URI: 
       # taz.de -- Gefährliche Gesänge
       
       > Der Verfassungsschutz verhindert erneut die städtische Förderung eines
       > kurdischen Liederabends in Bremerhaven 
       
   IMG Bild: Bremens Verfassungsschutz warnt: Kurdische Folklore gefährdet das Grundgesetz,
       
       VonAlina Götz 
       
       Dem Kurdisch-Deutschen Gemeinschaftsverein in Bremerhaven wird erneut die
       Förderung verweigert. So lautete eine Beschlussvorlage für die Sitzung des
       Kulturausschusses, der gestern über Anträge an den „[1][Bremerhavener
       Kulturtopf]“ entschied. Dem Antrag folgte eine breite Mehrheit im
       Ausschuss. Der Verein hatte für einen „kurdischen Kulturabend mit
       musikalischer Begleitung“ 1.100 Euro beantragt.
       
       [2][Bereits 2018 wurde dem Verein für eine ähnliche Veranstaltung die
       Förderung versagt,] nachdem die rechtspopulistischen Bürger in Wut (BiW)
       Zweifel an dem Verein gestreut und ihm verfassungsfeindliche Aktivitäten
       unterstellt hatten.
       
       Seit dem Jahr 2013 wird der Verein vom Landesamt für Verfassungsschutz in
       dessen Jahresbericht erwähnt, [3][so auch 2018]. In einem [4][Brief von
       Dierk Schittkowski], Bremer Verfassungsschutz-Chef, an das Magistrat
       Bremerhaven in Vorbereitung auf die Ausschusssitzung heißt es: Der Verein
       sei „fest mit dem PKK-Zentralverein ‚Birati e.V.‘ verwurzelt, diesem
       organisatorisch untergeordnet und an dessen Weisungen gebunden“. Zudem
       würden dauerhaft sowie bei Veranstaltungen öffentlich verbotene Symbole und
       Bilder gezeigt werden, so von PKK-Gründer Öcalan und verstorbenen
       PKK-Kämpfern.
       
       „Natürlich gibt es bei uns Menschen, die mit der PKK als
       Befreiungsorganisation sympathisieren“, sagt Çem Cadirci vom
       Kurdisch-Deutschen Gemeinschaftsverein. Kontakt zu Birati gibt es laut
       Cadirci, allerdings keine Abhängigkeit. Birati erteile keine Befehle und
       werde dies auch in Zukunft nicht tun. Ob Birati demokratisch organisiert
       ist, müsse der Verein selbst sagen. „Natürlich sind wir mit anderen
       kurdischen Vereinen in Kontakt, aber auch mit türkischen und deutschen, die
       unserem Verständnis nach demokratisch handeln“, so Cadirci.
       
       So wurden die Proteste gegen den Überfall auf das kurdische Afrin
       beispielsweise mit einem breiten Bremerhavener Bündnis getragen, ergänzt
       Muhlis Kocaaga, der für die Linke im Kulturausschuss sitzt. Für Kocaaga ist
       die Beschlussvorlage des Magistrats „totaler Blödsinn“. Wenn der
       Verfassungsschutz Personen beobachtet, sei das sein Recht. „Das ist aber
       noch lange kein juristisches Urteil, nach dem ein städtisches Gremium so
       entscheiden kann“, so der Politiker. Für ihn gehe es auch nicht nur um das
       Geld, sondern ums Prinzip: Die Anerkennung der Kultur- und
       Integrationsarbeit, die der Verein seit Jahren leistet, sei wichtig. „Wenn
       das nicht unterstützt wird, ist das Kriminalisierung und Diskriminierung.“
       
       Die Verfolgung durch den Verfassungsschutz sei eine rein politische
       Angelegenheit, meint Cadirci. „Die Beziehung der Türkei nach Deutschland
       ist so eng, dass die Kurden, die sich hier für ihre Identität, Sprache und
       Kultur öffentlich einsetzen, unterdrückt werden.“
       
       Diese „Ausgrenzung“ lehnt auch der Dialog-Verein für gleiche Rechte ab.
       „Seit langem werden dem Verein öffentliche Räume sowie das Ausleihen der
       Veranstaltungsbühne verweigert“, heißt es in einer Erklärung. Eine solche
       Umgehensweise sei „rufschädigend“ und würde den Integrationsprozess in
       Bremerhaven beschädigen. Der Verein führt weiterhin an, dass die UN und
       viele andere Staaten die PKK nicht als Terrororganisation einstufen würden.
       Um die Freiheit der Kunst zu schützen, sei nun „mutiges Handeln des
       Kulturdezernenten gefragt“.
       
       Kulturdezernent Michael Frost begründet die Entscheidung mit einem
       Magistratsbeschluss von 2016. Seitdem gelte für alle Verwaltungsbereiche,
       dass „Erkenntnisse des Verfassungsschutzes bei den Entscheidungsprozessen
       über die Mittelvergabe zu berücksichtigen sind“, so Frost. Die Ablehnung
       des Förderantrags beruhe auf den Ausführungen des Landesamtes für
       Verfassungsschutz im Jahresbericht 2018.
       
       Auch CDU-Politiker Thomas Ventzke hält die Ablehnung für richtig: „Wir
       können der Förderung nicht zustimmen, solange der Verein unter Beobachtung
       durch den Verfassungsschutz steht.“ Ebenso folgten die Vertreter*innen von
       SPD, Grüne, FDP, BiW und AfD dem Antrag auf Ablehnung. Kocaaga von den
       Linken stimmte dagegen.
       
       2 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://sitzungsdienst.bremerhaven.de/ratsinfo/bremerhaven/21421/QW50cmFlZ2UgS3VsdHVydG9wZiAyLiBWUiAyMDE5LnBkZg==/12/n/165953.doc
   DIR [2] /!5510456/
   DIR [3] http://sitzungsdienst.bremerhaven.de/ratsinfo/bremerhaven/21421/QXVzenVnIGF1cyBkZW0gVlNCIDIwMTgucGRm/12/n/165786.doc
   DIR [4] http://sitzungsdienst.bremerhaven.de/ratsinfo/bremerhaven/21421/QW5sYWdlIDMgU3RlbGx1bmduYWhtZSBMZlYgS3VyZGlzY2ggRGV1dHNjaGVyIEdlbWVpbnNjaGFmdHN2ZXJlaW4ucGRm/12/n/165951.doc
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA