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       # taz.de -- Mietenwahnsinn in der Tucholskystraße: Angst vor der Vertreibung
       
       > Protestfrühstück in der Tucholskystraße: Das vor 30 Jahren besetzte,
       > unsanierte Haus Nummer 30 in Berlin-Mitte ist Teil der Protestgeschichte.
       
   IMG Bild: Seit 30 Jahren gibt es politische Aktionen in der Tucholskystraße: Hier vor dem Haus Nummer 32
       
       Berlin taz | Ein Büfett vor der Tucholskystraße 30 ist nicht ungewöhnlich.
       Schließlich gibt es hier in Mitte eine Menge Restaurants. Doch das Büfett
       am Montagmittag war kostenlos und hatte einen ernsten politischen
       Hintergrund: Die Bewohner*innen und Nutzer*innen des Hauses
       befürchten die Vertreibung.
       
       Für Mittwoch hat sich die Hausverwaltung erneut angekündigt und will
       prüfen, ob das Gebäude noch bewohnbar ist. Das Haus gehört der Uferhallen
       AG, die sowohl die Tucholskystraße 30 als auch das Nachbarhaus erworben
       haben.
       
       So sehen die Bewohner*innen der Tucholskystraße auch in der angeblichen
       Sorge für Leib und Leben der Bewohner*innen einen Vorwand für eine
       schnelle Räumung ohne Rücksicht auf bestehende Verträge. Die
       Mieter*innen haben dagegen kaum eine juristische Handhabe. Doch die
       Bewohner*innen der Tucholskystraße wollen sich nicht vertreiben lassen.
       
       „In den letzten Tagen war bei uns große Aufregung“, erklärte einer der
       Mieter. Namentlich zitieren lassen will er sich, wie alle Bewohner*innen,
       nicht. Die Angst vor den Eigentümer ist groß. Man habe auf eigene Kosten
       Gutachter beauftragt, die eine Räumungsgefahr verneinen. Zudem wurden
       notwendige Reparaturen erledigt. Doch die Verwalter des Hauses wollen am
       kommenden Mittwoch selber prüfen, ob das Gebäude bewohnbar ist.
       
       ## Unter großem Druck
       
       Misstrauen erregt bei den Bewohner*innen auch, dass sich die
       Hausverwaltung bereits für Anfang September angesagt hat und den Dachboden
       beräumen lassen wollte. Auch damals luden die Mieter*innen zu einem
       Protestfrühstück ein ([1][taz berichtete]). Der Termin verstrich ohne den
       angekündigten Besuch. Doch auch wenn der Termin am Mittwoch ebenso
       glimpflich ausgehen sollte, ist den Bewohner*innen klar, dass sie unter
       einem großen Druck stehen.
       
       Die Tucholskystraße 30 ist noch eines der wenigen unsanierten Gebäude in
       Mitte. Dort gibt es noch Ofenheizungen, Weinreben schmiegen sich an die
       Mauern. Wenn es nach dem Willen der Verwaltung geht, sollen die sofort
       entfernt werden. Doch die Bewohner*innen wollen gerade den
       ursprünglichen Zustand des Hauses gegen die Sanierungspläne verteidigen.
       „Viele andere Häuser werden schließlich teuer saniert, und dann wird für
       ebenso viel Geld die Fassade so hergerichtet, dass sie alt aussieht. Mit
       der Tucholskystraße 30 hingegen gibt es noch ein Haus im ursprünglichen
       Zustand“, meint ein Mieter.
       
       Davon wollen die Bewohner*innen in der nächsten Zeit Architekt*innen und
       Politiker*innen überzeugen. Sie sind auch auf ein Hoffest eingeladen,
       dass in der Tucholskystraße 30 am 3. Oktober stattfinden soll. Zudem ist
       eine Ausstellung über die Geschichte des Hauses in Vorbereitung – und die
       ist auch eine Geschichte der Berliner Besetzer*innenbewegung in
       Ostberlin: Die Tucholskystraße 30 wurde im Frühjahr 1990 besetzt. In Mitte
       erinnert nur noch wenig daran, nachdem auch das Tacheles endgültig
       Geschichte ist. So könnte die Tucholskystraße 30 ein lebendes Denkmal für
       eine vergessene Protestgeschichte werden.
       
       Anmerkung der Redaktion: 
       
       In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass hinter der Uferhallen
       AG die Samwer Brüder stünden. Das war falsch. Die Uferhallen gehören einer
       größeren Gruppe von Gesellschaftern, darunter nur einem der Samwer Brüder.
       
       23 Sep 2019
       
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