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       # taz.de -- Gelegenheit macht Drogen
       
       > In der JVA Sehnde gab es eine Durchsuchung. WärterInnen und Inhaftierte
       > sollen Rauschmittel und Handys geschmuggelt haben
       
       Von Carlotta Kurth
       
       In Sehnde in Niedersachsen stehen 31 Menschen unter Verdacht, daran
       beteiligt gewesen zu sein, Drogen und Handys in die Justizvollzugsanstalt
       (JVA) eingeschleust zu haben – vier davon sind Bedienstete. Gefangene
       sollen sie bestochen haben, die Gegenstände in die Anstalt zu schmuggeln.
       
       Der Hinweis dazu kam aus der JVA Sehnde selbst, woraufhin die Polizei am
       vergangenen Sonntag Zellen und Privatwohnungen der Beschuldigten
       durchsuchte. In den Räumen der JVA seien mutmaßliche Drogen, Spritzbesteck
       oder Streckmittel entdeckt worden, schreibt die Nachrichtenagentur dpa.
       Außerhalb der Anstalt seien außerdem 45 Mobiltelefone, 70 Datenträger und
       SIM-Karten beschlagnahmt worden.
       
       Neben 21 Gefangenen und den vier Bediensteten ermittelt die
       Staatsanwaltschaft außerdem gegen sechs außenstehende Menschen, die
       ebenfalls mitgeholfen haben sollen. Vermutet wird, dass die Angehörigen vor
       allem Drogen und die Bediensteten die Handys ins Gefängnis gebracht haben.
       Aussagen der Bild, die Bediensteten hätten 250 Euro pro Handy erhalten,
       bestätigt Oliver Eisenhauer, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover,
       gegenüber der taz nicht. Von organisierter Kriminalität will er ebenfalls
       nicht sprechen. Der Begriff sei irreführend, da im Fall Sehnde nur wenige
       Personen involviert seien.
       
       Um einen Einzelfall handelt es sich in Sehnde dennoch nicht. Drogenbesitz
       und Drogenschmuggel gebe es in Justizvollzugsanstalten häufig, sagt der
       Kriminologe Christian Pfeiffer. Sie verschafften Gefangenen Macht und
       Einkommen. „Jeder Minister weiß, so etwas kann aus heiterem Himmel in jedem
       Bundesland passieren.“ Nirgends sei das Problem lückenlos gelöst. „Selbst
       im strengen Bayern gibt es Drogen in den Gefängnissen.“
       
       Darüber, ob es auch normal sei, dass Beamte beim Drogenschmuggeln helfen,
       gehen die Meinungen auseinander. Der Kriminologe und Rechtssoziologe
       Johannes Feest hält es für „höchstwahrscheinlich“, denn sie haben die
       Gelegenheit. Bedienstete würden beim Verlassen und Wiederkehren in
       Justizvollzugsanstalten in der Regel nicht kontrolliert – „nur auf
       Verdacht“. Wie häufig Beamte in Justizvollzugsanstalten tatsächlich
       bestochen würden, sei unklar. Solche Fälle stünden selten vor Gericht.
       Häufig bleibe es bei Beschuldigungen und Skandalen, sagt Feest.
       
       Eisenhauer von der Staatsanwaltschaft betont, dass es nicht alltäglich sei,
       dass JVA-Beamte an einem solchen Verfahren beteiligt seien. Die vier
       Bediensteten seien suspendiert worden. Christian Rümke, der Sprecher der
       Justizbehörde in Niedersachsen verweist auf die Unschuldsvermutung: „Wir
       stehen erst am Anfang des Ermittlungsverfahrens.“ Falls sich herausstelle,
       dass tatsächlich Bedienstete beteiligt gewesen seien, handele es sich um
       „vereinzelte schwarze Schafe“, so Rümke. Dass Bedienstete an Schmuggeleien
       beteiligt sind, sei eher unüblich.
       
       5 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carlotta Kurth
       
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