URI: 
       # taz.de -- Der Holocaust in der Ukraine: Wenn die Erinnerung zurückkehrt
       
       > Mehr als eine Million Opfer sind fast vergessen. Sie liegen verscharrt in
       > Massengräbern. Die Initiative „Erinnerung bewahren“ will das ändern.
       
   IMG Bild: Chasyn nahe der Stadt Berdychiv: Eröffnungszeremonie für eine neue Gedenkstätte
       
       Berdychiv/Wachniwka/Barachi/Plyskiv taz | Mykhaylo Vainshelboim steht auf
       einem kleinen Hügel in einer von Büschen und schwachen Bäumen auf sandigem
       Boden geprägten hügeligen Landschaft. Der alte Mann mit seiner schwarzen
       Mütze auf dem Kopf hält sich zurück, lässt andere sprechen. Da ist der
       Bürgermeister des nahen Dorfs Chasyn, der die Erinnerung beschwört, Kinder,
       die die Geschichte von damals erzählen. Michaela Küchler vom Auswärtigen
       Amt ist aus Berlin gekommen und redet, und Uwe Neumärker, der Direktor der
       Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, gibt ein „Bekenntnis zur
       deutschen Täterschaft“ ab. Dann spricht ein Rabbiner das Kaddisch, das
       jüdische Totengebet.
       
       Denn die Senke hinter dem Hügel birgt ein Massengrab. Ab August 1941, nur
       Wochen nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni, nutzte
       die deutsche SS das Gelände, um dort wiederholt Juden zu erschießen.
       Tausende Menschen sind dort begraben. Tausende weitere liegen in anderen
       rasch ausgehobenen Gruben um die ukrainische Stadt Berdychiv, am früheren
       Flugplatz, auf Feldern, in der Nähe von Siedlungen.
       
       Mykhaylo Vainshelboim aber lebt. Als der damals 16-Jährige Ende Oktober
       1941 in einer Menschenkolonne in ein Feld geführt wurde, als die SS dort
       die Gefangenen zum Entkleiden aufforderte, als die nackten Menschen zu der
       Grube geführt wurden, um dort erschossen zu werden, da versteckte sich
       Vainshelboim im hohen Gras, robbte fort von der Mordstätte und fand ein
       Versteck bei einer ukrainischen Familie. Später haben Polizisten ihn
       festgenommen, doch er konnte erneut fliehen.
       
       Er hat dreißig seiner Familienangehörigen verloren, aber heute, an dem Tag,
       an dem 78 Jahre nach den Verbrechen endlich ein würdiges Mahnmal eingeweiht
       wird, wird Vainshelboim es sich mit seinen 94 Jahren nicht nehmen lassen,
       stundenlang im Bus sitzend von einem Massengrab zum nächsten zu fahren und
       der Toten zu gedenken. Endlich.
       
       ## In der UdSSR war Gedenken an den Holocaust nicht opportun
       
       Denn in der Sowjetunion war ein Gedenken an die jüdischen Opfer nicht
       vorgesehen. Der Holocaust sollte im Vielvölkerstaat keine gesonderte
       Beachtung finden. Deshalb finden sich rund um Berdychiv immer wieder kleine
       Gedenksteine, auf deren Aufschrift von „friedlichen Sowjetbürgern“ die Rede
       ist, die dort ermordet wurden – wer da aus welchem Grund getötet worden
       war, das durfte nicht geschrieben stehen. Deshalb verrotteten die
       Grabstätten über die Jahrzehnte, bis sich kaum jemand mehr ihrer erinnerte,
       bis die Gedenksteine zerbrachen und die Einfriedungen verschwunden waren.
       Und deshalb kommt die deutsch-ukrainische Initiative „Erinnerung bewahren“,
       die in diesen Tagen Stätten des Massenmords an den Juden in der Ukraine
       tatsächlich zu Orten des Erinnerns macht, reichlich spät.
       
       Aber andererseits: Besser jetzt als nie.
       
