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       # taz.de -- Anklage im Bamf-Fall in Bremen: 121 Straftaten vorgeworfen
       
       > Bremens Bamf-Leiterin Ulrike B. und zwei Anwälte sollen Geflüchteten
       > unrechtmäßig Asyl verschafft haben. Jetzt gibt es Details zur Anklage.
       
   IMG Bild: Bamf-Außenstelle in Bremen: Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage gegen drei Personen erhoben
       
       Berlin taz | Im Fall [1][möglicher Straftaten im Zuge von Asylverfahren in
       Bremen] hat die Staatsanwaltschaft nun Details zur Anklage bekannt gegeben.
       Beschuldigt sind Ulrike B., die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle
       des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), sowie die beiden
       Rechtsanwälte Irfan C. und Cahit T. Sie sollen „ein auf Dauer angelegtes
       System bei der Bearbeitung von Asylfolgeanträgen“ geschaffen haben, mit dem
       sie „in strafbarer Weise ausländische Mandanten der angeschuldigten
       Rechtsanwälte vor Abschiebung bewahrten oder ihnen zu einer Verbesserung
       ihres Aufenthaltsstatus verhalfen“.
       
       Im Frühjahr 2018 war die Behörde [2][massiv in die Kritik geraten], weil
       dort Asylanträge unrechtmäßig positiv entschieden worden sein sollen.
       Anfangs war von 1.200 Fällen die Rede, im April dieses Jahres waren es dann
       nur noch 50. Alle 13.000 positiv beschiedenen Verfahren seit dem Jahr 2000
       wurden überprüft. Diese betrafen rund 18.000 Personen. In einigen Fällen
       hat das Bamf Hinweise gefunden, dass Regeln des Asylverfahrens bewusst
       umgangen wurden. Andere Fehler seien auf eine Zeit zurückzuführen, „in der
       das Bundesamt angesichts der hohen Zugangszahlen vor einer immensen
       Herausforderung stand“, hatte das Bamf erklärt.
       
       Bei 304 Akten sei bislang ein Widerruf oder die Rücknahme erfolgt, hieß es
       am Dienstag auf Nachfrage aus dem BMI. Die Anzahl der widerrufenen
       Verfahren lasse aber „keine Rückschlüsse auf etwaiges Fehlverhalten zu, da
       hier ausschließlich geprüft wird, ob ein gewährter Schutzstatus in
       Deutschland weiterhin aufrechterhalten werden muss“, sagte ein Sprecher der
       taz.
       
       Ulrike B., Irfan C. und Cahit T. sollen der Bremer Staatsanwaltschaft
       zufolge zwischen Juni 2014 und März 2018 in unterschiedlicher
       Tatbeteiligung insgesamt 121 Straftaten begangen haben, insbesondere aus
       dem Bereich des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes.
       
       ## Unklar, wie viele Bescheide betroffen sind
       
       Darüber hinaus werden ihnen Straftaten der Vorteilsannahme beziehungsweise
       Vorteilsgewährung, der Fälschung beweiserheblicher Daten, der
       Urkundenfälschung und der Verletzung des Dienstgeheimnisses vorgeworfen. In
       Asylfolgeanträgen sollen die Anwälte bewusst falsche Angaben gemacht haben,
       etwa zur Staatsangehörigkeit, dem Herkunftsland oder zu Gründen, warum das
       Verfahren wieder aufgegriffen werden sollte.
       
       In der Anklage geht es also um unterschiedliche Delikte. Wie viele positive
       Asylbescheide davon berührt sind, geht aus der Pressemitteilung nicht
       hervor – nach taz-Informationen liegt ihre Zahl unter der der genannten 121
       Straftaten.
       
       Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dass in mehreren Verfahren Straftaten
       begangen worden sind, heißt das nicht automatisch, dass der positive
       Bescheid unberechtigt ist. „Ob ein positiver Bescheid zu Recht oder Unrecht
       erteilt wurde, war nicht Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen“,
       sagte Frank Passade, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bremen, der taz.
       Man habe untersucht, ob im Asylverfahren Straftaten begangen worden seien.
       „Die Entscheidungen im Einzelfall zu überprüfen, wird dann Aufgabe des Bamf
       sein“, sagte Passade.
       
       Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte der taz, es möge zwar sein, dass
       Ulrike B. sich über anders lautende Bamf-Bescheide und Gerichtsurteile
       bewusst hinweg gesetzt habe. Dabei sei sie aber „inhaltlich im Recht“
       gewesen. Es ging damals konkret darum, jesidische Geflüchtete nicht nach
       Bulgarien abzuschieben. Später hatte unter anderem das
       Bundesverwaltungsgericht diese Praxis bestätigt – [3][in Bulgarien drohe
       den Abgeschobenen „eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung“].
       
       Auch habe es sich bei Ulrike B. Handeln nicht um einen Rechtsbruch
       gehandelt, sagte Jelpke. „Die Bundesregierung hat auf meine Anfrage hin
       ausdrücklich bestätigt, dass es bei Wiederaufgreifensanträgen keine
       gesetzlich geregelte örtliche Zuständigkeit und auch keine Bindungswirkung
       vorheriger Entscheidungen gab. Auf meine Frage, ob die Bundesregierung
       diese Feststellungen, die Frau B. entlasten, der Bremer Staatsanwaltschaft
       mitgeteilt hat, kam letztlich die Antwort, dass dies nicht geschehen ist,
       weil das ‚als Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz‘ gewertet werden
       könnte.“
       
       19 Sep 2019
       
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