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       # taz.de -- Kitabetreuung im Ländervergleich: Tausende ErzieherInnen fehlen
       
       > Damit Kinder in Kita und Krippe optimal betreut werden, fehlen laut
       > Bertelsmann-Stiftung 100.000 ErzieherInnen – im Osten mehr als im Westen.
       
   IMG Bild: Eine Erzieherin für acht Kinder – gut, aber nicht gut genug
       
       Berlin taz | Um Kinder im Vorschulalter angemessen zu betreuen, fehlen in
       Kinderkrippen und -gärten derzeit über 100.000 ErzieherInnen. Das
       konstatiert die Bertelsmann-Stiftung, die basierend auf den Daten der
       statistischen Landesämter alljährlich einen bundesweiten Überblick über die
       Situation im frühkindlichen Bildungsbereich gibt.
       
       Dem am Donnerstag publizierten [1][Monitor] zufolge hat sich die
       Betreuungsrelation zwar seit 2013 verbessert. Kümmerte sich eine
       Vollzeitkraft in der Kita vor fünf Jahren noch um 9,6 Kinder, sind es heute
       im Schnitt 8,9. Im Krippenbereich, bei den unter Dreijährigen, hat sich die
       Relation ebenfalls leicht verbessert. Hier kümmert sich eine ErzieherIn
       rechnerisch um 4,2 Kinder, vor fünf Jahren waren es noch 4,6.
       
       Für angemessen hält die Stiftung jedoch einen Betreuungsschlüssel von 1 zu
       7 bei den Kitakindern und 1 zu 3 bei den unter Dreijährigen. Diesen
       Schlüssel erfüllt laut Monitor nur Baden-Württemberg.
       
       Seitdem die Bundesregierung 2013 den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab
       dem 1. Geburtstag einführte und den Ausbau der Kitas förderte, stieg die
       Nachfrage nach Kitaplätzen rasant. So besuchen heute über 1 Million mehr
       Kinder als vor zehn Jahren eine Kita, in den Krippen hat sich die Zahl der
       Kinder im gleichen Zeitraum verdoppelt.
       
       ## Mehr Personal oder sinkende Beiträge
       
       Mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ unterstützt der Bund die Länder in den nächsten
       drei Jahren zudem mit 5,5 Milliarden Euro, damit auch die Qualität stimmt.
       Den Ländern ist allerdings selbst überlassen, wie sie das Geld einsetzen.
       Viele, etwa Thüringen oder Bayern, wollen ihren Zuschuss einsetzen, um die
       Elternbeiträge zu senken oder ganz abzuschaffen. Andere, etwa Hessen,
       wollen vor allem zusätzliche Fachkräfte einstellen. Nötig wären laut
       Rechnung der Bertelsmann-Stiftung rund 5 Milliarden Euro pro Jahr
       zusätzlich, um allein die nötigen Fachkräfte zu bezahlen, damit die
       Betreuungsquote auf das optimale Maß sinkt.
       
       Wie der Bildungsmonitor auch zeigt, gibt es weiterhin gewaltige
       Unterschiede zwischen den Bundesländern. Generell ist die
       Betreuungsrelation im Westen deutlich besser als im Osten.
       
       ## Fast doppelt so viele Kinder pro Erzieherin
       
       So muss sich rein rechnerisch in Baden-Württemberg eine PädagogIn auf einer
       Vollzeitstelle um sieben Kitakinder kümmern. In Mecklenburg-Vorpommern
       kommen auf eine VollzeiterzieherIn fast doppelt so viele, nämlich
       durchschnittlich 13,2 Kinder. Vor fünf Jahren kamen in dem nordöstlichen
       Bundesland allerdings noch 14,9 Kinder auf eine ErzieherIn, im Südwesten
       waren es 8.
       
       Eine Ursache für die großen Differenzen zwischen Ost und West sieht Anette
       Stein von der Bertelsmann-Stiftung auch in den unterschiedlichen
       Traditionen. So seien im Osten die Kinder schon viel länger und früher in
       Tageseinrichtungen betreut worden.
       
       Zum Beispiel werden in Nordrhein-Westfalen mehr als ein Fünftel der
       Einjährigen in einer Kita betreut, in Sachsen-Anhalt oder
       Mecklenburg-Vorpommern sind es mehr als drei Viertel. Trotz des hohen
       Niveaus ist aber auch im Osten die Nachfrage nach Kitaplätzen seit 2013
       kräftig gestiegen.
       
       ## Personalmangel im Osten größer
       
       Dieser Anstieg in Kombination mit den traditionell schlechteren
       Personalschlüsseln führt dazu, dass der Personalmangel im Osten größer ist
       als im Westen. Legt man eine optimale Betreuungsrelation zugrunde, fehlen
       in den östlichen Bundesländern über 60.000 ErzieherInnen, in den westlichen
       mehr als 40.000.
       
       Die BildungsministerInnen von Berlin und Thüringen kritisieren die Studie
       in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Daten seien teilweise überholt
       und berücksichtigten Besonderheiten in den Ländern zu wenig. Berlin habe
       den Personalschlüssel verbessert und gleichzeitig Gebührenfreiheit
       eingeführt, so Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Der
       Thüringer Bildungsminister Helmut Holter (Linke) meint, die Ganztagsquote
       in Thüringen betrage 91,8 Prozent, es gebe ein klares Fachkräftegebot. „Da
       können viele westdeutsche Bundesländer nicht mithalten.“
       
       Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert Bund, Länder und
       Kommunen auf, sich deutlich mehr anzustrengen, um zusätzliche Fachkräfte
       für die Kitas zu gewinnen. Dazu gehörten neben einer guten Bezahlung auch
       gute Arbeitsbedingungen. Klar sei dabei auch: das gehe nicht zum Nulltarif.
       
       26 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.laendermonitor.de/de/report-profile-der-bundeslaender/uebersicht/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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