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       # taz.de -- Foto soll Lübcke-Tatverdächtigen zeigen: Stephan Ernst bei Chemnitz-Aufzug?
       
       > Laut Behörden war der Tatverdächtige für den Lübcke-Mord ab 2009 nicht
       > mehr auffällig. Nun soll ihn ein Foto bei einem Aufmarsch in Chemnitz
       > zeigen.
       
   IMG Bild: 1. September 2018: Die AfD zog mit Rechten durch Chemnitz. Auch mit dem Lübcke-Tatverdächtigen?
       
       BERLIN taz | Es ist ein stetes Mantra der Sicherheitsbehörden im Fall
       Lübcke: Der Mord sei nicht zu verhindern gewesen, da der Tatverdächtige
       Stephan Ernst seit 2009 politisch nicht mehr auffällig gewesen sei und
       deshalb vom Radar der Behörden verschwand. Nun gibt es neue Zweifel an
       dieser Beteuerung: Denn ein Foto soll Ernst noch im September 2018 bei
       einem AfD-Aufmarsch in Chemnitz zeigen.
       
       Die Rechercheplattform Exif veröffentlichte am Donnerstag ein Foto, das
       Ernst auf dem Aufzug vom 1. September 2018 zeigen soll. Damals zogen
       [1][mehrere tausend Rechte durch die sächsische Stadt], nachdem dort ein
       35-Jähriger mutmaßlich durch zwei Geflüchtete erstochen wurde. Den Zug
       führten AfD-Spitzenfunktionäre an, darunter Björn Höcke. Auch
       Pegida-Vertreter waren dabei.
       
       Tatsächlich gibt es bei dem nun veröffentlichten Foto eine starke
       Ähnlichkeit des Abgebildeten mit bekannten Aufnahmen von Ernst. Mit auf der
       Ablichtung zu sehen sein soll auch der Mitbeschuldigte beim Lübcke-Mord,
       Markus H., ebenfalls aus Kassel. H. soll Ernst die Tatwaffe vermittelt
       haben, ihn mit Schießübungen im Tatplan „bestärkt“ haben. Die
       Bundesanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Mord vor.
       
       Beide Männer besuchten zudem die Bürgerversammlung 2015 in
       Kassel-Lohfelden, auf der Lübcke offensiv für die Aufnahme von Geflüchteten
       warb und deren Gegnern sagte, sie könnten ja auch das Land verlassen. Es
       war laut dem ursprünglichen Geständnis von Ernst der Ausgangspunkt seines
       „Hasses“ auf den CDU-Regierungspräsidenten von Kassel. Lübcke wurde
       schließlich am 1. Juni 2019 vor seinem Haus mit einem Kopfschuss getötet.
       
       ## Besuche auf Rechten-Demos noch in jüngerer Zeit
       
       Stephan Ernst fiel ab Anfang der neunziger Jahre als notorisch
       gewalttätiger Rechtsextremist in Kassel auf, bewegte sich dort fest in der
       Szene und besuchte damals auch überregional Aufmärsche. Offenbar war er
       auch in jüngster Zeit wieder politisch aktiv.
       
       Aktuell ermittelt die Bundesanwaltschaft, ob Ernst auch für eine
       Messerattacke auf einen Iraker im Januar 2016 verantwortlich ist. Der
       Bundesgerichtshof hatte zudem in einem aktuellen Beschluss festgehalten,
       dass Ernst und Markus H. auch nach der Bürgerversammlung 2015 [2][rechte
       Demonstrationen besucht hatten].
       
       Zu dem aktuell aufgetauchten Foto sagte ein Sprecher des sächsischen
       Verfassungsschutz, es sei nicht auszuschließen, dass Ernst auf dem Aufzug
       in Chemnitz gewesen sei. Eine Nähe zur AfD hatte der 45-Jährige jedenfalls
       schon 2016 bewiesen: Damals überwies er [3][150 Euro an die
       Rechtsaußen-Partei als „Wahlkampfspende“]. Betreff: „Gott segne euch“.
       
       Die Nachricht über die mögliche Demoteilnahme von Ernst in Chemnitz nannte
       der hessische Linken-Innenexperte Herrmann Schaus „vielsagend“, auch für
       die AfD: „Somit marschierte Höcke Hand in Hand mit Pegida, Identitärer
       Bewegung und zukünftigen Mördern.“
       
       26 Sep 2019
       
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