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       # taz.de -- US-Truppenabzug aus Afghanistan: Bomben statt Abzug
       
       > Die USA und die Taliban arbeiten am Truppenabzug. Doch es häufen sich
       > Anzeichen, dass das Abkommen doch noch platzen könnte.
       
   IMG Bild: Ein US-Soldat beobachtet einen UH-60 Blackhawk Helikopter bei der Landung in Afghanistan
       
       Berlin taz | Anders als vom US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad
       propagiert, ist die Unterzeichnung des fast fertigen
       [1][Afghanistan-Truppenabzugsabkommens] mit den Taliban längst nicht
       sicher. Lange hat er den Verhandlungsverlauf schöngeredet. Doch inzwischen
       sind die Widersprüche des Entwurfs, der zwar noch nicht publik ist, aber
       dessen Konturen bekannt sind, nicht mehr zu übersehen.
       
       So kollidiert Präsident Donald Trumps Absicht, die verbliebenen gut 14.000
       US-Soldaten bis zur US-Wahl im November 2020 abzuziehen – er will das als
       Erfolg verkaufen – mit der Zusicherung an Kabul, der phasenweise Abzug sei
       von Entwicklungen in Afghanistan abhängig.
       
       Das heißt konkret, dass direkt nach Unterzeichnung des US-Taliban-Deals
       „innerafghanische Verhandlungen“ zwischen einem sogenannten inklusiven Team
       aus Kabuler Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft und den Taliban
       über einen Friedensschluss und die politische Nachkriegsordnung beginnen
       sollen. Doch dass die Regierung hier nur als eine „Fraktion“ unter mehreren
       zugelassen ist, bedeutet deren Delegitimierung. Die Regierung war schon von
       den US-Taliban-Gesprächen ausgeschlossen. Khalilzad sagte am Wochenende,
       die USA würden binnen 135 Tagen etwa 5.000 Soldaten abziehen.
       
       Die innerafghanischen Friedensgespräche können sich wegen der komplexen
       Konfliktlage nach über 40 Jahren Krieg aber hinziehen. Eine Erfolgsgarantie
       gibt es nicht. Zugleich ist unsicher, ob Trump – der dem
       Afghanistan-Einsatz wegen der hohen Kosten skeptisch gegenübersteht – die
       Geduld hat, die Regierung in Kabul weiter mit Truppen und Geld zu stützen.
       
       ## Nicht jeder will die CIA
       
       Die Regierung in Kabul sprach am Mittwoch erstmals öffentlich von möglichen
       negativen „Folgen des Abkommens“. Tags zuvor erklärten fast alle
       US-Botschafter in Kabul nach 2001 in einem gemeinsamen Artikel, ein
       „größerer“ Truppenabzug müsse „von einem endgültigen Friedensschluss
       abhängig gemacht werden“. Diese Formulierung schließt allerdings nicht aus,
       dass einige US-Truppen auch nach einem innerafghanischen Friedensschluss im
       Land bleiben könnten.
       
       Doch das könnte die Zustimmung der Taliban zu dem Abkommen gefährden. Sie
       hatten bereits Trumps wiederholt ausgesprochene Idee zurückgewiesen,
       „starke Geheimdienstkomponenten“ in Afghanistan zu lassen. Die CIA verfügt
       dort über bewaffnete Milizen und nimmt auch an deren Operationen teil. Am
       Mittwoch sickerte in US-Medien durch, dass [2][Außenminister Mike Pompeo]
       sich weigere, das Abkommen persönlich zu unterschreiben.
       
       Während die Parteien weiter verhandeln, [3][setzen sie auch den Krieg
       fort]. Am Donnerstag sprengte sich ein Taliban-Selbstmordattentäter mit
       einer Autobombe mitten im zivilen Verkehr vor einem Kabuler
       Geheimdienstbüro in die Luft. Es gab mindestens 10 Tote und 42 Verletzte.
       Das folgte auf eine Lkw-Bombe der Taliban am Montag, die vor einer stark
       gesicherten Wohnanlage für Diplomaten und ausländische Sicherheitsfirmen
       hochging. 16 Menschen kamen um, darunter acht afghanische Zivilisten, fünf
       Wachmänner aus Nepal, zwei Briten und ein Rumäne. 199 Personen wurden
       verletzt.
       
       Am Dienstag kam es darauf zu Protesten. Kabuler Bürger verlangten,
       militärisch relevante Einrichtungen aus Wohngebieten zu verlegen.
       Unterdessen erschoss gestern ein afghanisches Geheimdienstkommando im Osten
       des Landes vier Zivilisten, und behauptete, es handele sich um Kämpfer des
       „Islamischen Staats“. Am Sonnabend kamen 12 Zivilisten, darunter acht
       Kinder, in der Nordprovinz Farjab bei einem Luftschlag der Kabuler Armee
       um.
       
       5 Sep 2019
       
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