       Daria Cherkassaya ist eine derjenigen, die dieses Erinnern ermöglicht
       haben. Die Archäologin wurde in Kiew geboren, als die UdSSR gerade
       unterging, und arbeitet heute an einer englischen Universität. Die junge
       Frau mit langen dunklen Haaren hat die Massengräber wissenschaftlich
       untersucht. „Wir arbeiten mit non-invasiven Methoden, etwa mit Radar, um
       die Totenruhe nicht zu stören“, berichtet sie. „Man kann damit die Struktur
       des Bodenmaterials erkennen, nicht einzelne Knochen. Deshalb suchen wir
       auch in Archiven nach schriftlichem Material. Unser Ziel ist es,
       festzustellen, wie groß diese Gräber sind. Der Schutz ist sehr wichtig,
       denn wir haben ein großes Problem mit Plünderern.“
       
       Darum erhalten die Grabstätten nicht nur ordentliche Zugänge und
       Informationstafeln, und auch die alten Gedenksteine aus Sowjetzeiten,
       selbst schon historisch, werden in die Anlage integriert. Das Todesfeld
       wird mit großen Steinen markiert und abgegrenzt. Die Bewohner der kleinen
       Städte und Dörfer organisieren zur Einweihung die Gedenkfeierlichkeiten,
       mit Nationalhymne, Flaggen, Frauen in Tracht, Popen und Schulkindern. Sie
       sind es auch, denen der Schutz der Gräber anvertraut wird.
       
       ## Die Frau, die die Gedenkorte beschützen will
       
       Taisa Slobodianiuk lautet der Name einer Frau, die diese Aufgabe übernehmen
       wird. An einem windigen Septembermittag steht sie mit ihrer roten
       Regenjacke auf einer Lichtung in einem dichten Wald. Neben ihr liegt eine
       quadratische Anlage, mit Schotter belegt und mittels einer Steinmauer
       umgrenzt. Eine Stele verweist auf das Geschehene, und eine Inschrift
       erinnert an die Opfer. Hier liegen mehr als 400 Jüdinnen und Juden aus dem
       nahen Dorf Wachniwka begraben, erschossen wohl am 3. Juni 1942 von
       deutschen Polizisten unter tätiger Mithilfe ihrer ukrainischen Kollegen.
       Bei kleinen Kindern sparte man sich die Kugeln und warf sie lebendig in die
       Grube.
       
       Vor Kurzem noch war die Anlage aus Sowjetzeiten verrottet. Schon Taisa
       Slobodianiuks jüdische Mutter hatte sich über Jahrzehnte darum bemüht, die
       Erinnerung an die Gemeinde zu bewahren. Nicht immer stieß sie dabei bei den
       Bürgern von Wachniwka nur auf Zustimmung. Heute ist es die Tochter, die
       verspricht, die neu errichtete Gedenkstätte zu pflegen. „Ich werde mich
       darum kümmern, solange ich lebe“, sagt sie. „Ich werde Hilfe aus dem Dorf
       erhalten. Immer am 3. Juni werden wir hier eine Gedenkveranstaltung
       abhalten.“
       
       Mehr als 2.000 Massengräber, über eine Million ermordeter Juden alleine in
       der heutigen Ukraine: In der ehemaligen Sowjetunion errichteten die Nazis
       keine Vernichtungslager, so wie in Auschwitz oder Treblinka im besetzten
       Polen. Hier geschah der Massenmord nicht industriell, sondern in
       Handarbeit: durch die Kugeln aus den Gewehren der speziell dafür
       begründeten Einsatzgruppen und weiterer Einheiten. Es waren keineswegs nur
       fanatische SS-Männer, die da tätig waren, sondern vielerorts ganz normale,
       zum besonderen Dienst versetzte Polizisten.
       
       ## Der Holocaust in der UdSSR: Handarbeit mit dem Gewehr
       
       Wie das vor sich ging, darüber gab der Schutzpolizist Erwin C. im Jahr 1962
       bei einer Vernehmung in der Bundesrepublik Auskunft. Er kam bei Minsk in
       Weißrussland zum Einsatz:
       
       „Außerhalb waren Massengräber ausgehoben, an denen jeweils Juden schon
       zusammengetrieben waren. Wir vom Einsatzkommando hatten lediglich die
       Erschießungen durchzuführen. Die jüdischen Opfer wurden in Reihen zu etwa
       10 an den Grubenrand gestellt, und wir hatten diese auf Kommando mit
       Karabinern zu erschießen. Zwei Mann von uns mussten jeweils auf ein Opfer
       schießen. Die Erschießungen waren so organisiert, dass wir uns gegenseitig
       ablösen durften. Wenn 2–3 Reihen erschossen waren, traten die nächsten
       Kollegen vor und erschossen wieder zwei bis drei Reihen.“
       
       Die genaue Zahl der Opfer wird sich wohl niemals feststellen lassen. Ab
       1942 sorgten die Männer der streng geheimen „Aktion 1005“ – der Name wurde
       von dem entsprechenden Aktenzeichen abgeleitet – dafür, dass die Opfer
       vieler der Mordstätten zu Asche verbrannt wurden. Die SS wollte so ihre
       Verbrechen vor dem heranrückendem Feind verbergen. In der Schlucht Babij
       Jar bei Kiew verbrannten die Mörder mehr als 33.000 ihrer Opfer. Doch in
       vielen Fällen, so wie in der Zentralukraine, kamen die Täter zu spät und
       die Rote Armee befreite die Gebiete 1944, bevor die Massenmorde vertuscht
       werden konnten.
       
