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       # taz.de -- Neue Netflix-Serie „Skylines“: Frankfurts Dreifaltigkeit
       
       > Die deutsche Produktion „Skylines“ behandelt Drogen, Immobiliendeals und
       > Gangster-Rap. Klischees zum Trotz porträtiert sie glaubhaft das
       > Rap-Business.
       
   IMG Bild: Bei „Skylines“ spielen echte Rapper mit: Wie Nimo (r.), der über Drogen und Kriminalität rappt
       
       Mit seinen Fingern schlägt der Künstler Jinn (Edin Hasanović) auf die bunt
       leuchtenden Tasten seiner Drum-Machine, das Publikum jubelt. Versunken in
       seiner Musik performt er live bei einem Rap Battle. Hinten, am Ende des
       Raums, beobachten ihn drei Männer, einer von ihnen ist der Talentscout
       Semir (Sahin Eryilmaz) des berühmten Gangster-Rap-Labels Skylines. Später,
       nach Jinns Auftritt, wird Semir ihn in die Büros von Skyline einladen und
       sagen: „Die Old-School-Synthies sind baba.“
       
       Zugegeben, [1][es ist ein klischeehafter Einstieg] in die am Freitag
       startende Netflix-Serie „Skylines“. Und es folgen noch weitere
       Klischee-Momente: Wenn die Drohne über die leuchtenden Bankentürme in
       Frankfurt am Main fliegt, Junkies im Bahnhofsviertel auf dem Boden nach
       Crack suchen oder der Satz fällt: „Da hätten wir gleich in Offenbach
       bleiben können.“
       
       Das Crime-Drama handelt, kurz gesagt, von der (Vorsicht, wieder Klischee!)
       Dreifaltigkeit FFMs: Immobiliengeschäften, Drogen und Gangster-Rap. Im
       Teaser zur Serie wird deshalb auch passend die Zeile „Bankenmetropole,
       Junkies, Crack und Kohle“ gerappt.
       
       ## Familienloyalitäten, Korruption und Drogenfahndung
       
       „Skylines“ ist die vierte deutschsprachige Produktion von Netflix. Auf den
       ersten Blick erinnert sie an [2][Serien wie „Dogs of Berlin“] oder [3][„4
       Blocks“]. Alle drei Produktionen gehen um ähnliche Probleme, Charaktere und
       Milieus. Familienloyalitäten, Korruption und Drogenfahndung sind ebenso
       Thema wie Polizist*innen, die das aufdecken wollen. Die Autoren Dennis
       Schanz und Luis Singer bringen aber noch eine weitere Komponente hinzu, die
       die Miniserie von anderen abhebt: den Gangster-Rap.
       
       Es entstehen vier Dramen, die gleichzeitig erzählt werden. Drama eins: Der
       zentrale Konflikt dreht sich um das fiktive Gangster-Rap-Label Skyline
       Records. Nachdem Jinn von Skylines abgeworben wird, verliert er sich nach
       und nach in der Musikwelt, lässt Familie und Freund*innen im Stich.
       
       Drama zwei: Starrapper Kalifa (Murathan Muslu), der es von Offenbach nach
       Frankfurt geschafft hat und nun Skylines leitet, wird von seinem Bruder
       Ardan (Erdal Yildiz) überrascht. Dieser kehrt nach vielen Jahren nach
       Frankfurt zurück und will sich ein neues Leben in der Stadt aufbauen – mit,
       Überraschung, Drogengeschäften.
       
       Drama drei: Dann wäre da noch der Banker Raimund (Richy Müller), Vater von
       Jinn, der an unsauberen Immobilieninvestments beteiligt ist und so vom
       Brexit profitieren will. Er wird erpresst und holt sich Hilfe von einem
       Auftragskiller.
       
       Drama vier: Die Polizistin Sara (Peri Baumeister) wird zur Gegenspielerin
       Ardans, den sie noch aus ihrer Jugend kennt. Ihr Ziel: „Unsere Stadt
       sicherer machen“.
       
       Für eine Serie mit nur sechs Folge ist es zu viel Stoff. Deswegen ist es
       wenig überraschend, dass die Serie oft den Fokus verliert und sich in
       Eskalationsszenen verliert. Kurz vor Ende, wenn eine Gewaltszene auf die
       andere folgt, fragt man sich, wie es so weit kommen konnte.
       
       ## Authentische Erzählung
       
       Dabei ist die Erzählung um das Rap-Business das entscheidende Detail, das
       in „Skylines“ am authentischsten erzählt wird. Deutsche Rap-Größen wie
       Nimo, Azzi Memo oder Olexesh spielen in der Serie mit. Ihre
       schauspielerische Leistung wirkt teilweise etwas holprig, doch dadurch sind
       sie glaubwürdig. Auch Rapper*innen wie Nura, Miss Platnum, Celo & Abdi,
       Azad und MC Bogy verkörpern sich selbst in der Serie. Sie alle haben auch
       den Soundtrack zur Serie beigesteuert.
       
       Wie authentisch dieses Milieu dargestellt wird, zeigt auch der Vorwurf des
       Frankfurter Rappers Cousin JMF, bürgerlich Jan Lehmann. Der will sich
       nämlich in „Skylines“ wiedergefunden haben. Netflix soll die
       Persönlichkeits- und Markenrechte von Lehmann verletzt haben, berichtet das
       Redaktionsnetzwerk Deutschland. Denn Lehmann habe bereits 2003 das
       Frankfurter Label Skyline Records gegründet und sich die Markenrechte dafür
       gesichert.
       
       „Wir sagen nicht, seine Lebensgeschichte wurde nachgedreht. Aber es gibt
       einige Parallelen, die uns nachdenken lassen“, [4][sagte Lehmanns Anwalt
       der Gießener Allgemeinen]. Bislang hat Netflix die Anschuldigungen
       zurückgewiesen, „Skylines“ erscheint wie geplant am Freitag. Der
       Rechtsstreit sei aber noch nicht vom Tisch. So geht es wenigstens außerhalb
       der Serie um das entscheidende Drama, nämlich Skyline Records.
       
       26 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /ZDF-Sendung-ueber-Clans-in-Neukoelln/!5606982
   DIR [2] /Netflix-Serie-Dogs-of-Berlin/!5553999
   DIR [3] /Zweite-Staffel-4-Blocks/!5540207
   DIR [4] https://www.giessener-allgemeine.de/giessen/skylines-netflix-giessener-anwalt-will-serie-starten-lassen-doch-streit-geht-weiter-13008971.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erica Zingher
       
       ## TAGS
       
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