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       # taz.de -- Drogenbeauftragte der Bundesregierung: Mit Straßen kennt sie sich aus
       
       > Daniela Ludwig ist Verkehrspolitikerin. Bald soll sie zu Koks, Gras und
       > Alkohol arbeiten. Dass sie da keine Expertise hat, findet ein Minister
       > okay.
       
   IMG Bild: Safer Use: Besser keinen Geldschein nehmen
       
       Berlin taz | Wer Sätze mit einem deutlichen „also“ beginnt, will eine
       Ansage machen, und so tat es auch der Sprecher im Gesundheitsministerium –
       nur dass seine Klarstellung am Donnerstag [1][im Netz ziemlich viel Häme]
       erntete. „Also, der Umstand, dass Frau Ludwig keine drogenpolitische
       Expertise hat, muss ja nicht zwingend dazu führen, dass sie das Amt nicht
       bekleiden kann“, sagte Oliver Ewald mit Blick auf die künftige
       Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Gestellt hatte ihm die Frage Tilo
       Jung ([2][„Jung und Naiv“]).
       
       Ab kommender Woche soll die die CSU-Politikerin Daniela Ludwig das Amt der
       Drogenbeauftragten übernehmen. Noch muss die Personalie vom Bundeskabinett
       bestätigt werden, das gilt jedoch als Formsache. Kritik an der Besetzung
       kommt von unterschiedlichen Seiten; denn es ist unklar, was Ludwig als
       Drogenbeauftragte auszeichnen soll. Bislang ist die 44-Jährige aus
       Rosenheim verkehrspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag.
       
       Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte die Besetzung, formulierte
       jedoch auch niedrigste Anforderungen an Ludwig: [3][Kandidaten für das Amt
       müssten „mitten im Leben stehen“], schrieb er bei Twitter. „Als langjährige
       Bundestagsabgeordnete und ehrenamtliche Kreisrätin bringt Daniela Ludwig
       genau das mit.“ Als Nutzer*innen das kritisierten, setzte die
       CSU-Politikerin bei Twitter selbst einen drauf: Sie fragte rhetorisch, ob
       Justizminister sich denn auch mit Mord auskennen müssten.
       
       [4][Die Organisation Leap] (Law Enforcement Against Prohibition) zeigt sich
       trotz solcher Äußerungen erst einmal gelassen, was die Personalie angeht.
       „Wir werden versuchen, weitestgehend unbeeinflusst durch solche
       Geschichten, auf sie zuzugehen“, sagte der Vorsitzende des Vereins in
       Deutschland, Hubert Wimber, der taz. Wimber arbeitete länger als 15 Jahre
       als Polizeipräsident in Münster und setzt sich gemeinsam mit Richter*innen,
       Staatsanwält*innen und Polizist*innen für eine fortschrittliche
       Drogenpolitik ein.
       
       Seine Wunschbesetzung ist Ludwig nicht, er hätte eine*n Kandidat*in mit
       einem entsprechenden Erfahrungshintergrund gut gefunden. Doch Wimber sagt
       auch: „Wir sind gesprächsbereit und wünschen uns von ihr nicht mehr als
       Dialogbereitschaft.“ Die internationale Entwicklung mit liberaleren
       Gesetzen in anderen Ländern zeige, dass der Weg der Repression in der
       Drogenpolitik gescheitert sei. „Es gilt, sich hier sachkenntlich zu machen
       und in den Diskurs zu treten.“
       
       Den Linken ist die Neubesetzung zu mutlos. „Wir brauchen dringend einen
       drogenpolitischen Neustart, weg von Ideologie, hin zur evidenzbasierten
       Drogenpolitik“, erklärte Niema Movassat, drogenpolitischer Sprecher der
       Fraktion. Dafür sei eine staatlich regulierte Drogenpolitik und eine
       Entkriminalisierung der Konsument*innen nötig.
       
       Ähnliche Worte kommen auch von den Grünen. Dort sagt die drogenpolitische
       Sprecherin, Kirsten Kappert-Gonther, mit Ludwig könne es nur [5][besser
       werden als mit ihrer Vorgängerin Marlene Mortler (auch CSU)].
       
       Mortler machte auf Fragen, warum Alkohol legal sei und Cannabis nicht, mit
       dieser Aussage auf sich aufmerksam: [6][„Weil Cannabis eine illegale Droge
       ist. Punkt.“]
       
       „Auf dem Schwarzmarkt gibt es weder Jugend- noch Gesundheitsschutz“,
       erklärt die Grüne Kappert-Gonther. Auch deshalb bräuchten Heroinabhängige
       bessere Zugänge zu Substitutionsprogrammen, außerdem müsste Cannabis
       staatlich kontrolliert und in Fachgeschäften abgegeben werden. „Kanada
       macht es vor.“
       
       Ob all diese Entwicklungen in der Bundesregierung verfolgt werden, ist
       unklar. Gemeinsam mit dem Schildower Kreis und drei weiteren Organisationen
       hatte Leap den [7][SPD-Politiker Burkhard Blienert als neuen
       Drogenbeauftragten der Bundesregierung vorgeschlagen]. Dieser sei in der
       Koalition durchsetzbar gewesen und hätte als ehemaliger drogenpolitischer
       Sprecher auch die Expertise mitgebracht, sagt Ex-Polizeipräsident Wimber.
       
       Fachkunde wäre für das Amt aber etwas gänzlich Neues, das sagte zumindest
       der Sprecher im Gesundheistministerium auf eine weitere Frage Tilo Jungs:
       „Im Übrigen war es nach meiner Erinnerung auch nicht so, dass die anderen
       Drogenbeauftragten der Bundesregierung in der Vergangenheit da so einen
       Hintergrund hatten.“
       
       12 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/schlaubert/status/1171824667335766017?s=20
   DIR [2] http://www.jungundnaiv.de/
   DIR [3] https://twitter.com/jensspahn/status/1171118022754471936?s=20
   DIR [4] https://leap-deutschland.de/
   DIR [5] https://blogs.taz.de/drogerie/2019/07/11/mortlers-wirken-im-lichte-der-kriminalstatistik/
   DIR [6] https://www.youtube.com/watch?v=OjEpatXrBy8&t=8m
   DIR [7] https://leap-deutschland.de/die-drogenpolitischen-organisationen-empfehlen-burkhard-blienert/
       
       ## AUTOREN
       
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