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       # taz.de -- DFB-Elf gegen Argentinien: Totale Offensive
       
       > Nadiem Amiri, 22, gehört zu den vielen Neulingen im DFB-Team. Dank seiner
       > Forschheit sind seine Chancen auf einen Einsatz beim Spiel am Mittwoch
       > gut.
       
   IMG Bild: Guter Abschirmdienst: Amiri lässt den Leipziger Klostermann nicht an den Ball kommen
       
       BERLIN taz | Mit großen Namen und vollmundigen Worten hat Nadiem Amiri kein
       Problem, das bewies der Neu-Leverkusener am letzten Wochenende wieder. Als
       nach dem Remis gegen Leipzig die Sprache auf die trotz der guten
       Platzierung oft etwas wackligen Auftritte der Werkself kam, ging der
       22-Jährige zum Angriff über und merkte locker an: „Klar, da waren ein paar
       Spiele dabei, die nicht so gut waren – aber das passiert den Bayern und
       Dortmund auch.“ Eine wunderbar unkomplizierte Haltung, mit der der
       gebürtige Ludwigshafener seinen Beruf generell angeht.
       
       Offensive Geister kann jeder Trainer brauchen – und seine ambitionierte,
       offene Art hat Amiri nun bis in den Kader der deutschen Nationalmannschaft
       gespült. Weil Bundestrainer Joachim Löw bis dahin noch nicht im Besitz von
       Amiris Handynummer war, erhielt Bayers Mittelfeldspieler am vergangenen
       Donnerstag zunächst eine Nachricht von dessen Assistenten Marcus Sorg, er
       solle sich bitte beim Chef melden. Gleich nach dem Training wählte Amiri
       Löws Nummer und informierte kurz darauf auch seinen [1][Vereinstrainer
       Peter Bosz]. „Er war“, berichtete der Niederländer, „unglaublich stolz, als
       er mir davon erzählt hat.“
       
       Eine weitere Steigerung dürfte der Stolz des jungen Mannes erfahren, wenn
       er beim Testspiel gegen Argentinien am Mittwoch und in der EM-Qualifikation
       in Estland (Sonntag) tatsächlich zum Einsatz kommt. Die Chancen stehen
       angesichts der vielen Absagen jedenfalls gut. „Häufig ist es so, dass fünf,
       sechs Spieler ein bisschen enttäuscht abreisen. Das wird uns jetzt nicht
       passieren“, machte DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff allen neu
       Hinzugekommenen klare Hoffnungen.
       
       Wobei Amiri zudem davon profitieren könnte, seine Premieren-Einladung zum
       Nationalteam schon Ende letzter Woche erhalten zu haben. Anders als der
       Schalker Suat Serdar, Robin Koch vom SC Freiburg und Hoffenheims Sebastian
       Rudy, die wegen der zahlreichen Ausfälle am Sonntag und Montag
       nachnominiert wurden.
       
       ## Günstiger Transfer
       
       Mit Kerem Demirbay siedelte Amiri vor dieser Spielzeit aus Hoffenheim ins
       Rheinland über. Doch während der 32 Millionen Euro schwere Wechsel von
       Demirbay bereits Anfang Mai bekannt wurde, stand Amiris Umzug erst Ende
       Juli nach zähen Verhandlungen der beiden Klubs fest. 9 Millionen Euro
       überwies Leverkusen für den zweiten Sommereinkauf von der TSG schließlich
       in den Kraichgau. Wobei Amiri dem teureren Demirbay im zentralen Mittelfeld
       der Werkself zuletzt den Rang abgelaufen hat.
       
       „Er ist ein Spieler, der zwischen den Linien spielt, einen guten Schuss
       hat, aber auch ohne Ball die Läufe in die Tiefe macht“, nennt Bayer-Coach
       Bosz die Vorzüge seiner Nummer elf. Wegen des Einsatzes bei der U21-EM
       konnte Amiri die Saisonvorbereitung nur zum Teil mitmachen, den Rückstand
       hat er inzwischen aber aufgeholt. Beim Turnier der Junioren in Italien
       machte er vor allem am Ende auf sich aufmerksam, erzielte im Halbfinale
       gegen Rumänien und im verlorenen Endspiel gegen Spanien drei der fünf
       deutschen Treffer.
       
       „Nach der EM hab ich mir schon ein bisschen Hoffnungen auf die
       Nationalmannschaft gemacht, warum soll man daran nicht glauben“, sagt
       Amiri. Auch Joachim Löw lobt die Leistungen des Leverkuseners bei der EM
       und im Verein – und erklärt mit Blick auf seine aktuellen Personalnöte:
       „Dadurch gibt es immer wieder auch Chancen für junge, hungrige Spieler,
       sich bei uns zu präsentieren. Wir freuen uns, nun Nadiem Amiri persönlich
       kennenzulernen.“
       
       Bereits Mitte September sendete der Offensivspieler, dessen Eltern in den
       1980er Jahren im Zuge der sowjetischen Intervention in Afghanistan aus
       ihrer Heimat in die Bundesrepublik Deutschland flüchteten, eine Botschaft
       an den Bundestrainer. Da erklärte der Bayer-Profi, er werde, wenn es
       „wirklich null Komma null Chancen“ für ihn in der DFB-Auswahl gebe, [2][für
       Afghanistan spielen]. „Das gilt, wenn ich 28, 29 oder 30 bin und am Ende
       meiner Karriere stehe. So lange probiere ich es“, präzisierte Nadiem Amiri
       nun. Der Mann, über den Bayers Trainer Bosz sagt: „Er hat sich diese
       Nominierung über einen langen Zeitraum erkämpft und verdient, nicht nur bei
       uns.“
       
       9 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Leverkusen-in-der-Fussball-Bundesliga/!5563710
   DIR [2] https://www.dw.com/de/amiris-karrieresprung-mit-afghanischer-unterst%C3%BCtzung/a-50722861
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Morbach
       
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