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       # taz.de -- Verdrängung in Berlin-Kreuzberg: Lause akut bedroht
       
       > Jetzt also doch: Taekker will das Projekt Lause bis Jahresende verkaufen.
       > Doch die Hausgemeinschaft kann auf Unterstützung aus Dänemark zählen.
       
   IMG Bild: Protestprofis: Mieter:innen und Freund:innen der Lause
       
       Berlin taz | „Hvor kommer pengene fra?“, beginnt der Text der dänischen
       Künstlerin Nanna Hansen, den sie am Wochenende auf Facebook veröffentlicht
       hat. „Woher kommt das Geld?“, heißt das übersetzt. Und dass Hansen in ihrem
       Text die Kunstszene aufruft, sich über diese Frage Gedanken zu machen,
       kommt nicht von ungefähr: Die Videokünstlerin war den September über zu
       Gast in der Lause, der Hausgemeinschaft in der Lausitzer Straße 10 und 11
       in Kreuzberg, in der NGOs, Kreativgewerbe, Künstler, politische
       Initiativen und weitere Gruppen ihren Platz haben – und die jetzt erneut
       akut durch die Profitmaximierungsabsichten des dänischen Eigentümers Jørn
       Taekker bedroht ist.
       
       20 Millionen hätte Taekker gern für das Ensemble aus zwei nebeneinander
       liegenden Gebäuden, das er [1][2006 für 2,3 Millionen] von der Stadt
       erwarb. Vor fast drei Jahren erfuhren die Lause-Nutzer:innen von seinen
       Verkaufsabsichten. Dagegen machten sie, [2][gut vernetzt und politisch
       kreativ,] mobil. Mit Erfolg: [3][Eine Zeit lang] sah es so aus, als rücke
       der Immobilienkonzern von seinen Plänen ab. Taekker, der sich [4][in
       Dänemark als Kunstförderer] hervortut, fürchtet nicht zuletzt den
       Imageschaden durch den Fall Lause.
       
       Doch mit der Verschnaufpause ist es jetzt vorbei: „Wir haben jetzt
       erfahren, dass Taekker die Lause offenbar noch bis Ende des Jahres
       verkaufen will“, sagt Jan Ole Arps vom Verein Lause Lebt der taz. Der Grund
       für die plötzliche Eile des dänischen Investors, der auf taz-Anfrage nicht
       erreichbar war, liegt vermutlich in einer gesetzlichen Neuregelung: Ab 2020
       sollen sogenannte Share Deals, Verkaufskonstruktionen zur Steuervermeidung
       im Immobilienhandel, höher besteuert werden. Die meisten seiner Berliner
       Immobilien hat Taekker bereits in den letzten beiden Jahren [5][mit großen
       Gewinnen abgestoßen], fast alle davon per Share Deal.
       
       Florian Schmidt, grüner Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, bestätigt
       diese Vermutung: Auch er weiß von den akuten Verkaufsplänen Taekkers.
       Schmidt will, dass die Lause erhalten bleibt, und hält die Konzepte, die
       die Lause-Nutzer:innen erarbeitet haben, um das Haus langfristig zu
       sichern, auch für tragfähig. Die Idee: Das Land soll die Liegenschaft
       erwerben, Grund und Boden bleiben im öffentlichen Besitz, die Häuser gehen
       per Erbpacht an eine Genossenschaft, um von dieser unter Beteiligung der
       Nutzer:innen verwaltet zu werden. Eine Mischung aus Eigenanteil, Darlehen
       und öffentlicher Förderung würde den Kauf des Gebäudes ermöglichen und so
       die Lause langfristig sichern.
       
       Die Sache habe aber zwei Haken, sagt Schmidt: „Erstens muss Taekker von
       seinen [6][Vorstellungen maximal möglicher Gewinne] abrücken, und zweitens
       muss die Senatsverwaltung für Wirtschaft mitziehen.“ Denn ohne Förderung
       des Landes ist die Kaufsumme für die Lause nicht zu bewältigen. Doch die
       kreativen Lösungen für die Lause-Rettung passen offenbar nicht ganz zu den
       starren Regeln öffentlicher Wirtschaftsförderung: „Schon die Tatsache, dass
       es bei uns eine Mischform aus Wohnen und Gewerbe gibt, ist für die
       Förderrichtlinien der Senatsverwaltung ein Problem“, sagt Jan Ole Arps.
       
       Schmidt wünscht sich hier ebenfalls mehr Flexibilität: „Es ist allerhöchste
       Eisenbahn, dass sich da etwas bewegt“, sagt er. Um die typische Berliner
       Mischung aus Wohnen und Arbeiten zu erhalten und gewachsene
       Gewerbestrukturen vor [7][Verdrängung zu schützen], müsse Berlin Wege
       [8][jenseits der klassischen Wirtschaftsförderung] für Investoren
       einschlagen, dafür sei die Lause ein Paradebeispiel.
       
       Auch mit der Förderung des Senats seien die 20 Millionen, die Taekker für
       die ehemalige Glasfabrik gern hätte, allerdings nicht zu machen, auch darin
       sind sich Schmidt und Arps einig. „10 Millionen sind die absolute
       Schmerzgrenze, ein darüber liegender Verkaufspreis wäre mit leistbaren
       Mieten nicht mehr zu refinanzieren“, sagt Arps.
       
       Die Situation habe bei vielen Mieter:innen der Lause Existenzängste
       ausgelöst. Falls Taekker daran festhalte, das Gebäude an der
       Lause-Gemeinschaft vorbei zum Maximalpreis zu verkaufen, gebe es bereits
       Aktionspläne in der Schublade. „Es gibt im Haus viele Leute, die wegen der
       Verdrängungsgefahr sehr aufgebracht sind, ungeduldig werden und heftigere
       Protestaktionen fordern“, sagt Arps. Die Solidarität aus der Nachbarschaft
       sei außerdem ungebrochen groß.
       
       Für Taekker könnte diese Situation erneut zu einem ernsthaften Problem
       werden: Das Interesse dänischer Medien und der dänischen Kunstszene am Fall
       Lause sei nach wie vor sehr hoch. „Wir bekommen gerade wieder viele
       Anfragen zur aktuellen Entwicklung“, sagt Arps. „Da würden wir natürlich
       auch lieber einen positiven Ausgang der Geschichte zurückmelden können
       statt etwas, das Taekker in einem schlechten Licht dastehen lässt.“
       
       13 Oct 2019
       
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