       Danach untersuchte eine sowjetische historische Kommission die Tatorte. Die
       Archäologin Cherkassaya erzählt: „Sie hatten keine perfekte Methodik. Sie
       hatten auch keine Erfahrung. Wenn die Kommission Massengräber fand, dann
       öffnete sie einen kleinen Teil und rechnete die Zahlen dann hoch. Diesen
       Zahlen kann man nicht trauen.“ Immerhin ist durch diese Untersuchungen die
       Lage fast aller Mordstätten bekannt.
       
       Heute leben von einstmals über zwei Millionen noch etwa 65.000 Juden in der
       Ukraine.
       
       ## Knochen der Opfer auf einem Massengrab
       
       Mykhaylo Vainshelboim, der Überlebende, ist nach der Feier in der neu
       gestalteten Gedenkstätte Chasyn in einen Kleinbus gestiegen. Es geht in die
       Stadt Berdychiv, danach auf holprigen Wegen hinaus in die Felder. Im Bus
       sitzt jetzt auch Kalina Schulatita, eine 87-jährige Dame mit lockigem
       weißen Haar, bekleidet in einem perfekt sitzendem schwarz-weißen Kleid,
       eine silberne Brosche an der Brust.
       
       Schulatita berichtet: „Ich war damals neun Jahre alt. Ich ging betteln, um
       die Familie zu versorgen. Eine Frau hat uns geholfen. Ihr Apartment in
       Berdychiv war zerstört, aber wir durften unten im Keller wohnen. Ich durfte
       tagsüber nicht hinaus. Zwei Jahre lang ging das so. Die Frau gab uns zu
       essen. Sie arbeitete in der Kantine der Deutschen. Sie kam nachts und
       brachte uns die Essensreste.“ So überlebte Kalina zusammen mit ihrer
       Mutter. Erst 1990 habe sie es zum ersten Mal gewagt, ihre Geschichte zu
       erzählen.
       
       Dann stoppt der Bus auf einem staubigen Feldweg mitten in der topfebenen
       Landschaft. Früher befand sich in der Nähe ein Flugplatz der deutschen
       Luftwaffe. Einige Meter vom Fahrzeug entfernt, dort, wo ein paar Birken
       stehen, wächst eine längliche unnatürliche Erhebung aus dem von
       vertrocknetem Gras bewachsenen Boden: ein Massengrab. Hier gibt es keine
       Gedenkstätte, hier steht nur verloren ein kleiner Stein, der davon
       berichtet, dass „sowjetische Zivilisten bestialisch gequält und ermordet“
       worden seien.
       
       Ein Blick auf den Boden: Zwischen den Gräsern liegt ein Knochen, offenbar
       von einem Oberschenkel. Einige Meter entfernt finden sich weitere
       Knochenreste. Weiter hinten liegen in die Erde gegrabene Löcher – Spuren
       von Grabräubern.
       
       Mykhaylo Vainshelboim und Kalina Schulatita sind ausgestiegen und laufen
       durch das Gras. Haben sie die Knochen bemerkt? Ein Rabbiner spricht das
       Kaddisch. Danach geht es im Bus weiter, zum nächsten Massengrab.
       
       Man sagt, dass der Mensch sich mit der Wiederholung an die Schrecken
       gewöhne. Aber nicht hier, nicht in dieser Einöde nahe der Stadt Berdychiv,
       die einmal ein jüdisches Zentrum war, bis die Nazis es auslöschten. Nicht
       an der nächsten Mordstätte, mitten auf einem bewirtschafteten Acker
       gelegen, wo, von Bäumen eingerahmt, 8.000 Opfer auf vielleicht acht mal
       dreißig Meter Fläche ruhen, die sich nach oben wölbt, wo sich erneut Spuren
       von Grabräubern finden und der Rabbiner sagt, er habe davon gehört, dass in
       der Ukraine „Holocaust-Knochen“ im Internet verkauft würden, bevor er das
       Totengebet spricht. Und auch nicht am nächsten und übernächsten Ort des
       Massenmords, wieder mit Bäumen bestanden, wieder mit den Löchern von
       Plünderern übersät und ohne ein würdiges Zeichen des Gedenkens.
       
