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       # taz.de -- Neues privates Stadtviertel in Berlin: Grundsteinlegung vor Männerriege
       
       > Mitten in Berlin soll auf 25.000 Quadratmetern ein rund um die Uhr
       > bewachtes Stadtviertel entstehen. Am Donnerstag wurde der Grundstein
       > gelegt.
       
   IMG Bild: Projektentwickler Sebastian Klatt (r.) und Ascan Mergenthaler vom Architekturbüro Herzog & deMeuron
       
       BERLIN taz | Die gute Nachricht zuerst: Das neue Tacheles-Viertel in der
       Berliner Kernstadt soll 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche frei
       passierbar sein. Manager Sebastian Klatt von der pwr Bauplanung sagte vor
       der Grundsteinlegung am Donnerstag, dass die ab 2022 zu eröffnende „Stadt
       in der Stadt“ mit „enorm guten Außenraumqualitäten“ zwar von Personal
       bewacht werden werde, das aber lediglich sicherstelle, „dass die Personen,
       die sich dort aufhalten, sicher sind“.
       
       Der exklusive Charakter war bereits bei der Veranstaltung spürbar: Für den
       Festakt auf den 25.000 Quadratmetern des neuen Investorenviertels zwischen
       Oranienburger, Johannisthaler und Friedrichstraße waren blickdichte
       Barrieren, digitale Drehkreuze und dutzende Sicherheitsmänner mit „Mann im
       Ohr“ aufgestellt worden.
       
       Dabei waren außer den Baubeteiligten lediglich Politiker und
       Journalist:innen zugelassen. Einige Redner wandten sich in ihren Ansprachen
       trotzdem an „die Nachbarn“, blickten dabei aber nur in ein Publikum von
       rund 300 Männern in blauen Anzügen. Die PR-Firma „Am Tacheles“ der
       Pressesprecherin Anja Strieder, Ehefrau des früheren Bausenators Peter
       Strieder (SPD), hatte zusammen mit der beauftragten Eventagentur „26 zehn“
       den Dresscode für die geladenen Männer aus Baufirmen und Banken ausgegeben.
       Die wenigen anwesenden Damen waren entweder fürs Büffet oder die
       Berichterstattung zuständig. Anja Strieder verwies dazu auf taz-Nachfrage
       auf die durchführende pwr.
       
       Der an den Planungen unbeteiligte amtierende Baustadtrat Ephraim Gothe
       (SPD) versuchte der Inszenierung das Beste abzugewinnen, machte aber
       deutlich, dass er die zwölf Ausnahmegenehmigungen aus der Amtszeit
       Strieders und des früheren Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD)
       heute wohl nicht mehr erteilen würde. Der Tagesspiegel hatte nahegelegt,
       dass zwischen Kapital und städtischer Repräsentation hierbei mehr als nur
       operativ paktiert worden sei. Wowereit beschwor in seiner Ansprache den
       „Mut der Investoren“, „bauen, bauen, bauen!“. In den Grundstein legte er
       ostentativ nicht den Tagesspiegel, sondern die Berliner Zeitung, die mit
       dem Titel vom 19.9. deren beiden neue Eigentümer zeigt.
       
       Investor Leon Bressler vom Aermont-Fond hob den „Glauben an die stärkste
       Volkswirtschaft Europas“ hervor. Gespräche mit dem künftigen
       Tacheles-Mieter seien „weit gediehen“, wurde ferner bekanntgegeben – dabei
       wird es um den schwedischen Designkonzern Fotografiska gehen. Das
       denkmalgeschützte Tacheles-Gebäude war seit der Wendezeit Kulturspielstätte
       gewesen. Das umliegende neue Viertel wird bis 2023 mit einer
       Shoppingpassage die Friedrich- mit der Oranienburger Straße verbinden,
       unterkellert von einer Parkgarage für 400 PKW.
       
       Die von den Schweizer Bauplanern Herzog & de Meuron koordinierten
       Architekten sehen dafür das profane Büroportalgebäude „Scape“ in der
       Friedrichstraße vor, sowie ein architektonisch schon interessanteres
       siebengeschossiges Keilgebäude „Oro“ an der Oranienburger. Ein Hingucker
       ist das Zweitwohnungsgebäude „Laika“, für dessen Fassade sich an der
       Moderne der 1920er Jahre orientiert worden ist. Durchfinanziert ist das
       neue Stadtviertel im Volumen eines „hohen dreistelligen Millionenbetrages“,
       so das Management. Der Bauauftrag ging an den Hochtief-Konzern. Der Verkauf
       der etwa 275 Wohnungen soll 2020 beginnen.
       
       20 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anselm Lenz
       
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