# taz.de -- Umstrittenes Gesetz in Berlin: Linke schwächte Mietendeckel ab
> Zugeständnisse an die Immobilien-Lobby schiebt die Linkspartei auf ihre
> Koalitionspartner. Die sind aber wohl nicht allein schuld.
IMG Bild: Senatorin Katrin Lompscher (Linke) am 30. August mit dem Referentenentwurf zum Mietendeckel
Berlin taz | Seit einigen Monaten ist der [1][Mietendeckel] das
beherrschende Thema der Berliner Politik. Selbst innerhalb der
rot-rot-grünen Koalition wird über Mietobergrenzen und die Ausgestaltung
der geplanten Regulierung heftig gestritten. Schon Ende August schwächte
der Koalitionsausschuss die ursprünglichen Entwürfe deutlich ab – auf Druck
der Koalitionspartner, wie die Linke betonte. Laut Unterlagen, die der taz
jetzt vorliegen, stimmt das aber nicht ganz.
Im damals verabschiedeten Referentenentwurf, der derzeit in Parteigremien
und bei Anhörungen [2][mit Verbänden diskutiert wird], sind sowohl die
geplanten Mietobergrenzen für die einzelnen Wohnungskategorien als auch
Möglichkeiten für Modernisierungszuschläge und weitere Mieterhöhungen
beträchtlich erhöht und erweitert worden. Nun sollen auch Modernisierungen,
die bis zu 15 Jahre zurückliegen, mit bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter
aufgeschlagen werden können. Weitere Modernisierungen während der
fünfjährigen Laufzeit des Mietendeckels können mit einem weiteren Euro zu
Buche schlagen. Dazu sollen weitere jährliche Mieterhöhungen anhand der
Lohn- und Preisentwicklung kommen.
Bei vielen Mietergruppen sorgt diese Verwässerung für Empörung. Besonders
für die Linkspartei ist das problematisch, denn seit Monaten versucht sie
sich als Speerspitze für einen konsequenten Mietendeckel zu profilieren.
Eher kleinlaut ist die Rede von „schmerzlichen Kompromissen“, die auf Druck
von SPD und Grünen geschlossen werden mussten.
Aus der taz vorliegenden Unterlagen geht jedoch eindeutig hervor, dass die
nunmehr im Entwurf verankerten jährlichen Erhöhungen der Deckelgrenzwerte
und die erweiterten Modernisierungsumlagen von der linken
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher und ihrem Staatssekretär
Sebastian Scheel in die Sitzung eingebracht worden waren. Im Kapitel
„Zuschläge“ ihrer Vorlage heißt es unter Ziffer 5.2: „Modernisierung in den
letzten 15 Jahren vor Inkrafttreten des Gesetzes – 1,40 Euro.
Modernisierung nach Inkrafttreten des Gesetzes – 1,00 Euro“.
## Grüne sind sauer
Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner
Abgeordnetenhaus, verwahrte sich gegenüber der taz dann auch gegen das
Schwarze-Peter-Spiel der Linken: „Wir Grüne haben keine
Mieterhöhungsmöglichkeiten des gesamten Mietendeckels vorgeschlagen. Auch
der Modernisierungszuschlag von 1,40 Euro kommt nicht von uns.“
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung reagierte auf eine entsprechende
Anfrage der taz recht schmallippig. „Der Koalitionsausschuss ist ein
vertraulich tagendes Gremium. (..) Insofern äußern wir uns grundsätzlich
nicht zu vermeintlichen Gesprächsinhalten dieses Gremiums“, heißt es in der
schriftlichen Antwort.
## Weitere Verschärfungen von der SPD
Auch der in ursprünglichen Entwürfen noch festgelegte Anspruch auf die
Absenkung überhöhter Mieten wurde weitgehend gestrichen. Vielmehr sollen
nur noch Mieter eine Absenkung verlangen können, die den Nachweis
erbringen, dass ihre Mietbelastung 30 Prozent des Nettoeinkommens
übersteigt und die Größe ihrer Wohnung „angemessen“ ist. Eingriffe in die
Profite der Vermieter sollen also die Ausnahme bleiben und werden an die
individuelle Bedürftigkeit der Betroffenen gekoppelt.
Darauf habe vor allem die SPD bestanden, war aus Koalitionskreisen zu
erfahren. Weitere Korrekturen im Sinne der Immobilienlobby sind im Laufe
des Beratungsprozesses zu befürchten. Und so könnte der von großen
Hoffnungen begleitete Mietendeckel noch zur rot-rot-grünen Farce werden.
17 Sep 2019
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## AUTOREN
DIR Rainer Balcerowiak
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