       Ja, sagt Kalina Schulatita, es sei für sie sehr hart, heute hier zu sein.
       „Nicht nur heute, die ganze Woche lang habe ich nicht geschlafen und war
       sehr aufgeregt.“ Die Initiative, nun endlich angemessene Gedenkstätten zu
       errichten, die finde sie aber „sehr gut“.
       
       ## Wenn die Geschichte wieder hochkommt
       
       Davon ist auch die 15-jährige Valentina überzeugt, die zu einer der
       Einweihungszeremonien für einen neu eingerichteten Gedenkort gekommen ist.
       Die Anlage liegt in Maisfeldern, weitab vom nächsten Dorf Barachi. Von den
       Morden habe sie in der Schule erfahren, sagt Valentina. Und, ja,
       Antisemitismus gebe es wohl noch, aber es sei nicht mehr so schlimm wie
       früher.
       
       Ihre Lehrerin spricht auf der Zeremonie von Menschenwürde und Toleranz,
       vermerkt aber auch, dass „wir noch nicht alle Lehren aus der Geschichte
       gezogen haben“. Und dann nennt sie die Namen zweier ukrainischer Familien
       aus dem Dorf, die während der Besatzungszeit Juden geholfen und gerettet
       haben. Mehrere hundert andere aber fanden den Tod.
       
       Volkslieder werden gesungen und Redner verweisen auf den „historischen
       Tag“. Tatsächlich kommt hier lange verdrängte Geschichte wieder hoch – von
       den Ermordeten, von den wenigen Rettern, aber auch von vielen
       Einheimischen, die das Morden nicht nur geschehen ließen, sondern die sich
       als Helfer den Nazis andienten. Nicht jeder möchte damit konfrontiert
       werden. Die deutsch-ukrainische Initiative „Erinnerung bewahren“ musste im
       Vorfeld lange Verhandlungen über die Inschriften der Gedenktafeln führen,
       bei denen mit den Verwaltungen etwa darüber gestritten wurde, ob bei der
       Zuschreibung der Verantwortung für die Massenmorde das Wort „örtliche“ vor
       „Autoritäten“ gesetzt werden durfte – nicht immer erhielt sie die
       Zustimmung dazu.
       
       Daria Cherkassaya, die junge Archäologin, führt einen endlosen Kampf gegen
       die Grabräuber, die, dem Ressentiment vom reichen Juden folgend, glauben,
       in den Massengräbern Gold finden zu können. „Das ist leider hier Alltag“,
       sagt sie. „Im letzten Jahr fand ich Anzeichen für Plünderungen. Da war ein
       großes Loch. Es sah wie der Eingang zu einer Mine aus. Ich rief die
       Polizei. Ich verbrachte viel Zeit damit, zu erklären, dass das ein
       krimineller Akt ist.“ In der Ukraine, sagt Cherkassaya, gebe es keine
       Klarheit darüber, welches Gesetz gegen die Plünderer greift.
       
       ## Die Gedenkorte geben den Ermordeten ihre Würde zurück
       
       In dem Bus, dessen Insassen von einer Gedenkzeremonie zur nächsten gebracht
       werden, sitzt auch ein junger Mann: Benjamin Needleman ist ein 25-jähriger
       Rechtsanwalt aus dem australischen Melbourne, der zusammen mit seiner
       Mutter angereist ist. Needleman ist zum ersten Mal in seinem Leben in der
       Ukraine. Er sagt: „Ich besuche die Gräber meiner Familie, den Ort, wo mein
       Großvater versteckt überlebt hat. Ich fühle mich mit ihm verbunden.
       Andererseits ist hier alles fremd. Viele Friedhöfe sind überwachsen, die
       Menschen haben keine Ahnung, die Synagoge ist in einen Dorfklub
       umgewandelt.“ Er lobt die Einrichtung der Gedenkstätten: Sie gebe den
       Ermordeten endlich ihre Würde zurück.
       
       An diesem Nachmittag soll es nach Plyskiv gehen, einer Kleinstadt, in der
       Juden einst ein Drittel der Bevölkerung stellten. Es war die Heimat von
       Needlemans Großvater. Schon am Morgen ist Benjamin Neddleman sehr
       aufgeregt.
       
       Und dann steht er an einem Waldrand in der Nähe von Plyskiv. Er findet ein
       Foto mit dem Bild aus den 1960er Jahren mit den Überlebenden seiner Familie
       auf einer Informationsstele. Er liest, dass in dem Massengrab mindestens
       900 Juden liegen, erschossen bei mehreren Aktionen in den Jahren 1941 und
       1942.
       
       Die neu gestaltete Gedenkstätte ist von einer Mauer eingefasst. Das mit
       Steinen belegte Massengrab schlägt Wellen.
       
       Benjamin Needleman steht vor dem Grab. Er spricht zu den etwa 250
       Versammelten. „Plyskiv ist mein Heimatdorf. Das Dorf, in dem mein Großvater
       geboren wurde. Hier haben seine Schwestern gelebt. Die Juden von Plyskiv
       führten ein einfaches Leben. Doch das Plyskiv meines Großvaters, das Stetl,
       ist für immer zerstört.“ Er sei sehr glücklich, hier zu sein, an dem Ort,
       wo der Großvater überlebt habe, anders als die meisten Juden.
       
       Die Gespräche der Zuhörer sind verstummt. Needlemans Stimme zittert. Er
       nennt die Namen seiner ermordeten Verwandten, die in dem Loch hinter ihm
       begraben liegen. Er nennt die Namen von Kollaborateuren aus dem Dorf; dem
       Arzt, der einer verletzten Jüdin nicht half, den Verrätern, die den
       Deutschen die Verstecke der Untergetauchten preisgaben. Und er zitiert
       Sonja, die Schwester des Großvaters, deren Worte die überlebende Schwester
       in einem Tagebuch festhielt: „Mein Leben ist beendet. Ich war 18 Jahre alt.
       Warum muss ich sterben? Ich möchte so gerne leben. Meine Schwester,
       solltest Du überleben, dann denke daran, dass Du eine Schwester Sonja
       hattest.“
       
       Heute, sagt Benjamin Needleman, werde Sonjas Wunsch erfüllt. „Ich bitte
       alle, besonders die Kinder, kommt hierher und erinnert euch an Sonja und an
       die Juden von Plyskiv.“
       
       Die Reise in der Ukraine wurde von der Stiftung Denkmal für die ermordeten
       Juden unterstützt.
       
       1 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Holocaust
   DIR Ukraine
   DIR NS-Gedenken
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Literatur
   DIR Schwerpunkt Tag der Befreiung
   DIR Hohenzollern
   DIR Viktor Orbán
   DIR Schwerpunkt Nationalsozialismus
   DIR Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nürnberger Polizisten in der NS-Zeit: „Ganz normale Männer“
       
       Vor 80 Jahren ermordeten Beamte die Einwohner des ukrainischen Dorfs
       Kortelisy. Dann räumen sie das Ghetto von Brest-Litowsk. Keiner kam vor
       Gericht.
       
   DIR Forschung zu Ghetto in der Ukraine: Die Toten suchen
       
       Esther Safran Foer porträtiert ein ausgelöschtes Dorf und die Entkommenen.
       Es ist die Geschichte hinter dem Roman ihres Sohns Jonathan Safran Foer.
       
   DIR Kriegsende vor 75 Jahren: Opfer, Täter, Denkmäler
       
       In Osteuropa wird die Erinnerungspolitik nationaler. In Berlin streitet
       man, wie man an den Vernichtungskrieg im Osten erinnern soll.
       
   DIR Hohenzollern und Nationalsozialismus: Noch Platz auf dem Sofa
       
       In Schloss Cecilienhof in Potsdam stiefelten die Hohenzollern mit
       Hakenkreuzbinden herum. Heute will der Clan dort wieder wohnen.
       
   DIR György Konrád ist tot: Der ewige Regimegegner
       
       Der ungarische Schriftsteller, Holocaust-Überlebende und Dissident György
       Konrád ist mit 86 Jahren gestorben. Ein Nachruf auf einen großen Europäer.
       
   DIR Ausstellung und Festakt: Zurück in der Vergangenheit
       
       Der Senat begeht das 50-jährige Jubiläum eines besonderen Progamms: der
       Einladung an exilierte Juden, wieder ihre frühere Heimat Berlin zu
       besuchen.
       
   DIR Essay zum Kriegsbeginn vor 80 Jahren: Weltkrieg? Fehlanzeige!
       
       Die Bundesregierung ignoriert den Termin. Der Bundestag lädt zu keiner
       Veranstaltung ein. Der Krieg gegen Polen ist in Deutschland kein Thema.