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       # taz.de -- Die Wahrheit: Erdwürmer und Ohrmäuse
       
       > Und wieder ein Trend, der in England trendet und über den Ärmelkanal
       > schwappt: Riesenohrlöcher sind out, der letzte Schrei sind Mäuse!
       
       Engländer sind exzentrisch, das ist bekannt. Man denke an Sportarten wie
       die Wurmlockmeisterschaften in Blackawton in der Grafschaft Devon, bei
       denen es darum geht, so viele Würmer wie möglich aus dem Erdreich zu
       locken. Oder die Ringermeisterschaften, die in einem mit Bratensauce
       gefüllten Planschbecken ausgetragen werden.
       
       Den Fußball sollen die Engländer auch erfunden haben. Schon seit dem 17.
       Jahrhundert wird in Derbyshire zur Fastnacht ein Wettkampf zwischen zwei
       Dörfern ausgetragen, bei dem es darum geht, einen Ball im gegnerischen Tor
       unterzubringen. So weit, so normal. Aber hier dauert das Spiel zwei Tage,
       und die Tore stehen fünf Kilometer voneinander entfernt. Interessant ist
       auch das Schneckenrennen in Norfolk auf einem nassen Tischtuch von fünfzig
       Zentimeter Durchmesser.
       
       Die Tiere, die unterwegs an Erschöpfung sterben, werden von Jack Devaney
       aus Plymouth eingesammelt. Er macht [1][Ohrringe] aus ihnen. Meistens
       benutzt er dafür aber Mäuse. Der 24-jährige Student ist auf die
       Tierpräparation gestoßen, als er sein Ohrläppchen zwischen zwei starke
       Magneten klemmte. Als der Schmerz nachließ, wickelte er die Magneten in ein
       Stück Stoff, um herauszufinden, ob sie immer noch am Ohr haften blieben.
       Das taten sie.
       
       Was lag da näher, als eine Maus auszustopfen, sie in zwei Teile zu
       schneiden und einen Magneten in jede Hälfte einzunähen? Fertig war das Paar
       Ohrringe. Es kostet achtzehn Pfund. Er habe schon einige verkauft,
       behauptet Devaney. Keine Maus ist perfekt, wirbt er auf seiner
       [2][Webseite]: Jeder Ohrring sei ein Unikat. Wer nicht genug Geld habe,
       könne sich eine Maushälfte kaufen und als Kühlschrankmagnet verwenden. Wer
       freut sich nicht über eine tote Maus, wenn man den Braten aus dem
       Kühlschrank holt?
       
       Devaney macht auch Sonderanfertigungen. Neben der halben Maus kann man
       Ohrringe bestellen, die nur aus dem Kopf oder dem Hintern des Nagers
       bestehen. Den Mäusen könne es egal sein, sagt Devaney. Sie seien ja schon
       tot, wenn er sie in der Zoohandlung kaufe, wo sie als Schlangenfutter
       angeboten werden. Und es sei doch allemal würdevoller, am Ohr einer Dame
       als im Bauch einer Schlange zu enden.
       
       Auch vor anderen Tierkadavern schreckt er nicht zurück. Devaney hat
       Federtaschen aus toten Ratten, Toasterüberzüge aus Kaninchen und
       Modeschmuck aus Rattenhoden hergestellt. Demnächst will er Dachse in
       Pantoffeln verwandeln.
       
       Ihm werde nicht mulmig beim Umgang mit toten Nagern, sagt er, da er
       frühzeitig desensibilisiert worden sei, als er in einem Fleischerladen
       gearbeitet habe. Wurden da auch Nagetiere verkauft?
       
       Zum Schluss noch ein guter Rat: Wenn man von einer Horde Tierpräparatoren
       gejagt wird, ist es ein fataler Fehler, sich tot zu stellen.
       
       30 Sep 2019
       
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