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       # taz.de -- Klimawandel vor der Haustür: Nachruf auf einen Kletterbaum
       
       > In einem Berliner Park wird ein alter Baum gefällt. Gießen hätte seinen
       > Tod verhindern können.
       
   IMG Bild: So wird in Nürnberg an das Gießen von Stadtbäumen erinnert
       
       Apropos Waldsterben: Meinen persönlichen Klimawandel-Moment hatte ich
       vergangene Woche, als ich bei meinem täglichen Weg durch den Schöneberger
       Kleistpark bemerkte, dass etwas fehlt. Am Kammergericht, wo tags zuvor noch
       eine farnblättrige Buche ihre langen silbrig schimmernden Äste ausgestreckt
       hatte, stand nur noch ein kahler Stumpf. Der „Kletterbaum“ war tot, nur
       noch der Stumpf stand in der plötzlich hell gewordenen Ecke, Schilder um
       die frisch abgesägten Aststümpfe: „Ich wollte nicht sterben“, „Stadtkind
       Maya ist traurig“.
       
       Nicht nur Stadtkind Maya, so ziemlich alle Anwohner:innen trauern um diesen
       uralten Genossen, der nicht nur vielfältiger Lebensraum, sondern auch
       sozial und kulturell bedeutsam war. Der mindestens einen Spielplatz aufwog,
       aber anders als ein solcher unersetzbar ist. Gerüchte gingen um, denn der
       Baum hatte im Frühsommer reichlich Laub getragen und noch Tage zuvor hatten
       dort wie immer um die Nachmittagszeit Dutzende Kinder auf den Ästen gehockt
       oder versucht, die etwa fünf Meter hohe Krone zu erklettern.
       
       Doch auch im Grünflächenamt Tempelhof-Schöneberg war man überrascht
       gewesen, als eine Gartenbaufirma beim frühherbstlichen Baumschnitt
       feststellte: Die Buche war innerhalb kürzester Zeit gestorben, Pilzbefall
       infolge der Dürresommer. Stadträtin Christiane Heiß von den Grünen sagte,
       auch sie sei traurig. „Wenn es eine Chance gegeben hätte, dass der Baum
       wieder austreibt, wäre er selbstverständlich stehen geblieben.“ Alle
       Grünflächenämter und auch die Forstverwaltung stünden vor der
       Herausforderung, den Baumbestand an den Klimawandel anzupassen. Baumfreunde
       müssen feststellen: Auch hundertjährige Buchen sind in diesen Zeiten fragil
       und bedürfen unserer Hilfe, etwa durch Gießen im Sommer.
       
       Das Grünflächenamt plant nun die Pflanzung hitzebeständigerer Exemplare,
       auch die in den 90er Jahren aus Kostengründen stillgelegten Hydranten im
       Park könnten wieder zum Einsatz kommen. Die Kinder im Kiez werden das
       Klettern nun an den Metallstangen auf dem Spielplatz um die Ecke üben.
       Vielleicht wird es für ihre Enkelkinder wieder einen Kletterbaum geben.
       
       20 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sunny Riedel
       
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