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       # taz.de -- Vor Treffen zur Seenotrettung auf Malta: Eine solidarische Lösung muss her
       
       > Wenn Seenotretter Flüchtende an Bord nehmen, geht das Geschacher los,
       > welches Land sie aufnimmt. Nun soll eine Zwischenlösung her.
       
   IMG Bild: Das beschlagnahmte Rettungsschiff „Eleonore“ im Hafen von Pozzallo (Sizilien)
       
       Berlin dpa | Vor einem von Deutschland und Frankreich initiierten
       Innenministertreffen zur Rettung von Bootsmigranten im Mittelmeer haben
       Menschenrechtler eine solidarische europäische Lösung eingefordert. „Wir
       erwarten von dem Treffen in Malta eine Einigung auf einen
       Ad-hoc-Mechanismus von aus Seenot geretteten Menschen, der eine rasche und
       unkomplizierte Aufnahme sicherstellt“, sagte Markus Beeko, Generalsekretär
       von Amnesty International in Deutschland. Alle sollten gleichermaßen Zugang
       zu einem [1][fairen und sicheren Asylverfahren] erhalten. Die
       Rettungsschiffe müssten jeweils den nächstgelegenen sicheren Hafen
       ansteuern dürfen, so wie im Seerecht vorgesehen.
       
       Außerdem müssten die EU-Staaten ihre Zusammenarbeit mit der libyschen
       Küstenwache einstellen, sagte Beeko. Es sei inakzeptabel, dass verzweifelte
       Menschen, die mit Booten versuchten, nach Europa zu gelangen, nach Libyen
       zurückgebracht würden. Dort [2][erwarteten sie Misshandlungen und Folter].
       Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, forderte einen
       Evakuierungsplan für in Libyen festsitzende Schutzsuchende – notfalls mit
       einer „Stichtagsregelung“, damit zuerst den jetzt schon dort lebenden
       Flüchtlingen geholfen werden könne.
       
       Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will an diesem Montag auf Malta
       mit Vertretern aus Frankreich, Italien und Malta, mit dem
       EU-Ratsvorsitzenden Finnland und der EU-Kommission über einen kurzfristigen
       Verteilmechanismus beraten. Damit soll verhindert werden, dass jedes Mal,
       wenn ein Schiff Flüchtlinge an Bord nimmt, langwierige Verhandlungen
       darüber beginnen, welcher Staat sie aufnimmt. Die Ergebnisse der Gespräche
       auf Malta sollen laut Seehofer am 8. Oktober beim Treffen der
       EU-Innenminister in Luxemburg vorgestellt werden.
       
       Seehofer hatte angeboten, Deutschland könne jeweils ein Viertel der
       Geretteten aufnehmen. [3][Dafür hatten ihn einige Politiker von CDU und CSU
       kritisiert]. Seehofer betonte allerdings, neue Vereinbarungen dürften nicht
       dazu führen, dass das Geschäft der Schlepper befördert werde. „Wir können
       jetzt nicht einen Pendeldienst zwischen der libyschen Küste und Italien
       einrichten.“
       
       Eine deutliche Absage an die Pläne Seehofers für einen Verteilmechanismus
       kam von Ungarns rechtsnationalen Regierungschef Viktor Orban. Auf den
       Vorwurf des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, die
       Visegrad-Staaten würden Italien mit den Flüchtlingsproblemen allein lassen,
       antwortete Orban bei einem Treffen der Rechtsaußenpartei Fratelli d'Italia
       in Rom: „Wir können keine Migranten aufnehmen, egal woher sie kommen.“
       Helfen könne Ungarn den Italienern nur bei der Kontrolle der Grenzen und
       beim Zurückschicken von Migranten.
       
       Der Chef der konservativen Mehrheitsfraktion im EU-Parlament, Manfred Weber
       (CSU), sprach sich unterdessen dafür aus, den Flüchtlingsdeal zwischen der
       EU und der Türkei zu verlängern und die Zahlungen im Bedarfsfall künftig
       noch zu erhöhen. „Ich bin dafür, die Flüchtlingshilfen an die Türkei über
       2019 hinaus für mehrere Jahre zu verlängern und die bisherigen Beträge bei
       Bedarf künftig sogar noch zu erhöhen.
       
       Das Geld ist gut investiert“, sagte Weber der „Welt am Sonntag“. Es helfe
       den Flüchtlingen in der Türkei „und es schadet den kriminellen
       Machenschaften von Schleusern, die Migranten illegal nach Europa schaffen
       wollen“. Zudem kämen die Finanzhilfen „direkt vor Ort“ an.
       
       ## Dublin-Verfahren und freiwillige Aufnahme
       
       Skeptisch reagierte Pro Asyl auf Seehofers Ankündigung, eine Alternative
       zum Dublin-System zu erarbeiten. Es sei besser, das Dublin-Verfahren weiter
       anzuwenden und gleichzeitig die freiwillige Aufnahme und die
       Familienzusammenführung zu intensivieren, sagte Burkhardt. Derzeit ist nach
       den Dublin-Regeln jenes Land für die Bearbeitung von Asylanträgen
       zuständig, in dem Geflüchtete zuerst europäischen Boden betreten haben.
       
       Auf die Frage, ob die aktuellen Pläne den Anfang vom Ende dieses Prinzips
       bedeuteten, hatte Seehofer erklärt: „Was hilft uns ein System, das nicht
       funktioniert?“ Die Regelungen würden „in sehr hohem Maße“ nicht umgesetzt.
       In seinem Haus seien bereits Ideen erarbeitet worden, die er für besser
       halte, für die es aber die Unterstützung der anderen EU-Staaten brauche.
       
       Burkhardt forderte, die „reichen EU-Staaten des Nordens müssen deutliche
       Signale senden, dass sie bereit sind, mehr zu tun“, um Staaten wie Italien
       oder Griechenland zu helfen, wo viele Flüchtlinge ankommen. Sollte dies
       nicht geschehen, würde dies den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in
       Südeuropa begünstigen.
       
       22 Sep 2019
       
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