URI: 
       # taz.de -- Göttingen wird sicherer Hafen: „Wir dürfen nicht wegschauen“
       
       > Göttingen positioniert sich öffentlich gegen die Kriminalisierung
       > privater Seenotrettung. Die Stadt will eine Patenschaft für ein Schiff
       > übernehmen.
       
   IMG Bild: Auch in Hamburg ist die Bewegung „Seebrücke“ aktiv: Szene einer Kundgebung Ende Juli 2018
       
       Göttingen taz | Flüchtlinge und ihre Unterstützer fordern es schon seit
       fast einem Jahr, nun ist es so weit: Die Stadt Göttingen wird sich zum
       „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklären. Das haben SPD, Grüne, Linke und
       weitere Mitglieder des Stadtrats in einem gemeinsamen Antrag vereinbart.
       Darüber will das Kommunalparlament an diesem Freitag abstimmen, eine
       Mehrheit gilt als sicher.
       
       Damit positioniert sich die Stadt öffentlich auch gegen die
       Kriminalisierung der Seenotrettung auf dem Mittelmeer und unterstützt diese
       auch. Sie übernimmt die Patenschaft für ein ziviles Seenotrettungsschiff
       oder beteiligt sich daran und unterstützt das Aktionsbündnis „Seebrücke“
       finanziell. Der Göttinger Kreistag wird Anfang Oktober einen ähnlichen
       Antrag beschließen.
       
       „Als weltoffene Stadt der Integration und Vielfalt und angesichts der
       Tatsache, dass es täglich Todesopfer im Mittelmeer gibt, sind auch wir in
       der Pflicht, ein Zeichen der Humanität zu senden“, sagt der
       SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Tom Wedrins. „Wir dürfen nicht
       wegschauen, das Drama im Mittelmeer muss aufhören. Wir haben die moralische
       Verpflichtung, auch auf lokaler Ebene zu helfen.“
       
       Der Grünen-Ratsherr Thomas Harms betont: „Im Mittelmeer sterben Menschen
       und mit diesen unsere europäischen Werte. Es ist längst überfällig, dass
       wir Verantwortung übernehmen für das Sterben vor unserer Haustür, das wir
       durch unterlassene Hilfeleistung, unfaire Freihandelsabkommen und von
       westlichen Ländern verursachte Klimaschäden verursacht haben.“
       
       ## Kritik von der Jungen Union
       
       Städte, die sich zu „Sicheren Häfen“ erklären, bieten unter anderem an, aus
       dem Mittelmeer gerettete Menschen bei sich aufzunehmen. Bundesweit gibt es
       inzwischen rund 80 solcher Kommunen. In Niedersachsen sind es bislang
       mindestens 16: Aurich, Braunschweig, Cloppenburg, die Stadt und der
       Landkreis Cuxhaven, die Stadt und die Region Hannover, die Stadt und der
       Landkreis Hildesheim, Holzminden, Nordhorn, Oldenburg, Osnabrück,
       Thedinghausen, Weyhe und Wolfenbüttel.
       
       Die Kampagne „Sichere Häfen“ geht auf Forderungen der „Seebrücke“ zurück.
       In Göttingen warben unter anderem das „Lampedusa-Bündnis“ und der
       Arbeitskreis Asyl dafür. Erste Vorstöße im Rat und Kreistag seien zunächst
       am Zögern der SPD gescheitert, sagen Kommunalpolitiker von Grünen und
       Linken.
       
       Kritik am Göttinger Ratsantrag kommt von der Jungen Union (JU). Sichere
       Häfen müssten in Libyen geschaffen werden, nicht in Göttingen, heißt es in
       einer Stellungnahme des JU-Stadtverbandes. Die Initiative fördere illegale
       Migration. Die Nachwuchsorganisation der CDU kritisiere nicht diejenigen,
       die berechtigt vor Krieg und Verfolgung fliehen, sondern jene, die nicht
       zur Lösung des Problems beitragen, beispielsweise Schlepper und die
       „selbsternannten Seenotretter“. Man stehe zugleich für die Sicherheit in
       Deutschland und Europa, „weswegen wir eine Förderung illegaler Aktivitäten,
       im Sinne der Initiative ‚Sicherer Hafen‘, ablehnen.“
       
       11 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
       ## TAGS
       
   DIR Seebrücke
   DIR Seenotrettung
   DIR Göttingen
   DIR Geflüchtete
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Kriegsverbrechen
   DIR Seebrücke
   DIR Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Seenotrettung im Mittelmeer: Eine humanitäre Pflicht
       
       Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und der Kirche fordern: Eine
       politische Lösung für die Aufnahme von aus Seenot Geretteten muss dringend
       her.
       
   DIR BKA-Ermittler über Kriegsverbrechen: „Das geht uns alle an“
       
       Klaus Zorn vom BKA ermittelt bei Verbrechen gegen die Menschheit. Ein
       Gespräch über Gewalt, den Umgang mit Opfern und War Crimes Units.
       
   DIR Bundesweite Demos für Seenotrettung: Seebrücke ist überall
       
       In über 60 Städten wird gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung
       demonstriert. Die Seebrücke erhält immer mehr Zuspruch.
       
   DIR CDU-Bürgermeister über Seenotrettung: „Wir meinen es ernst“
       
       Menschen in Seenot zu helfen sei Pflicht, sagt Rottenburgs
       Oberbürgermeister Stephan Neher. Er will Gerettete aus dem Mittelmeer
       aufnehmen.