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       # taz.de -- Platanen am Neustädter Deich in Bremen: Alter Streit neu aufgelegt
       
       > Im neuen Koalitionsvertrag wird die Debatte um den Erhalt der Neustädter
       > Platanen wieder eröffnet. Die Linke strebt ein Beteiligungsverfahren an.
       
   IMG Bild: Sehen eigentlich ganz friedlich aus: Platanen, hier an der Puschkinallee in Berlin
       
       Bremen taz | Der Streit um den Erhalt der Platanen zwischen Eisenbahnbrücke
       und Piepe am Neustädter Deich scheint auch nach dem Regierungswechsel nicht
       vom Tisch: Im [1][Koalitionsvertrag] zwischen SPD, Grünen und Linken ist
       festgehalten, dass das Thema erneut erörtert werden soll. „Sollte sich im
       Verfahren – entgegen bisheriger Erkenntnisse – ergeben, dass die
       Möglichkeit besteht, Platanen zu erhalten, wollen wir sie nutzen.“
       
       Die Linke ist verantwortlich für diese Formulierung. „Aus unserer Sicht
       gibt es eben diese bisherigen Erkenntnisse nicht, sondern zwei
       wissenschaftliche Meinungen“, sagt Christoph Spehr. Er ist Mitglied im
       Landesvorstand der Linken und war Teil des Teams in den
       Koalitionsverhandlungen.
       
       Ein objektiver Prozess soll laut Spehr dafür sorgen, dass ein Ergebnis von
       allen Beteiligten getragen werden kann. „Wenn die Bäume wegkommen und das
       Stadtbild so verändert wird, sollte das schon sehr begründet sein“, sagt
       er. Das Bauressort der neuen Senatorin Maike Schaefer (Grüne) arbeite
       momentan an einem Vorschlag, wie so ein Prozess aussehen könnte.
       
       Die 136 Platanen sollen in den nächsten Jahren im Zuge von Deicherhöhungen
       weichen. Um schweres Baugerät vor Ort nutzen und eine Spundwand am Deich
       einsetzen zu können, müssten die Platanen sowohl an der Krone als auch an
       den Wurzeln beschnitten werden. In der Folge wären sie kaum mehr
       überlebensfähig: So steht es in einem Brief der Verwaltung an die
       Umweltdeputation aus dem Jahr 2017 zum „Umgang mit den Platanen auf der
       Stadtstrecke“.
       
       Um die Bäume bei dieser Form des Umbaus zu erhalten, also mit Sauerstoff
       und Wasser zu versorgen, würden die Haltungskosten des neuen Deichs
       steigen. Zudem hätten die Platanen durch fehlendes Wurzelwerk und
       beschnittener Krone dann Schlagseite, die Standsicherheit sinke und
       etwaiges Umfallen würde wiederum Löcher in den Deich reißen. Daher waren
       die Bäume [2][eigentlich schon abgeschrieben].
       
       Die Bürgerinitiative (BI) „Platanen am Deich“ lädt aufgrund der erneuten
       Öffnung der Debatte nun zu einem runden Tisch mit allen Beteiligten ein.
       Laut [3][Machbarkeitsstudie] der Baubehörde wäre auch eine Variante mit
       Baumerhalt möglich, sagt Gunnar Christiansen, Sprecher der BI. Er
       kritisiert das bisherige Verfahren: „Wenn immer nur eine Variante
       kommuniziert wird, ist das keine Beteiligung.“
       
       Christiansen präferiert die Anpassung, bei der die Spundwand hinter den
       Bäumen installiert werden soll. Diese sei vergleichsweise günstig und
       schnell umzusetzen. „Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung der
       Baumgegner nicht so sehr mit Hochwasserschutz, sondern eher mit
       Stadtplanung zu tun hat.“
       
       Dabei sei in seiner Version, die auch Spehr thematisiert, im oberen Bereich
       genug Platz für Rad- und Fußverkehr. Und unten müsste nicht alles
       zubetoniert werden, so Christiansen. Die Regierungsparteien würden diesem
       Vorwurf wohl widersprechen, steht doch im Koalitionsvertrag, dass die
       Platanen für die Neustadt prägend seien und Hochwasserschutz oberste
       Priorität habe.
       
       Deswegen bezweifelt auch Ralph Saxe, Sprecher der Grünen-Fraktion für
       Bürgerbeteiligung und Umwelt, dass die Bäume zu akzeptablen Kosten gehalten
       werden können: „Wenn es begründete Zweifel an der Deichsicherheit gibt,
       dann kann man es meiner Ansicht nach nicht verantworten, die Bäume stehen
       zu lassen.“ Da die Linke darauf bestanden habe, gestehe man ihr nun diesen
       Prozess zu. Ein Prozess, der trotz der Kritik ergebnisoffen sein soll.
       
       Vor der Wahl hatten die damaligen Fraktionsvorsitzenden der Koalition
       gesagt, dass sie für die Platanen keine Chance sähen. „Bäume gehören
       einfach nicht auf einen Deich“, sagte Björn Tschöpe (SPD) im [4][Nachgang]
       eines taz Salons. „Die Platanen sind leider nicht zu halten“, hatte auch
       Maike Schaefer konstatiert. „Sie werden durch 500 neue Bäume ersetzt.“
       
       Die Erhöhung der Deiche ist nötig, da der durch den Klimawandel steigende
       Meeresspiegel die Gefahr von höher auflaufenden Sturmfluten und vermehrten
       Orkanen erhöht. In dem Bereich mit den 50 bis 60 Jahre alten Bäume ist
       besonders die Beschaffenheit der Deiche besorgniserregend: Diese wurden in
       der Vergangenheit teilweise mit Bauschutt aufgefüllt.
       
       9 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6296/Entwurf-Koalitionsvertrag-2019-07-01.pdf
   DIR [2] /Hochwasserschutz-vs-Naturschutz/!5563317/
   DIR [3] https://www.deichverband-bremen-alw.de/fileadmin/download/Stadtstrecke/160517-ErlBericht_1-3-SM-JH.pdf
   DIR [4] /Das-Triell-Die-Nachspielzeit/!5592834/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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