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       # taz.de -- Mögliches Verbot von Combat 18: Nur leere Worte?
       
       > Nach dem Lübcke-Mord drohte Innenminister Seehofer, Combat 18 zu
       > verbieten. Dann wurde es ruhig. Nun machen Innenminister aus den Ländern
       > Druck.
       
   IMG Bild: Seit Jahren schon mit Hang zur Gewalt: Funde einer Razzia bei Combat 18
       
       BERLIN taz | In einem Großeinsatz rückten Ende August mehr als 1.000
       Polizisten aus, um einen Onlinehandel für Sprengstoff hochzunehmen. 377
       Kilogramm Grundstoffe zum Bombenbau fanden die Beamten, dazu Sprengkapseln,
       Zünder, Langwaffen. Bei einem der 22 Verdächtigen machten die Beamten noch
       einen anderen Fund: Sie stießen auf eine Hakenkreuzfahne – und mehrere
       Combat-18-Shirts.
       
       Derzeit prüfen die Ermittler noch, ob der 29-Jährige aus Soest
       (Nordrhein-Westfalen) tatsächlich in die rechtsextreme Gruppe eingebunden
       war. Wenn ja, dann wäre dies brisant: Denn Combat 18 gilt als eine der
       derzeit militantesten Neonazi-Organisationen hierzulande, als Ableger des
       2000 verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks, das einst über „führerlosen
       Widerstand“ und „Rassenkrieg“ schwadronierte. Und nun ein Anhänger, der mit
       Sprengstoff hantiert?
       
       Das Ermittlungsergebnis bleibt abzuwarten. Aber: Wieder steht „Combat 18“
       im Fokus. Zuletzt war dies bereits Anfang Juni der Fall, nach dem Mord am
       Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Schnell tauchten Fotos auf,
       die den mutmaßlichen Mörder – den Kasseler Rechtsextremisten Stephan Ernst
       – [1][vor Jahren mit Stanley R. zeigen, eine der deutschen
       Combat-18-Größen]. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte
       darauf hinter verschlossenen Türen des Bundestags an, [2][ein Verbot von
       Combat 18 zu prüfen]. Er wolle „alle Register“ im Kampf gegen
       Rechtsextremismus ziehen. Seitdem aber wurde es still.
       
       ## „So schnell wie möglich verbieten“
       
       Nun aber machen Innenminister der Länder Druck. Der Niedersachse Boris
       Pistorius (SPD) sagte der taz: „Wenn wir Combat 18 verfassungsfest
       verbieten können, sollten wir das so schnell wie möglich tun.“ Dem schließt
       sich der Thüringer Georg Maier (SPD) an: „Sollte der Bund ein
       Verbotsverfahren auf den Weg bringen, begrüße und unterstütze ich dieses
       ausdrücklich.“ Nach taz-Informationen schrieb auch der Hesse Peter Beuth
       (CDU) einen Brief an Seehofer mit der Bitte um ein Verbot – Hessen
       jedenfalls „setzt sich dafür ein“.
       
       Seehofer indes gibt sich inzwischen wortkarg. Zu Verbotsüberlegungen äußere
       man sich grundsätzlich nicht, sagt dessen Sprecher nur. In
       Sicherheitskreisen hört man dafür nun, es sei erst mal zu klären, wie
       aktiv, strukturiert und gewaltbereit Combat 18 tatsächlich sei. Und allen
       ist bewusst: Ein Verbot, das am Ende gerichtlich gekippt würde, wäre ein
       Fiasko.
       
       Auch das Bundesinnenministerium erklärte kürzlich noch: „Politisch
       motivierte Straftaten, die Combat 18 zugerechnet werden können, sind
       bislang nicht bekannt.“ Auch gebe es keine Hinweise, dass die Gruppe eine
       „militante oder gar rechtsterroristische Vereinigung darstellt“.
       
       ## Die Neonazis agieren „äußerst konspirativ“
       
       Ist es wirklich so schwer, Combat 18 zu verbieten? 1992 in England
       gegründet, kam die Gruppe Anfang der 2000er Jahre auch nach Deutschland.
       Nach zwischenzeitlicher Flaute [3][formiert sich die Truppe seit 2013 neu].
       Vor allem in die Organisation von Rechtsrockkonzerten soll die Gruppe
       eingebunden sein. Vieles Weitere bleibt unklarer: Combat 18 verpflichtet
       seine Mitglieder zur Verschwiegenheit. Auch die Sicherheitsbehörden
       konstatieren ein „äußerst konspiratives“ Vorgehen.
       
