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       # taz.de -- Ausstellung zu Fast Fashion: Flüsse in toxischem Pink
       
       > Die Wanderausstellung „Fast Fashion“ im Berliner Museum Europäischer
       > Kulturen zeigt nichts, was man nicht schon ahnt. Interessant ist sie
       > trotzdem.
       
   IMG Bild: Installation aus der Ausstellung
       
       Berlin taz | Eigentlich gibt es wenig wirklich Neues in der Ausstellung
       „Fast Fashion“ zu erfahren. Über die Schattenseiten der [1][Mode], schon
       gar der schnell und billig produzierten, wird seit Jahren berichtet.
       Eigentlich müssten Konsument*innen es längst wissen. Die
       Bekleidungsindustrie ist die zweitgrößte Umweltsünderin und eine unfaire
       dazu, denn an den Folgen leiden vor allem diejenigen, die sich selbst das
       günstige Shirt von der Stange nicht leisten können.
       
       Große Auswirkungen auf das Konsumverhalten brachten die Diskussionen
       bislang nicht, aber möglicherweise kommt die Branche gerade selbst in
       Bewegung: Bei der Modewoche in Paris hatte der Luxuskonzern Kering, zu dem
       unter anderem die Labels Gucci und Balenciaga gehören, verkündigt, in der
       gesamten Lieferkette klimaneutral zu werden – hauptsächlich natürlich über
       Kompensationen. Es ist ein erster Schritt, der Weg jedoch noch weit und das
       Klima bei weitem nicht das Einzige, was unter der Mode leidet.
       
       Brisanz hat die Wanderausstellung „Fast Fashion“, die 2015 im Hamburger
       Museum für Kunst und Gewerbe startete, damals als Reaktion auf den Einsturz
       des Rana Plaza, und die nun im Berliner Museum Europäischer Kulturen zu
       sehen ist, also auch vier Jahre später nicht eingebüßt. Erst recht nicht in
       Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der Produktion. Neue Orte sind noch
       hinzugekommen. Äthiopien ist die jüngste Station der Modekarawane. Noch
       günstiger als in Süd- und Südostasien lässt es sich dort offenbar
       produzieren.
       
       So wie es vor allem die unglaubliche Masse ist, welche die Herstellung von
       Mode so fatal macht – man muss es sich einmal vorstellen: [2][60
       Kleidungsstücke kauft jede*r Deutsche pro Jahr], mehr als ein Stück pro
       Woche! – ist es auch beim Durchwandern der drei ersten Räume der
       Ausstellung die Fülle der Themen und die plastische Darstellung von Zahlen
       und Fakten, weswegen sich der Besuch selbst für informierte Konsument*innen
       lohnt.
       
       ## „Made in Europe“ ist nicht fairer
       
       Da sind etwa die Bilder des durch die Baumwollherstellung fast
       ausgetrockneten Uralsees oder die des philippinischen Flusses Tullahan, den
       die Abwässer der Textilfärbereien mit Schaumkronen in toxischem Pink
       überzogen haben. Ebenso erschreckend sind die Fotografien und Videos, die
       die Folgen unserer Altkleiderproduktion zeigen, vor allem im indischen
       Panipat, wohin mehr als 100.000 Tonnen aussortierte Kleidung jedes Jahr
       transportiert werden, und natürlich diejenigen zu den weltweiten
       Produktionsbedingungen. „Made in Europe“, erfährt man da unter anderem,
       machen diese keineswegs fairer: Für Näherinnen aus postsozialistischen
       Ländern sei die Lücke zwischen Lohn und Lebenshaltungskosten sogar
       besonders groß.
       
       Die Schau will aufklären, aber auch ermutigen. Beispielhaft werden zum
       Abschluss fünf Pionier*innen der Slow-Fashion-Bewegung vorstellt, samt
       Anleitungen zum Nachmachen. Richtig und wichtig ist dieser Teil der
       Ausstellung, weil darauf verzichtet wurde, einfach ein paar nachhaltige
       Labels vorzustellen, sondern auch auf die wirksamste Maßnahme hingewiesen
       wurde: weniger zu konsumieren nämlich, ohne dabei die Lust an Mode zu
       verlieren.
       
       3 Oct 2019
       
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       ## AUTOREN
       
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