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       # taz.de -- Bremer Pläne fürs Klima reichen nicht: Leider sind wir verloren
       
       > „Fridays for Future“ Bremen diskutiert mit der Regierung über Klimaziele.
       > Zwischen Notwendigkeit und Machbarkeit klafft eine große Lücke
       
   IMG Bild: Manchmal sieht es fast so aus, als stünde der Staat dem Klimaschutz im Weg
       
       Bremen taz | Die grünste Großstadt Deutschlands ist Bremen, sagt das
       statistische Landesamt. Die [1][fahrradfreundlichste Großstadt] noch dazu,
       so der ADFC und der Copenhagenize-Index. Der neue Senat will alle Gesetze
       unter den Klimavorbehalt stellen, die CO2-Emissionen bis 2030 um 80 Prozent
       senken, die City autofrei machen und die Mittel für den Fahrradverkehr
       verfünffachen.
       
       Bremen ein Musterschüler, der Koalitionsvertrag eine Eins mit Sternchen?
       „Eine Drei“, ringt Neurowissenschaftler und WWF-Direktor Alfred Schumm sich
       durch. Ungenügend, findet „Fridays for Future“, die am Montagabend die
       Bremer Landesregierung zur Diskussion geladen hatte.
       
       „Es geht nicht darum, dass der [2][Koalitionsvertrag] uns als Bewegung
       nicht gefällt, sondern um das, was die Wissenschaft sagt“, so „Fridays for
       Future“-Aktivistin Friederike Oberheim. „Wir können mit dem Klima nicht
       verhandeln.“
       
       Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, darf die Menschheit laut
       [3][IPCC-Bericht] von 2018 noch 420 Gigatonnen CO2 produzieren – wenn wir
       im aktuellen Tempo weitermachen, ist dieses Budget in neun bis zehn Jahren
       verbraucht. Alles unter Klimaneutralität bis 2030 sei deshalb „ein Witz“,
       so Oberheim.
       
       ## Bremen könnte Klimaschutzziele verfehlen
       
       Die drei PolitikerInnen auf dem Podium kennen diese Zahlen, sie wissen,
       dass die Wissenschaft mehr von ihnen fordert. Ambitioniert sei ihr Plan
       dennoch. „Als wir das 80-Prozent-Ziel beschlossen haben, wussten wir: Wir
       haben gar nicht die Maßnahmen in der Hand, um das zu erreichen“, gibt Felix
       Pithan, Landessprecher der Linken zu. Das Risiko, dass Bremen seine
       [4][Klimaschutzziele erneut verfehlt], ist real.
       
       Durchmischt sieht Schumm die Vorhaben im Verkehrssektor: Der
       Wissenschaftler lobt das Budget für Fahrradverkehr – skeptisch sieht er,
       dass man sich in den Koalitionsgesprächen nicht zu Tempo 30 in allen
       Verbindungsstraßen aufraffen konnte.
       
       In der Energiepolitik scheinen die Pläne mit den Forderungen von „Fridays
       for Future“ oft unvereinbar: Einen Kohleausstieg bis 2020 fordern die
       AktivistInnen. „Unmöglich“, meint Umweltsenatorin Maike Schaefer: Erst
       müsse das Fernwärmenetz ausgebaut werden – vor 2023 wird das nix. Auch
       rechtlich gibt’s Probleme: „Mit der SWB kriegen wir das hin. Aber wir
       wissen noch nicht , wie wir die Betreiber des Kraftwerks in Blumenthal
       überzeugen“, so SPD-Politiker Arno Gottschalk.
       
       Bei öffentlichen Gebäuden will Bremen Neubauten als Null- oder
       Plusenergiehäuser bauen, „soweit betriebswirtschaftlich rentabel“ und
       ansonsten nur prüfen, ob eine solche Bauweise möglich ist. „Wir haben so
       schon einen Sanierungsstau von 700 Millionen Euro für öffentliche Gebäude“,
       klagt Gottschalk.
       
       Und Pithan ergänzt: „Die Zuspitzung in der Klimakrise trifft uns zu einem
       Punkt, da die öffentliche Hand sehr eingeschränkt handlungsfähig ist.“
       Steuersenkungen in den 90ern, die Schuldenbremse: „Wir haben nicht die
       Kraft, diese Fesseln zu sprengen.“
       
       ## Politik: Es braucht gesellschaftlichen Konsens
       
       Auch dort, wo Bremen ohne viel Geld handeln kann, ist man vorsichtig: Für
       die Forderung nach teureren Parkplätzen gebe es anderswo eben Shitstorm
       statt Applaus, sagte Schaefer – und plädierte: „Wir brauchen den
       gesellschaftlichen Konsens, und dafür brauchen wir eure Unterstützung.“
       
       Auch Gottschalk warb um Verständnis für die Zurückhaltung bei schmerzhaften
       Einschnitten. „[5][Wir alle sind uns klar,] dass die Menschheit vor ihrer
       größten Herausforderung steht“, so der SPD-Politiker. „Aber es gibt nicht
       nur uns, es gibt auch Bolsonaros und Trumps. So eine Scheißentwicklung
       können wir auch in Deutschland bekommen, wenn wir die Leute nicht
       mitnehmen.“
       
       „Wie soll das denn funktionieren mit dem Klimaschutz, wenn Sie so auf
       Kompromisse aus sind?“, fragte die Moderatorin. Eine echte Antwort gab es
       darauf nicht. Bremen ist zu klein. Zu arm noch dazu. Und überhaupt:
       Eigentlich ist es zu spät.
       
       26 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5583916/
   DIR [2] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6296/Entwurf-Koalitionsvertrag-2019-07-01.pdf
   DIR [3] https://report.ipcc.ch/sr15/pdf/sr15_spm_final.pdf
   DIR [4] /Umweltzustand-in-Bremen/!5596895
   DIR [5] /Klimaschutz-in-Bremen/!5599922
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
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