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       # taz.de -- Iran-Gipfel in New York: Falken unter sich
       
       > In New York haben Politiker, Beamte und Geheimdienstler über den Konflikt
       > mit dem Iran gesprochen. Ihr Kurs wird härter.
       
   IMG Bild: Pflichtübung für Rouhani und Guterres: Händeschütteln abseits des Gipfels
       
       New York taz | „Wir müssen sie auspressen“, beschreibt Sigal Mandelker ihre
       Arbeit. Als hätte sie beruflich mit Früchten zu tun, aus denen sie den Saft
       holt: „Wir müssen den Iran seiner Einkünfte berauben, die er benutzt, um
       schlechte Taten zu begehen.“
       
       Aus dem Publikum in dem Konferenzraum des 5-Sterne-Hotels in New York
       kommen „Danke“-Rufe. Die Staatssekretärin für Terrorismus und
       Finanzinformationen ist in der [1][Regierung von Donald Trump] zuständig
       für die Umsetzung des „maximalen Drucks“ – für die Politik, die an die
       Stelle des [2][Atomabkommens mit dem Iran] getreten ist, das Trump im
       letzten Jahr verlassen hat.
       
       Mandelker sorgt dafür, dass die immer neuen Sanktionen von Washington gegen
       den Iran eingehalten werden, dass weder US-amerikanische noch ausländische
       Unternehmen Geschäfte mit dem Land machen. „Das sind Kriegshandlungen“,
       unterbricht eine Frau: „Ihr tötet Menschen.“ Sie wird aus dem Saal
       gedrängt. „Ihr seid die Terroristen“, ruft ein Mann, „im Iran bekommen die
       Leute keine Medizin mehr.“ Auch er verschwindet zwischen kräftigen
       Saalordnern, die zupackbereit in den Gängen warten.
       
       Dann erhebt sich ein junger Mann. Weil nicht sofort klar ist, zu welcher
       Seite er gehört, schafft er es, mehrere Sätze zu sagen. „Ich war 2009 ein
       Student in Teheran“ sagt er, „ich war auf der Straße und habe demonstriert.
       Mit dem, was ihr hier tut, zerstört ihr die sozialen Bewegungen im Iran –
       die der Arbeiter und die der Frauen.“ Weiter kommt er nicht. Das Publikum
       überklatscht ihn. Als auch hinter ihm die Türen zuknallen, hebt der
       Moderator zu einem Lob auf die Meinungsfreiheit in den USA an: „Es wäre
       schön, wenn sie auch im Iran das Recht hätten, zu protestieren“.
       
       ## Iran-Gipfel ganz ohne iranische Sprecher
       
       „Iran-Gipfel“ heißt die eintägige Veranstaltung, die alljährlich während
       der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York die „Falken“ der
       US-amerikanischen Iran-Politik zusammenbringt. Am Mikrofon lösen sich
       hochkarätige Politiker, Beamte, Experten und Geheimdienstler ab. Sie kommen
       aus den USA, aus Europa und aus den Golfstaaten.
       
       Der Iran-Beauftragte von Trump, Brian Hook, sitzt in der ersten Reihe. Auch
       ein früherer Chef des BND, August Hanning, ist gekommen. Aber kein Iraner
       spricht beim Iran-Gipfel. Die freundlichste Begrüßung erhält der
       israelische Botschafter. Im Publikum sitzen Vertreter zahlreicher
       konservativer jüdischer Organisationen.
       
       In diesem Jahr gibt es beim „Iran-Gipfel“ jede Menge zu feiern.
       [3][US-Außenminister Mike Pompeo], der Eröffnungsredner am Mittwochmorgen,
       listet die Erfolge auf. Die britisch-deutsch-französische Erklärung vom
       Anfang dieser Woche bezeichnet er als „Anfang vom Aufwachen“ der Europäer:
       „Sie haben sich der Realität angeschlossen.“
       
       Aus Pompeos Sicht gehören auch die „50 Milliarden Dollar pro Jahr“, die dem
       Iran durch Washingtons Druck entgingen, zu den Erfolgen. Mehr als 30 Länder
       hätten sich den US-Sanktionen angeschlossen. Das ist „effizienter
       Multilateralismus“ schwärmt Pompeo. Dann gibt er der Versammlung ein
       besonderes Bonbon, das sein Außenministerium erst mehrere Stunden später
       veröffentlichen wird: Die USA werden ihr Sanktionsregime auf mehrere
       chinesische Unternehmen ausdehnen, die iranisches Öl transportieren.
       Beifall.
       
       ## Washingtons Erzieher in Berlin
       
       Später am Tag stellt der amerikanische Botschafter in Berlin, Richard
       Grenell, die Erklärung der Europäer dar, als sei sie das Ergebnis der
       Arbeit des Außenministeriums in Washington. Niemand widerspricht ihm. Sein
       nächstes Ziel in Deutschland ist es, dafür zu sorgen, dass Berlin die
       Hisbollah zu einer terroristischen Vereinigung erklärt.
       
       Grenell beschreibt seine Arbeit in Berlin, als sei er ein von Washington
       entsandter Erzieher. Es gehe darum, sagt er, „den Europäern die Wahrheit
       zeigen“. Weil er bei Politikern in Berlin mit seiner Aufklärung auf
       Widerstand stößt – O-Ton: „Unsere SPD-Freunde wollen keine
       Kampfhubschrauber, sondern eher ein Kindergartenprogramm“ –, wendet sich
       Grenell vor allem an Unternehmenschefs, um ihnen den „Maximum Pressure“ zu
       erläutern. „Ihr habt die Wahl“, sagt er ihnen, „entweder macht Ihr
       Geschäfte mit dem Iran oder mit uns“.
       
       Angela Merkel, Boris Johnson und Emmanuel Macron haben ihre Erklärung unter
       dem Eindruck der Attacke auf Ölanlagen in Saudi-Arabien gemacht und – so
       steht es in ihrem Text – verstehen sie keineswegs als das Ende des
       Atomabkommens JCPOA. Aber bei dem „Iran-Gipfel“ in New York wird die
       Dreiererklärung wie das Einordnen der Europäer hinter Trump gefeiert. Und
       wie das Ende des JCPOA.
       
       Am Tag zuvor hatte Teheran die Veranstalter des Gipfels zu einer
       „terroristischen Vereinigung“ erklärt. Die Veranstalter verstehen das als
       Auszeichnung. „Ihr seid die nettesten Terroristen, die ich kenne“, begrüßt
       ein Moderator seine Runde. Die Gruppe „United Against Nuclear Iran“ ist
       einst von Diplomaten in Washington gegründet worden.
       
       Sie ist eine Lobby, der sich „Falken“ von Demokraten und Republikanern
       angeschlossen haben. Ihr Vorsitzender ist Joseph Lieberman, ein ehemaliger
       Senator, der im Jahr 2000 beinahe der Vizepräsident der USA geworden wäre.
       Damals war Lieberman noch Demokrat. An diesem Mittwoch dankt auch er Trump
       für dessen Politik. Liebermans Begründung: „Sie hat die Landschaft
       verändert, sie schadet der (iranischen) Regierung und sie macht das Volk
       wütend.“
       
       26 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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