       An der verfassungsfeindlichen Ideologie der Gruppe, die sich selbst als
       „Kampfgruppe Adolf Hitler“ sieht, besteht jedoch kein Zweifel. Auch das
       Bundesinnenministerium sieht in Combat 18 aktuell eine „neonazistische,
       rassistische, fremdenfeindliche, demokratiefeindliche und gewaltbereite
       Gruppierung“.
       
       Und auch feste Strukturen scheint die Gruppe zu haben: In internen
       Richtlinien ist die Rede von Mitgliedsbeiträgen, Sektionen und einer
       „Kleiderordnung“. Die Sicherheitsbehörden selbst machen „regionale Gruppen“
       aus, wenn auch in überschaubarer Zahl. Wohl aber gebe es einen
       „kontinuierlichen Ausbau von festen C18-Strukturen“ und eine aktuelle
       Mitgliederzahl im „niedrigen zweistelligen Bereich“.
       
       Ebenso sind ihnen führende Köpfe bekannt. Einer ist der besagte Ex-Kasseler
       Stanley R., den das hessische Landeskriminalamt schon vor Jahren intern als
       „Deutschlandchef“ von Combat 18 bezeichnete – und als enorm gewaltbereit.
       Oder Robin S. aus Dortmund, vom Verfassungsschutz ebenfalls als
       „Hauptakteur“ der Gruppe benannt – ein früherer Brieffreund Beate Zschäpes
       und lange Jahre in Haft, weil er einen Migranten niederschoss. Zuletzt trat
       S. offen mit Combat-18-Kleidung auf, auf dem Bein soll er ein „C18“-Tattoo
       tragen.
       
       ## Eigene CD mit Hakenkreuz-Cover
       
       Zudem ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München bereits seit Dezember
       2018 gegen zwölf Rechtsextreme, denen sie den [4][Wiederaufbau des
       verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks vorwirft]. Einer der Beschuldigten:
       Stanley R. Maßgeblich geht es nach taz-Informationen um den Vertrieb einer
       CD – die offen den Titel Combat 18 trägt, samt Gruppenemblem und
       Hakenkreuz. „Hail to Combat 18, hail to the terrormachine“, heißt es in
       einem Song der CD. Als Stanley R. und die anderen wegen der Vorwürfe in
       Haft genommen wurden, hissten Gleichgesinnte in Detmold ein
       Combat-18-Banner: „Freiheit für unsere inhaftierten Brüder“.
       
       Erkenntnisse über Strukturen der Gruppe liegen den Behörden also vor. Und
       auch Straftaten der Gruppe sind ihnen sehr wohl bekannt – wie nicht nur das
       Verfahren in München zeigt. So zählte das Bundeskriminalamt allein in NRW
       zuletzt 84 Straftaten, die „Combat 18“-Mitgliedern zugerechnet werden:
       darunter gefährliche Körperverletzungen und Verstöße gegen das
       Waffengesetz. Zudem nahmen Spezialkräfte bereits im Herbst 2017 ein Dutzend
       „Combat 18“-Mitglieder fest, als diese von einem Schießtraining aus
       Tschechien kamen, mitsamt Munition im Auto. Zwei von ihnen wurden auch
       verurteilt. Wieder mit dabei: Stanley R.
       
       Die Grundlagen für ein Verbot scheinen also gegeben. Und Combat 18 macht
       auch nach der Verbotsandrohung einfach weiter. Schon kurz nach dem
       Lübcke-Mord veröffentlichte die Gruppe ein Video, in dem [5][ein Maskierter
       – offenbar der Dortmunder Robin S. – eine „Klarstellung“ verlas]: Man habe
       mit der Tat nichts zu tun. Man lebe aber in einer Zeit, in der sich jeder
       „selbst schützen“ müsse, das Vertrauen in die Politik sei „vollkommen
       zerstört“.
       
       ## In Kanada zur Terrorvereinigung erklärt
       
       Wenig später gingen Bombendrohungen bei mehreren Moscheen und den
       Parteizentralen von SPD und Linken ein – unterschrieben mit Combat 18. Ob
       die Gruppe wirklich dahintersteckt, wird noch geprüft. Auch bei
       Rechtsrockkonzerten tauchte die Truppe weiter auf, zuletzt zeigten sich
       Neonazis bei Festivals in Ostritz und Themar offen in Combat-18-Kleidung.
       
       Die Länder-Innenminister drängen nun zum Handeln. Der Niedersachse
       Pistorius verweist auf Länder wie Kanada, in denen Combat 18 gar zu einer
       terroristischen Vereinigung erklärt wurde: „Ich finde, dass
       Bundesinnenministerium sollte schnell und gründlich prüfen, ob das Verbot
       dieses Netzwerkes in Deutschland möglich ist.“
       
       15 Sep 2019
       
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