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       # taz.de -- Nach Diskriminierung in der DDR: Noch keine Lesbe entschädigt
       
       > In der DDR war gleichgeschlechtlicher Sex unter 18 verboten. Eine
       > Entschädigung Verurteilter ist möglich. Doch kaum eine lesbische Frau
       > weiß das.
       
   IMG Bild: Symbol der DDR: Palast der Republik
       
       BERLIN taz | Wer von „175ern“ spricht, meint wegen ihrer Sexualität
       verurteilte Männer. Jahrzehntelang wurden Schwule in der Bundesrepublik
       [1][nach Paragraf 175 strafrechtlich verfolgt]. Die Sexualität von Frauen
       hingegen war kein Bestandteil des Paragrafen – anders in der DDR. Dort
       regelte der Paragraf 151, dass gleichgeschlechtlicher Sex bis zum Alter von
       18 Jahren bestraft wurde, auch unter Frauen.
       
       Rund 4.300 Personen, schätzt die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, wurden
       in der DDR nach Paragraf 151 mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft,
       1988 wurde er ersatzlos gestrichen. 2017 wurden die Verurteilten
       rehabilitiert und können seitdem beim Bundesamt für Justiz einen Antrag auf
       Entschädigung auf bis zu 3.000 Euro pro Urteil stellen. Nur: Bislang wurde
       keine einzige Frau für ihre Verurteilung entschädigt.
       
       Das geht aus einer schriftlichen Frage der frauenpolitischen Sprecherin der
       Grünen-Fraktion im Bundestag, Ulle Schauws, an das Bundesjustizministerium
       hervor, die der taz vorliegt. „Bis zum heutigen Tag“, so das Ministerium,
       habe noch keine Frau einen Antrag auf Entschädigung gestellt – „es konnte
       daher auch noch keine Entschädigung ausgezahlt werden“.
       
       ## Erste Cis-Frau
       
       Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Entschädigung informiere die
       Bundesregierung auf ihrer Homepage über die Möglichkeiten, die Menschen
       haben, die nach den Paragrafen 175 und 151 verurteilt wurden, schreibt das
       Ministerium. Zudem gebe es etwa Links zur Bundesinteressenvertretung
       schwuler Senioren (BISS). Doch das reicht nicht, findet Schauws: „Dass auch
       Lesben diskriminiert und verurteilt wurden, bleibt vollkommen unsichtbar.“
       
       Im öffentlichen Bewusstsein seien vor allem Schwule von homosexueller
       Diskriminierung betroffen, kritisiert die Grüne. Doch gerade bei der Frage
       von Rehabilitierung und Entschädigung, fordert sie, „muss sich das ändern“.
       Die Bundesregierung müsse viel deutlicher auch Lesben ansprechen, etwa über
       Interessenvertretungen wie den Dachverband „Lesben und Alter“.
       
       Wie viele Frauen unter den geschätzten 4.300 Personen waren, die wegen
       Paragraf 151 verurteilt wurden, ist umstritten. Doch so oder so: „Ich will,
       dass die Bundesregierung die Frauen ernst nimmt“, sagt Schauws. Und
       immerhin: Die aktuelle Antwort des Bundesjustizministeriums ist offenbar in
       einem Punkt bereits überholt. Eine erste Cis-Frau, so das Bundesamt für
       Justiz auf Anfrage der taz, habe diesen Monat einen Antrag auf
       Entschädigung gestellt. Zu Einzelfällen allerdings könne man keine weitere
       Auskunft geben.
       
       25 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Abschaffung-des-Paragrafen-175/!5599062
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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