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       # taz.de -- Klimapaket der Bundesregierung: Groko streitet über Starterlaubnis
       
       > Die Koalition in Berlin ringt weiter um das Klimapaket. Kanzlerin Angela
       > Merkel wird ungeduldig und mahnt den Willen zu einem „wirklichen
       > Kraftakt“ an.
       
   IMG Bild: Hochfliegende Ankündigungen, keine konkreten Vorschläge. Verkehrsminister Scheuer
       
       Berlin taz | Zu Beginn der entscheidenden Woche für den Klimaschutz in
       Deutschland [1][ist in der CDU/CSU/SPD-Koalition] die Stimmung besser als
       die Lage. Der Koalitionsausschuss am Freitagabend habe effizient und
       sachlich gut gearbeitet, hieß es aus Koalitionskreisen, für nächsten
       Freitag sei ein gutes Ergebnis zu erwarten. Auch Bundeskanzlerin Merkel
       versprach, die „Regierung wird am Freitag im Klimaschutz wichtige
       Entscheidungen fällen“. Dabei liegen die Positionen der Regierungspartner
       in wichtigen Fragen noch weit auseinander. Und wie zielführend die
       geplanten Maßnahmen für einen Klimaschutz sind, der wirksam und
       kosteneffizient sein soll, ist unter Experten bereits umstritten.
       
       Nach fünf Stunden Beratung hatten sich die Koalitionsspitzen am
       Freitagabend ohne Ergebnis vertagt. Vor der entscheidenden Sitzung des
       „Klimakabinetts“ am 20. September soll es nun am Donnerstag ein weiteres
       Treffen geben. Am Montag will der Bundesvorstand der Union ein Konzept
       „Klimaeffizientes Deutschland – mit Innovationen in die Zukunft“
       beschließen.
       
       In dem 23-seitigen Papier, das der taz vorliegt, ist viel von Förderung von
       Innovationen und viel Geld für Investitionen die Rede, aber nicht von
       Verboten oder Zwang. Das Konzept fordert unter anderem eine Abwrackprämie
       für Ölheizungen, Subventionen für den Aufbau von Ladestellen für E-Mobile,
       billigere Bahntickets und eine Steuerreform. Enddaten für den Verkauf von
       Verbrennungsmotoren oder fossil betriebenen Heizungen sieht es nicht vor.
       
       Mit dem Papier legt die Union sich auf einen Emissionshandel fest, um dem
       CO2 einen Preis zu geben. Dabei sollen Verkäufer von Diesel, Benzin, Öl und
       Gas für Gebäude und Verkehr in Zukunft CO2-Zertifikate kaufen müssen, deren
       Menge über die Jahre gesenkt wird. Die SPD favorisiert dagegen eine höhere
       Steuer auf die fossilen Brennstoffe, was einfacher und schneller umzusetzen
       wäre. Allerdings hat SPD-Umweltministerin Svenja Schulze schon
       signalisiert, dass sie „nicht an der Steuer klebe“. Wichtig sei, dass das
       System verlässlich CO2 reduziere und das eingenommene Geld an die
       Bevölkerung wieder zurückgegeben werde.
       
       Was im Getöse rund um den CO2-Preis manchmal untergeht: Am Freitag will das
       Klimakabinett einen großen Wurf verabschieden, mit dem die Kanzlerin beim
       UN-„Klimaaktionsgipfel“ am 23. September in New York glänzen kann. Dazu
       gehört ein Entwurf für ein Klimaschutzgesetz, das laut Koalitionsvertrag
       noch 2019 durch den Bundestag gebracht werden soll – und an dessen Qualität
       die SPD entscheiden will, ob sie in der Koalition bleibt. Auch soll der
       Kohleausstieg endlich rechtlich umgesetzt werden und eine Menge
       verschiedener Maßnahmen zur CO2-Reduktion beschlossen werden. Diese
       Maßnahmen sollen den größten Teil der CO2-Einsparungen bis 2030 erbringen,
       nur der Rest soll über den CO2-Preis erbracht werden.
       
       ## Katalog mit großen Lücken
       
       Wie effektiv diese Maßnahmen sind, ist allerdings fraglich. Beim Verkehr,
       der größten Baustelle, hat das CSU-geführte Ministerium zwar einen Katalog
       vorgelegt, der aber nach Meinung von Experten große Lücken hat. Nähere
       Daten sind schwierig zu bestimmen, weil ein „Kreuzgutachten“ zur
       Überprüfung der Angaben an fehlenden Daten aus dem Verkehrsministerium
       scheiterte.
       
       Auch die Finanzierung ist weiter unklar. Insgesamt schätzen Experten die
       Kosten der Maßnahmen auf 30 bis 40 Milliarden Euro bis 2030. Allein die
       Vorschläge für den Verkehr machen allerdings schon 75 Milliarden aus. Das
       Geld soll nach Willen der Union aus einem „Klima- und Innovationsfonds“
       kommen, der über eine Anleihe oder eine Stiftung durch private Anleger mit
       Staatshilfen finanziert werden könnte: Private Anleger könnten Kapital mit
       guten Zinsen anlegen, der Staat würde Milliarden zuschießen. Das alles
       würde verhindern, dass die Regierung neue Schulden aufnehmen und die
       „schwarze Null“ beerdigen müsste. Die SPD lehnt diese
       Finanzierungsvorschläge daher ab.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel machte vor den Entscheidungen ebenfalls
       Druck. In ihrem Podcast am Wochenende forderte sie, „wir müssen unsere
       Hausaufgaben machen“, die Beschlüsse seien „dringend notwendig“. Es brauche
       mehr Akzeptanz für die Erneuerbaren und den Willen zu einem „wirklichen
       Kraftakt“. Es klang wie ein Appell vor allem an ihre eigene Partei.
       
       16 Sep 2019
       
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