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       # taz.de -- Wandel in der Bundesliga: Gefürchtete Gäste
       
       > Acht Auswärtssiege an einem Fußball-Bundesligaspieltag gab es noch nie.
       > Dass der Mythos vom Heimvorteil am Bröckeln ist, hat einen Grund.
       
   IMG Bild: Heimschwach: Kingsley Schindler vom 1. FC Köln mag es nicht fassen, dass nichts gelingt
       
       Mit einem 4:0-Kantersieg beim 1. FC Köln schloss Hertha BSC Berlin einen
       ganz besonderen Spieltag am Sonntagabend ab. [1][Das gab es noch nie] in
       der Fußball-Bundesligageschichte. Achtmal gewannen die Gästeteams, Werder
       Bremen musste sich als einziges Auswärtsteam mit einem Unentschieden in
       Dortmund begnügen. Ist das ein irrer statistischer Ausreißer oder zeichnet
       sich da das Ende der Heimspielvorteilforschung ab?
       
       In den vergangenen Jahren haben sich nämlich einige mit großem Eifer
       Gedanken um diese okkulten Kräfte auf dem Rasen Gedanken gemacht.
       Schließlich ergab die Auswertung abertausender Spiele im Profi und
       Amateurbereich grob gesprochen folgende Verteilung: Fünfzig Prozent der
       Partien entschieden die Gastgeber für sich, mit einem Remis oder
       Auswärtssieg endeten jeweils 25 Prozent der Spiele. Wie kann das sein bei
       einem Wettbewerb, der alle den gleichen Regeln unterwirft?
       
       Längst etabliert sind allerorten die Rufe in der Gästekurve: „Auswärtssieg,
       Auswärtssieg“. Ausdruck einer Sehnsucht nach dem ganz Besonderen.
       „Heimsieg, Heimsieg“-Chöre hat wohl noch kaum einer gehört.
       
       Wissenschaftlich betrachtet etwas unkonkret haben einige der
       Heimspielvorteilforscher die Psyche ins Feld geführt, welche die heimischen
       Spieler begünstige, weil sie etwa durch die lautstarke Unterstützung des
       Publikums getragen würden. [2][Eine Datenanaylse] für die Zeitspanne 2000
       bis 2015 zeigt allerdings, dass der VfL Wolfsburg besonders viele seiner
       Punkte zu Hause holte und in der Heimtabelle für den Zeitraum auf dem
       dritten Platz steht. Damit war klar: Leise und vereinzelte Unterstützung
       scheint genauso zu helfen.
       
       ## Mehr Testosteron zu Hause
       
       Andere Heimspielvorteilforscher sind gründlicher vorgegangen, haben
       Speicheltests vorgenommen und festgestellt, Profis mit Heimrecht hatten
       höhere Testosteronwerte, insbesondere die Torhüter und Stürmer.
       Geschlussfolgert wurde aus den Ergebnissen wiederum eher mit
       steinzeitlichen Gedankengängen. Entscheidend für die erhöhten
       Testosteronwerte, hieß es, sei eine Art Revierverhalten, die Verteidigung
       der eigenen Heimstätte.
       
       Am erklärungskräftigsten scheint dagegen die These, dass die Schiedsrichter
       die entscheidende Variable sind. Sie lassen sich von ihrer Umgebung bei der
       Entscheidungsfindung beeinflussen. Pfeifen und empören sich viele
       Zuschauer, steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines Schiedsrichterpfiffs.
       Die Professionalisierung des Schiedsrichterwesens – insbesondere zuletzt
       durch den Einsatz von Technologie wie den Videobeweis – hat allerdings zu
       einer größeren Objektivität bei den Entscheidungen geführt.
       
       Schon in der US-Footballliga NFL konnte man beobachten, ging der
       Heimvorteil um fast 30 Prozent zurück, als 1999 der Videobeweis eingeführt
       wurde. Ähnliches wird sich nun vermutlich auch in der Bundesliga zeigen.
       Freilich war dieser Spieltag ein statistischer Ausreißer, aber die Zählung
       aller bisherigen Partie in dieser Saison zeigt eine neue Tendenz an: 23 Mal
       waren die Gäste am Ende im Vorteil, nur 20 Mal die Gastgeber. Die
       Aussichten auf einen Heim wie auf einen Auswärtssieg stehen wohl bald eher
       bei 50:50. Vielleicht hört man sie bald doch, die „Heimsieg,
       Heimsieg“-Rufe.
       
       30 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sport1.de/fussball/bundesliga/2019/09/bundesliga-acht-auswaertssiege-in-neun-spielen-sind-neuer-rekord
   DIR [2] https://www.spiegel.de/sport/fussball/heimvorteil-die-historische-datenanalyse-der-bundesliga-a-1068911.html
       
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   DIR Johannes Kopp
       
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