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       # taz.de -- Aktionswoche von Extinction Rebellion: Ungehorsam anschlussfähig gemacht
       
       > Viele Protestler haben jetzt ihre ersten Erfahrungen in zivilem
       > Ungehorsam gemacht. Es gibt viele Pro und viele Contras. Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Ein Aktivist jongliert: entspannte Blockade am Großen Stern der Extinction Rebellion in Berlin
       
       Berlin taz | Es ist ja unter Linken gerade ein bisschen in Mode, die neue
       Bewegung Extinction Rebellion (XR) zu kritisieren. Einige Punkte sind wohl
       auch berechtigt, etwa die Kritik an der übertriebenen Datenerhebung unter
       potenziellen „Rebellen“ im Zuge der Vorbereitungen der Berliner
       Aktionswoche. Anderes, etwa die Behauptung, XR sei eine esoterische, von
       „oben“ gesteuerte Sekte, die den Verstand vernebele, [1][wie etwa die
       Altlinke Jutta Ditfurth per Twitter warnte], ist kaum nachzuvollziehen,
       wenn man in dieser Woche in Sachen #Berlinblockieren unterwegs war.
       
       Natürlich sind die roten Kutten, die als theatralischer Trauerzug durch
       Blockaden schreiten und Endzeitstimmung verbreiten, nicht jedermanns
       Geschmack. Aber sie sind nur ein Splitterchen: Der Protest ist so bunt, man
       sieht so viele Ausdrucksformen, Kostüme, gemalte und geschriebene
       Botschaften – das ist das Gegenteil von Sektenhaftigkeit. Und an der
       zentralen Botschaft der Proteste – der Sorge um das Überleben auf diesem
       Planeten und der Kritik am Nichthandeln der Politik – kann ja wohl von
       linker Seite kein Zweifel bestehen.
       
       Auch das XR-Credo der absoluten Gewaltfreiheit mag aus der Perspektive der
       reinen linken Lehre kritikwürdig – da staatstragend – sein. Aber wer
       gesehen hat, wie sich grauhaarige Omas Seite an Seite mit TeenagerInnen von
       der Straße tragen lassen, wer gehört hat, wie PassantInnen mit
       AktivistInnen über ihre Zukunftsängste und -sorgen sprechen, kann sich des
       Eindrucks nicht erwehren, dass es genau diese Gewaltfreiheit ist, die den
       Protest anschlussfähig macht für Menschen, die bislang nicht oder wenig
       über ihren Tellerrand geschaut haben.
       
       Viele Protestler, BerlinerInnen und NichtberlinerInnen, haben in dieser
       Woche ihre ersten Erfahrungen in zivilem Ungehorsam gemacht. Dabei haben
       einige auch gelernt, dass die Polizei nicht immer so freundlich ist wie man
       selbst ihr gegenüber: Wenn es dem „Freund und Helfer“ reicht, kann er eben
       auch Schmerzgriffe.
       
       ## Mehr geschafft als viele andere Bewegungen
       
       Auch wird die Bewegung am Ende der Woche, so viel Prophetie sei erlaubt,
       keines ihrer drei Ziele erreicht haben: Die Bundesregierung wird keinen
       Klimanotstand ausrufen, sie wird keinen Klimaplan vorlegen, der bis 2025
       die CO2-Emissionen auf null senkt, sie wird auch keine
       BürgerInnenversammlung einberufen, um dafür notwendige Maßnahmen zu
       beschließen.
       
       Allerdings sollte sich die nicht gerade erfolgsverwöhnte Linke hüten, XR
       daran zu messen. Denn diese Bewegung hat jetzt schon mehr geschafft als
       viele andere vor ihr. XR ermutigt sehr viele Leute, die private Komfortzone
       zu verlassen und sich zu engagieren. Das wiederum bringt viele andere
       Menschen zum Nachdenken. Das alles reicht zwar noch nicht – aber es ist ein
       Anfang.
       
       12 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/jutta_ditfurth/status/1180904831566921729
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
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