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       # taz.de -- Leistungsschutzrecht in der EU: Der längere Ast
       
       > Auch die französischen Verlage wollen, dass Google News keine Snippets
       > mehr anzeigt. Google kann gut ohne leben – die Zeitungen aber nicht.
       
   IMG Bild: Marktmacht schlägt Lizenzgebühren
       
       Berlin taz | Google will wegen des Leistungsschutzrechts in Frankreich
       keine Ausschnitte aus Zeitungsartikeln mehr abbilden. Der
       Suchmaschinen-Konzern gab am Mittwochabend per Blogeintrag bekannt, dass er
       keine „Snippets“ mehr mit Textauszug und Bild erzeugen wird, wenn
       Frankreich das [1][Leistungsschutzrecht] umsetzt, das per EU-Recht
       vorgeschrieben ist. Schon seit Jahren versuchen Verlage, über das
       Leistungsschutzrecht Lizenzgebühren von Suchmaschinen zu erhalten. Gerade
       Google weigert sich aber, diese zu zahlen.
       
       Wer in diesen Tagen, sagen wir mal, „Greta Thunberg“ in eine Suchmaschine
       eingibt findet jede Menge Links zu tagesaktuellen Zeitungsartikeln – mit
       kurzen Auszügen aus den Texten. Das ist so bei Bing, bei Ecosia und
       natürlich auch bei Google. Dort stehen dann zwei, meistens eher anderthalb
       Sätze aus der jeweiligen Zeitung unter den Suchergebnissen, genannt
       „Snippets“.
       
       Die europäischen Verlage, im Wesentlichen der deutsche Zeitungsverband
       BDZV, finden: Diese anderthalb Zeilen sind unser geistiges Eigentum,
       qualifizierte Journalist*innen haben daran gearbeitet. Wir wollen, dass die
       Suchmaschinen – sagen wir's einfach: Google – dafür bezahlen.
       
       Deswegen haben die Verlage jahrelang dafür lobbyiert, dass Suchmaschinen
       per Gesetz zu solchen Zahlungen verpflichtet werden. Genannt wird dieses
       Gesetz Leistungsschutzrecht. Der Internet-Volksmund macht es sich leichter
       und nennt das ganze „Linksteuer“.
       
       ## Google mag nicht verhandeln
       
       [2][Mit dem reformierten EU-Urheberrecht] von diesem Jahr ist ein
       Leistungsschutzrecht qua EU-Richtlinie vorgeschrieben. Allerdings noch
       nicht umgesetzt. Damit hat nun Frankreich als erstes EU-Mitgliedsland
       begonnen.
       
       Streng genommen sollten sich Intermediäre und Suchmaschinen wie Google
       daher jetzt in Frankreich mit den Verlagshäusern zusammensetzen und
       verhandeln: Über Lizenzgebühren für Textausschnitte. Stattdessen wird
       Google in Frankreich nun keine „Snippets“ mehr zeigen, sondern nur noch den
       Link zum jeweiligen Artikel. Das gilt für die gesamte Suchmaschine, nicht
       nur für die Rubrik „News“. Ähnlich hat es [3][Google 2014 in Spanien]
       gemacht, als dort eine ähnliche Abgabenpflicht eingeführt wurde.
       
       Google selbst argumentiert mit Gleichbehandlung und Vertrauen. „Wir
       verkaufen Anzeigen und keine Suchergebnisse – und jede Anzeige bei Google
       ist klar gekennzeichnet“, schreibt Google-Manager Richard Gingras am
       Mittwoch in einem Blogpost. „Deshalb zahlen wir nicht an Verleger, wenn
       Leute auf deren Links in Suchergebnissen klicken.“ Die bestechende Google:
       Logik: Niemand kauft sich in unsere Suchergebnisse ein.
       
       Die Verlage bekommen aber die Möglichkeit, von sich aus festlegen zu
       können, ob sie auch Fotos und Textauszüge in der Websuche angezeigt haben
       wollen. Der französische Kulturminister Franck Riester nannte Googles
       Reaktion am Mittwoch „nicht hinnehmbar“ und kündigte Beratungen mit seinen
       europäischen Amtskollegen an.
       
       ## Verlage können selbst für Snippets sorgen
       
       Die Verlage bekommen die Möglichkeit, von sich aus festlegen zu können, ob
       sie auch Fotos und Textauszüge in der Websuche angezeigt haben wollen. Da
       die „Snippet“-Vorschauen auf den Suchergebnisseiten in der Regel für
       deutlich höhere Zugriffszahlen bei den verlinkten Seiten führen, gehen
       Experten davon aus, dass etliche Verlage den entsprechenden Programmcode in
       ihre News-Seiten einbauen, auch wenn kein direkter Geldfluss von Google
       damit verbunden sein wird.
       
       Der BDZV kritisierte: „Der Konzern nötigt mit seiner Marktmacht die Verlage
       in Frankreich, Gratis-Lizenzen zu erteilen.“ Dieser Fall müsse sowohl in
       der anstehenden Debatte zur Novelle des Gesetzes gegen
       Wettbewerbsbeschränkungen „als auch bei der Umsetzung der
       EU-Copyright-Reform in deutsches Recht umfassend berücksichtigt werden“.
       
       Erst vor wenigen Wochen war das deutsche Leistungsschutzrecht für
       Presseverlage, das noch vor der Urheberrechtsreform eingeführt wurde, wegen
       eines Formfehlers bei der Umsetzung vor Gericht gekippt worden.
       
       27 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Leistungsschutzrecht/!t5008157
   DIR [2] /EU-Urheberrechtsreform/!t5582466
   DIR [3] /Google-News-Abstellung-in-Spanien/!5026429
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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