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       # taz.de -- Jüdische Einrichtungen in Berlin: Die Bedrohung wird spürbar
       
       > Nach dem Anschlag in Halle werden jüdische Einrichtungen auch in Berlin
       > stärker beschützt. Das reiche aber nicht, kritisieren Verbände.
       
   IMG Bild: Polizei vor der Synagoge in der Oranienburger Straße am Donnerstag
       
       Die Präsenz der Polizist:innen vor dem Jüdischen Museum am
       Donnerstagvormittag verspricht Sicherheit, wirkt aber auch etwas
       beklemmend. Das liegt nicht nur daran, dass es mehr sind als sonst, sondern
       auch an den umgehängten Maschinenpistolen. Als Reaktion auf den
       rechtsextremen Terroranschlag auf eine Synagoge am Mittwoch in Halle wurden
       die Maßnahmen zum Schutz von jüdischen Einrichtungen in Berlin bis auf
       Weiteres verstärkt. Vertreter:innen von jüdischen und anderen von
       rassistischer Gewalt betroffenen Minderheiten fordern Politik und
       Gesellschaft zum Handeln auf.
       
       Am Mittwoch, dem jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte ein 27-jähriger
       Attentäter in Halle in eine Synagoge einzudringen versucht. Gerade dass es
       an Polizeischutz fehlte, der den Angreifer vorzeitig hätte stoppen können,
       wurde vielfach kritisiert und warf auch die Frage nach der Sicherheit
       jüdischer Einrichtungen in Berlin auf.
       
       „Der Schutz in kleineren Gemeinden ist oft unausreichend“, so Yehuda
       Teichtal, Rabbiner der jüdischen Gemeinde in der Synagoge Chabad Lubawitsch
       in Wilmersdorf, gegenüber der taz. In Zusammenarbeit mit der Polizei werde
       man den Schutz aber „erweitern und verstärken“, so Teichtal. Ein Sprecher
       der Innenverwaltung sagt, man habe die Sicherheitsmaßnahmen erhöht und
       werde sie zumindest über die bevorstehenden jüdischen Feiertage
       aufrechterhalten. Am 13. Oktober beginnt das Laubhüttenfest Sukkot. Zudem
       gebe es eine ständig aktualisierte Gefahreneinschätzung durch den
       Staatsschutz und das Landeskriminalamt, nach der die Maßnahmen angepasst
       würden, so die Polizei auf Anfrage.
       
       Kritik an den Behörden hatte es bereits am Freitag gegeben, als ein
       23-Jähriger versuchte, mit einem Messer in der Hand in die Synagoge an der
       Oranienburger Straße einzudringen. Die Person wurde kurz darauf von der
       Polizei freigelassen. „Das ist nicht nachvollziehbar“, kritisiert Dr. Remko
       Leemhuis vom American Jewish Comittee (AJC) Berlin.
       
       ## „Mehr Prävention“
       
       Teichtal betont, dass es nicht bei bloßem Objektschutz bleiben dürfe:
       „Antisemitismus muss viel mehr thematisiert werden“, so der Rabbiner. Es
       müsse mehr in den Präventivbereich investiert werden und klare Konsequenzen
       für Intoleranz geben. Zuletzt hatte die Bundesregierung die Mittel für
       demokratiefördernde Projekte deutlich gekürzt.
       
       Der Anschlag offenbart nicht nur eine Bedrohung jüdischer Gemeinden, auch
       andere Minderheiten spüren schon lange die Auswirkungen eines immer
       rassistischer werdenden gesellschaftlichen Klimas. „Wir als muslimische
       Gemeinschaft kennen die Situation“, so Mohamad Hajjaj vom Zentralrat der
       Muslime in Berlin, „die Gefahr ist real.“ Täglich gebe es Angriffe auf
       Moscheen und Menschen muslimischen Glaubens. Ursprünglich hatte auch der
       Attentäter von Halle erwogen, eine Moschee oder ein Antifa-Zentrum
       anzugreifen.
       
       Kadir Sancı, Imam des multireligiösen Berliner Projekts House of One, rief
       für Freitag um 12 Uhr zu einem religionsübergreifenden Friedensgebet in der
       St.-Marien-Kirche am Alexanderplatz auf. Gestern sei die jüdische
       Gemeinschaft das Ziel gewesen, „morgen sind es vielleicht Muslime oder
       andere“, so Imam Sancı.
       
       10 Oct 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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