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       # taz.de -- Kommentar Urteil zur Mall of Berlin: Sklaverei im Herzen Berlins
       
       > Keine Gerechtigkeit für die um ihren Lohn geprellten Bauarbeiter: Das
       > Recht ist auf Seiten der Privilegierten, moralisch versagt hat der
       > Investor.
       
   IMG Bild: Ort der Ausbeutung
       
       Man wird sich diesen Fall merken müssen und auf ihn verweisen, wenn das
       nächste Mal jemand behauptet, dass es keine Sklaverei mehr gibt, nicht
       hierzulande, nicht im Herzen der deutschen Hauptstadt. Doch, wird man dann
       sagen müssen und auf die Bauarbeiter des Shoppingtempels [1][Mall of
       Berlin] verweisen. Vor allem rumänische Arbeiter haben auf der Baustelle
       des Milliardenprojektes geschuftet, und viele wurden, wie das so ist bei
       Sklaverei, nie dafür bezahlt.
       
       Mit ihrer Klage auf Zahlung der vorenthaltenen Löhne sind zwei der etwa 30
       Betroffenen am Mittwoch vor dem Bundesarbeitsgericht [2][endgültig
       gescheitert]. Fünf Jahre haben sie sich durch die Instanzen geklagt, um
       sich nun höchstrichterlich eine Abfuhr einzuholen. Das Recht, das lernen
       wir daraus, ist nicht aufseiten der Ausgebeuteten, das Recht privilegiert
       die Profiteure des kapitalistischen Systems. Marxisten nennen das
       Klassenjustiz.
       
       Ovidiu Mindrila und Niculae Hurmuz gehören nicht zu den Profiteuren. Sie
       hatten gegen den Bauherren der Mall geklagt, nachdem die Subunternehmen,
       von denen sie angeheuert wurden, und der Generalunternehmer, der diese
       einsetzte, pleitegegangen oder verschwunden waren. Es ist ein logisches
       Prinzip: Wenn bei den direkt Verantwortlichen nichts mehr zu holen ist,
       geht man eine Stufe weiter. Wenn auch da nichts geht, muss der oberste Chef
       haften: die HGHI Leipziger Platz GmbH und Co. KG des Investors Harald Huth.
       
       Doch statt Gerechtigkeit bekamen die Bauarbeiter juristische Feinheiten zu
       hören. Das zur Anwendung kommende Arbeitnehmer-Entsendegesetz formuliert
       zwar, dass ein „Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der
       Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt“, für die
       entstehenden Verpflichtungen haftet, aber die Kette der Verantwortlichkeit
       endet für das Gericht beim Generalunternehmer. Dieser könne noch
       einschätzen, ob beauftragte Subfirmen seriös sind; der fachfremde oberste
       Investor aber nicht. Wenn das rechtlich so ist, ist das Gesetz
       umzuformulieren.
       
       ## Lieber einen Anwalt als Löhne bezahlt
       
       Moralisch dagegen gibt es keinen Zweifel. Eine Milliarde Euro hat die – man
       sollte sich diesen Namen merken: Mall of Shame – gekostet, die etwa 50.000
       Euro für alle geprellten Arbeiter waren nicht drin. Die hätte der Investor
       Huth aus dem – Sie ahnen es – Hut zaubern können. Stattdessen bezahlte er
       lieber einen Anwalt, um die Ansprüche der beiden Klagenden abzuwehren. Ja,
       das ist eine Schande. Für den Investor, aber auch für dieses Land, das von
       Billigarbeitern die Drecksarbeit machen lässt und sie dann ihrer Rechte
       beraubt.
       
       Dass es überhaupt zu dieser Klage kam, ist der Basisgewerkschaft [3][FAU]
       zu verdanken, die sich mit dem System nicht abfinden wollte und die beiden
       Arbeiter ermutigt hat. Die meisten ehemaligen Bauarbeiter sind dagegen
       längst resigniert weitergezogen. Gerechtigkeit gibt es für sie nicht, und
       tun kann man wohl auch nichts mehr. Außer gut überlegen, wo man künftig
       einkauft.
       
       16 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mall-of-Berlin/!t5221260/
   DIR [2] /Mall-of-Berlin-vor-Bundesarbeitsgericht/!5629531/
   DIR [3] https://berlin.fau.org/kaempfe/mall-of-shame
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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