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       # taz.de -- Amtsenthebungsverfahren in den USA: Pack sie bei der Berufsehre
       
       > Scheitert das Impeachment, wird Trump lachen. Trotzdem ist es der einzige
       > Weg, die Gesellschaft vor weiterer Beschädigung zu bewahren.
       
   IMG Bild: Muss er nun endlich gehen? Trump verlässt eine Pressekonferenz zur Ukraine-Affäre
       
       Ein klein wenig Anstand haben die Demokraten also noch. Drei Jahre lang
       konnte Donald Trump sich gut gelaunt alle möglichen Vergehen leisten, weil
       seine politischen Gegner*innen sich lieber tot stellten, als Verluste bei
       den nächsten Wahlen zu riskieren. Nun aber: eine offizielle Untersuchung
       gegen den US-Präsidenten, der Beginn eines möglichen
       Amtsenthebungsverfahrens.
       
       Kein Wort hat das politische Amerika seit Trumps Amtsantritt so sehr bewegt
       wie das „Impeachment“. [1][Anlässe dafür gab es zu Genüge], die Wende aber
       kam ausgerechnet mit einem Skandal, der bei der breiten Masse
       vergleichsweise wenig Empörung hervorrufen dürfte: Trump soll Mitte Juli
       [2][400 Millionen Dollar an Hilfsgeldern für die Ukraine] zurückgehalten
       haben, um seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj zu nötigen,
       gegen [3][seinen Herausforderer Joe Biden] und dessen Sohn zu ermitteln.
       
       Ein schwerer Machtmissbrauch, so viel ist sicher – aber keinesfalls der
       erste dieses Präsidenten. Dass die Vereinigten Staaten gegenwärtig von
       einem Kriminellen regiert werden, war lange vor dieser Sache klar, und dass
       die Demokraten so lange gebraucht haben, um zu handeln, ist ein
       Armutszeugnis, ganz zu schweigen von der Kratzfüßigkeit der Republikaner.
       
       Mit Trump ist ein Mann ins Weiße Haus eingezogen, dem jedes Gespür für
       politische Konventionen fehlt. Auch ein System, das derart auf Sittlichkeit
       und Vernunft baut wie das US-amerikanische Präsidialsystem, in dem selbst
       ein Richard Nixon ging, als der Druck zu groß wurde, konnte dem wenig
       entgegensetzen. Wie oft hat Trump im Amt schon gelogen (die [4][Washington
       Post zählte 10.796 Falschaussagen] bis Anfang Juni dieses Jahres)? Wie oft
       dachte man: „Oh, darüber fällt er jetzt aber bestimmt“?
       
       ## Da helfen weder Tweets noch Trillerpfeifen
       
       Handeln die anderen Gewalten im Staat jetzt nicht, wird es bis 2024 so
       weitergehen. Solange Donald Trump nicht will, tritt Donald Trump auch nicht
       zurück. Und er fühlt sich offenbar immer sicherer; diesmal veröffentlichte
       er selbst ein Protokoll des Gesprächs mit Selenskyj und erklärte dazu
       gönnerhaft, es sei alles ein „Schwindel“. Als glaubte er ernsthaft, damit
       sei die Sache gegessen.
       
       Gegen Trump helfen weder Tweets noch Trillerpfeifen. Das Impeachment ist
       der einzige Weg, die politische Integrität der USA noch zu retten. „Niemand
       steht über dem Gesetz“, sagte die demokratische Sprecherin des
       Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zur Entscheidung ihrer Partei. Nie war
       diese Botschaft wichtiger als jetzt, und Pelosi spricht damit gerade auch
       Trump-Wähler*innen an: Seht her, da bereichert sich einer, während ihr euch
       fügen müsst!
       
       Noch immer gibt es Bedenken: Ein Amtsenthebungsverfahren – das mehr ein
       politischer als ein juristischer Prozess ist – würde, falls es an der
       republikanischen Mehrheit im Senat scheitert, nichts bringen außer einem
       vor Schadenfreude kaum zu bremsenden Trump und einer noch stärkeren
       populistischen Spaltung der USA als zuvor. Aber was wäre die Alternative?
       Trumps Welt funktioniert nach einer sehr einfachen Logik, und nach der sah
       es für ihn bislang immer so aus: Er kommt damit durch – also ist er ja wohl
       im Recht.
       
       Es lässt sich kaum ermessen, wie sehr das eine Gesellschaft beschädigt.
       Viele US-Amerikaner*innen sind sich vollkommen im Klaren darüber, dass ihr
       Präsident lügt und betrügt – über die Größe seiner Hände bis hin zum Verrat
       von Staatsgeheimnissen. Nur: Es ist ihnen egal, solange er sie von höheren
       Löhnen und siegreichen Handelskriegen träumen lässt. So weit ist es
       gekommen.
       
       Mit welchen Drohungen und Schmutzkampagnen Trump sie bald auch überziehen
       mag: Die Demokraten müssen jetzt durchhalten – und es ist nur zu hoffen,
       dass es auch unter den republikanischen Abgeordneten noch ein paar gibt,
       denen ihre Berufsehre nicht völlig abhanden gekommen ist und die sich
       vielleicht mitreißen lassen vom plötzlichen Aufleuchten staatspolitischer
       Verantwortung.
       
       27 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kolumne-Macht/!5418455
   DIR [2] /Neue-Dokumente-in-der-Ukraine-Affaere/!5630438
   DIR [3] /Trumps-Ukraine-Diplomatie/!5627867
   DIR [4] https://www.washingtonpost.com/graphics/politics/trump-claims-database/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johanna Roth
       
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