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       # taz.de -- Erwarteter Klimaplan der Bundesregierung: Tierzahl und Fleisch sind tabu
       
       > Der geplante Klimabeschluss wird in puncto Landwirtschaft wenig bringen.
       > Forscher sagen: Ohne die Tierzahlen zu reduzieren, geht es nicht.
       
   IMG Bild: Einfach zu viel fürs Klima und die Gesundheit: jede Menge Fleisch
       
       Berlin taz | Der für Freitag erwartete Klimabeschluss des Bundeskabinetts
       wird einen der wichtigsten Punkte in der Landwirtschaft ignorieren: die
       Reduktion der Viehzahl und des Konsums tierischer Lebensmittel wie Fleisch
       und Milch. Das geht aus dem [1][Klimaschutzplan 2050] des Kabinetts vom
       November 2016 hervor.
       
       Demnach soll der von Düngung verursachte Ausstoß von Teibhausgasen gesenkt
       und mehr Gülle in Biogasanlagen verstromt werden. Aber die Reduktion der
       Tierzahl vertagte das Kabinett mit den Worten: „Die Bundesregierung
       erarbeitet eine Gesamtstrategie zur Verringerung der Emissionen in der
       Tierhaltung bis 2021“. Dieser Strategie, die nicht einmal in Ansätzen zu
       erkennen ist, werden Kanzlerin Merkel und ihre Minister am Freitag kaum
       vorgreifen. „Die Regierung hat Angst vor dem Bauernverband“, sagt Martin
       Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace.
       
       „Wir kommen um eine Reduktion unseres Konsums an tierischen Produkten nicht
       herum“, so Harald Grethe, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für
       Agrarpolitik beim Landwirtschaftsministerium. „Etwa ein Viertel der
       deutschen Treibhausgasemissionen entstammt unserem Ernährungssystem. Und
       davon resultieren etwa zwei Drittel aus dem Konsum tierischer Produkte“.
       
       „Dieses Spielen auf Zeit ist schlecht für alle Beteiligen“, kritisierte
       Umweltschützer Hofstetter. „Es wird immer schwieriger, die Klimaziele zu
       erreichen, wenn wir die Reduktion der Tierbestände weiter verschieben. Und
       die Landwirte brauchen ein Zeichen, auf das sie sich einstellen können“,
       ergänzt Hofstetter. Die Klimaziele nach 2030 würden ein noch größeres Minus
       bei den Treibhausgasen aus der Landwirtschaft erzwingen. „Da ist es besser,
       jetzt den Sinkflug einzuleiten, als später eine Bruchlandung zu riskieren.“
       
       ## Kampagne gegen zu hohen Fleischkonsum
       
       Grethe rät der Regierung zu einer Informationskampagne, um den Konsum von
       Fleisch und Milch auf das Niveau zu senken, das Ernährungswissenschaftler
       empfehlen. Auf solche Produkte sollten nicht wie bisher 7, sondern 19
       Prozent Mehrwertsteuer erhoben werden. Für Ökobauern, deren Produkte dann
       absolut gesehen besonders stark verteuert würden, und einkommensschwache
       Haushalte müsse es einen Ausgleich geben. „Es wird nicht reichen, die Tier-
       und Umweltschutzbestimmungen, etwa die Düngeverordnung, zu verschärfen“, so
       Grethe. „Denn wenn wir nur die Produktion in Deutschland verringern und die
       Produkte stattdessen importieren, entstehen die Treibhausgase im Ausland.
       Dem Klima wäre nicht geholfen.“
       
       Greenpeace verlangt auch Prämien für Bauern, die ihre Tierbestände
       verkleinern. „Sollte das alles nichts bringen, müssen wir die Viehzahlen
       durch Kontingente und Quoten beschränken“, sagt Hofstetter. Bis 2050 müsse
       sich der Bestand halbieren.
       
       ## Bauernverband warnt vor Höfesterben
       
       Das von Julia Klöckner (CDU) geführte Agrarministerium teilte mit, durch
       die neue Düngeverordnung zum Beispiel werde die Zahl der Tiere sinken.
       Zudem sei etwa die Zahl der Rinder bereits in den Jahren 2017 und 2018 um
       drei Prozent gesunken.
       
       Niedersachsens Bauernverbandspräsident Albert Schulte to Brinke warf der
       Bundesregierung in der Klimadebatte einen für die Agrarbranche schädlichen
       Kurs vor. Mit ihren Gesetzentwürfen trieben vor allem
       Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Klöckner die Landwirte zur
       Betriebsaufgabe. Niedersachsen ist das Agrarland Nummer eins in
       Deutschland. (mit dpa)
       
       17 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzplan_2050_bf.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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