       der Wahlurne: No Deal mit Johnson – oder No Brexit mit Corbyn.
       
       4 Sep 2019
       
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