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       # taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Zeit für einen Rundumschlag
       
       > Bundeskanzlerin Merkel nennt den Klimaschutz eine
       > „Menschheitsherausforderung“. Zum Schluss formuliert sie einen Appell an
       > alle Bürger.
       
   IMG Bild: Angela Merkel bei der Generaldebatte
       
       Berlin taz | Zum Schluss ihrer Rede, als Angela Merkel bereits über die
       globalen Krisenherde und den Klimawandel gesprochen hat, über Europa und
       künstliche Intelligenz und die ungleichen Lebensverhältnisse in
       Deutschland, richtet die Bundeskanzlerin noch einen klaren Appell an das
       Parlament – und an die Bürger Deutschlands. Merkel verweist auf den
       „wunderbaren“ 1. Artikel im Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist
       unantastbar.“
       
       „Das, was wir täglich erleben, Angriffe auf Juden, Angriffe auf Ausländer,
       Gewalt und auch verhasste Sprache, das müssen wir bekämpfen“, sagt Merkel.
       Die Regierung wolle dazu beitragen, indem sie das Ehrenamt stärke, aber sie
       könne „noch so viel an Steuermitteln in verschiedene und wichtige Projekte
       verteilen. Wenn nicht klar ist, dass es in diesem Land null Toleranz gegen
       Rassismus, Hass und Abneigung gegen andere Menschen gibt, dann wird das
       Zusammenleben nicht gelingen.“
       
       Der Bundestag hat am Mittwochvormittag über den geplanten Etat der
       Bundesregierung diskutiert. Es ist die Generaldebatte, die Stunde der
       Rundumschläge. Auch bei Merkel, wobei sie die starken Verluste der CDU bei
       den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen unerwähnt ließ. Stattdessen:
       Weltpolitik, Klimapolitik.
       
       Zu Beginn ihrer Rede kommentiert die Kanzlerin in wenigen Minuten, fast
       schon im Vorbeigehen, die aktuellen Herausforderungen der Außenpolitik. Sie
       sagt, sie wolle damit den „Rahmen“ der Haushaltsdebatte setzen. Der Brexit:
       Es gebe Chancen, ihn geordnet hinzubekommen, man sei aber auch auf einen
       ungeordneten Brexit vorbereitet. Hongkong: Die Einhaltung der
       Menschenrechte sei unabdingbar, darauf habe sie auch bei ihrem [1][jüngsten
       Besuch] hingewiesen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner wird
       trotzdem später kritisieren, dass Merkel sich nicht mit dem Aktivisten
       [2][Joshua Wong] getroffen hat, der derzeit in Deutschland ist.
       
       Die Supermacht USA: Trotz Meinungsverschiedenheiten teile man die gleichen
       Werte. Die Rivalität zwischen den USA und China, das Erstarken von
       Russland: Die Chance für Europa, neue Stärke zu entwickeln, auch in Form
       einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Bürgerkriegsland Libyen: Die Lage
       dürfe man nicht zu einem Stellvertreterkrieg eskalieren lassen. Iran:
       Schritt für Schritt Lösungen finden. Schließlich die Empfehlung, diese
       Konflikte multilateral zu lösen. „Kein Land auf der Welt kann seine
       Probleme alleine lösen“, sagt Merkel. Deutschland werde seine
       Verteidigungsausgaben in Richtung der Zwei-Prozent-Vorgaben der Nato
       bewegen. Dann: Europa müsse ein Motor in der Klimapolitik sein; der
       Klimaschutz sei eine „Menschheitsherausforderung“.
       
       Im Folgenden gesteht Merkel ein, dass Deutschland die Klimaziele für 2020
       verpasst habe, die Ziele für 2030 werde man darum „verlässlich erreichen“
       müssen. Wie? Die Bepreisung und Besteuerung von Kohlendioxid sei richtig,
       das Geld, das der Staat dabei einnimmt, solle an die Bürger zurückgehen,
       „damit sie den Umstieg mit uns schaffen können“. Es werde Geld kosten, wenn
       Deutschland den Klimaschutz vorantreibe.
       
       Merkel sagt, der Strom aus erneuerbaren Energien müsse ausgebaut werden,
       und erwähnt explizit Windkraft aus Offshore-Parks. Gerichtsverfahren und
       Einsprüche gegen den Bau solcher Anlagen müssten „verkürzt“ werden, um
       voranzukommen. Dann ein Seitenhieb: Verhindert werden müsse, „dass es eine
       Art Arroganz derjenigen gibt, die in der Stadt leben, gegenüber denen, die
       auf dem Land leben“.
       
       Weiterhin fordert die Kanzlerin einen flächendeckenden Ausbau der
       Breitbandleitungen, Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz.
       Sie lobt die Arbeit der Regierung, die Familien seien um 10 Milliarden Euro
       entlastet worden, der Soli abgeschafft, die kalte Progression ausgeglichen.
       Da meldet sich lauter, die Rede unterbrechender Widerspruch vonseiten
       Christian Lindners. „Das sagt sogar der Bund der Steuerzahler. Sie waren
       doch dabei, Herr Lindner“, antwortet Merkel. Danach hebt die Kanzlerin noch
       das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hervor und bezeichnet die Herstellung
       gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland als „überwölbende“ Aufgabe
       der Koalition. Am Schluss dann der Appell gegen rassistische Angriffe.
       Linke, SPD, CDU und Grüne applaudieren – die AfD nicht.
       
       11 Sep 2019
       
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   DIR Simon Schramm
       
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