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       # taz.de -- Zusammenbrüche bei Katar-Marathon: Augenhöhe statt Käuflichkeit, bitte
       
       > Kollabierende Läuferinnen – der Marathon in Doha hätte so nicht
       > stattfinden dürfen. Ihn Katar zu verweigern wäre nicht paternalistisch,
       > sondern progressiv.
       
   IMG Bild: Laufen bei über 30 Grad ist Quatsch
       
       Am Samstag beim Marathon in Doha ist eine Grenze überschritten worden: die
       der willentlichen Gesundheitsgefährdung nämlich. Von 68 Starterinnen
       mussten 28 aufgeben, einige kollabierten, viele klagten nach dem Rennen bei
       über 32 Grad und 73 Prozent Luftfeuchtigkeit über die beängstigenden
       Bedingungen. Der Lauf hätte nie stattfinden dürfen. Ein Glück, dass alle
       leben.
       
       Er hätte so nicht stattfinden müssen. Es gibt viele Staaten auf der Welt,
       die sich besser [1][als Austragungsort] eignen als Katar, quasi alle. Aber
       das Emirat bietet die höchsten Summen, 37 Millionen Dollar zusätzlich soll
       der Wüstenstaat für die Leichtathletik-WM gezahlt haben. Der Marathon von
       Doha symbolisiert die historisch gut belegte Käuflichkeit des Sports. Einen
       Sport, der bereit ist, das Leben seiner Athletinnen zu riskieren, wenn
       einer genug zahlt.
       
       Die Athletinnen sind dabei nicht nur Opfer. Die 68 Frauen wurden nicht
       gezwungen teilzunehmen. Sie liefen, weil sie ihre Medaillen auch dem
       Risiko, der Selbstquälerei, der Unterdrückung gesunden Menschenverstands
       verdanken. Erst ein kollektiver Streik der SportlerInnen könnte solche
       Vergaben verhindern. Wenn es stimmt, dass Kameraleute daran gehindert
       wurden, die kollabierenden Athletinnen zu fotografieren, war das außerdem
       ein bedenklicher Eingriff in die Pressefreiheit.
       
       Es darf keinen Marathon in Katar geben. Das hat nichts mit europäischer
       Arroganz zu tun, es ist keine westliche Überheblichkeit gegen
       Wetterbedingungen, an die andere gewohnt sind. Solche Argumente sind naiv.
       Denn nicht nur weiße Läuferinnen, Frauen von Bahrain bis Namibia litten und
       klagten. [2][Katar keinen Marathon zuzusprechen] wäre nicht
       paternalistisch, sondern fortschrittlich.
       
       Zum Verständnis einer gleichberechtigten Staatengemeinschaft gehört ganz
       zentral, dass Staaten gleichberechtigt, aber nicht gleich sind. Es ist
       sinnlos, eine Winter-Olympiade an den Kongo zu vergeben. Oder einen
       Marathon nach Katar. Erst wer die unterschiedlichen Bedingungen anerkennt
       und berücksichtigt, handelt wirklich auf Augenhöhe. Und vor allem: wer sich
       nicht kaufen lässt.
       
       29 Sep 2019
       
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