# taz.de -- Enttäuschendes Klimakabinett: Die Streiks müssen weitergehen
> Zu spät, zu niedrig, zu unklar. Die Beschlüsse des Klimakabinetts sind
> ein Anfang, aber bringen kaum Perspektive für die Zukunft.
IMG Bild: Während das Kabinett seinen Beschluss öffentlich machte, streikten in Berlin und weltweit Millionen Menschen fürs Klima
Vergleicht man [1][die aktuellen Beschlüsse des Klimakabinetts] mit dem,
was noch vor einem Jahr klimapolitisch für möglich gehalten wurde, ist
durchaus ein Fortschritt zu sehen: Über einen Preis auf CO2 wollte die
Union damals noch nicht mal reden, Milliarden-Investitionen in
umweltfreundliche Infrastruktur galten als ausgeschlossen, und selbst für
die von allen Seiten gewünschte Förderung für die Dämmung von Wohnhäusern
fand sich keine Mehrheit.
Ein Jahr später hat sich die Debatte gedreht. Die Klimakrise ist das
dominierende politische Thema. Getrieben von Schüler*innen, die seit knapp
einem Jahr auf die Straße gehen, und von Umfragen, in denen eine breite
Mehrheit für entschiedenen Klimaschutz plädiert, konnten Union und SPD das
Thema nicht weiter ignorieren. Das zumindest ist ein Erfolg für die neue
Klimabewegung, die [2][mit dem weltweiten Streik am Freitag einen neuen
Höhepunkt erlebte].
Doch damit enden die guten Nachrichten leider auch schon. Denn der
Vergleichsmaßstab für die aktuellen Beschlüsse ist nicht, was vor einem
Jahr denkbar schien. Sondern das, was zum Erreichen der Pariser Klimaziele
notwendig wäre. Und da fällt das Urteil leider vernichtend aus.
Die Vorschläge, die die Groko in ihrer Nachtsitzung ausgearbeitet hat,
reichen nicht mal ansatzweise aus, um Deutschland auf einen Kurs zu
bringen, der mit dem 1,5-Grad-Ziel in Einklang steht.
## Der Kompromiss macht sprachlos
Denn die Regierung hat zwar einige sinnvolle Einzelmaßnahmen wie billigere
Bahntickets und höhere Zuschüsse für Elektroautos verabschiedet. Doch bei
den großen Stellschrauben haben Union und SPD komplett versagt. Weil die
Union das Wort „Steuer“ um jeden Preis verhindern wollte, kommt der
Einstieg in die CO2-Bepreisung in Form des weitaus komplizierteren
Emissionshandels.
Aber vor allem kommt der CO2-Preis so spät, so niedrig und mit einer so
unklaren Zukunftsperspektive, dass die Wirksamkeit dieses eigentlich
richtigen Instruments gegen null tendieren wird. Dass die SPD diese
Katastrophe auch noch als gelungenen Kompromiss verkauft, macht nur noch
sprachlos.
Zudem fehlt ein klares Verfahren, wie die Einhaltung der Ziele überwacht
und bei drohender Verfehlung nachgesteuert wird. Denn das ist das
Kernproblem jeder Klimapolitik: große Ziele, kleine Umsetzung. Dass das
Klimakabinett diese Aufgabe selbst übernehmen will, lässt Schlimmes ahnen.
Denn schon bisher hat es sich gern mal der Realität verweigert, wie das
aktuelle Klimakonzept beweist.
Mit diesem Paket bis 2030 die nötigen 300 Millionen Tonnen CO2 im Jahr zu
sparen, ist praktisch ausgeschlossen. Und selbst wenn das durch ein Wunder
doch gelingen sollte, wäre das Ziel noch lange nicht erreicht. Denn das
deutsche Klimaziel ist längst überholt; um mit Paris im Einklang stehen,
müsste etwa 1,5 mal so viel CO2 eingespart werden. Doch obwohl sich die
Regierung in ihrem aktuellen Papier zum globalen 1,5-Grad-Ziel bekennt,
weigert sie sich bisher, die deutschen Emissionsziele entsprechend
anzupassen.
Für die Klimabewegung können die aktuellen Klima-Beschlüsse darum nur ein
Ansporn sein, weiterzumachen. Die Themensetzung und die Rhetorik haben die
Proteste immerhin schon verändert. Wenn der Druck von der Straße im
nächsten Jahr so weitergeht, wird daraus ja vielleicht auch noch reale
Klimapolitik. Das wäre auch dringend nötig.
20 Sep 2019
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## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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